Biochemischer Prozess

In Biogasanlagen werden üblicherweise zwei Produkte erzeugt: Biogas und Gärrest-Dünger. Wissenschaftler wollen nun auch organische Säuren nutzen, die als Zwischenprodukte anfallen. Die Säuren könnten als Grundlage für die Herstellung von Duft- und Aromastoffen dienen.

Forscher wollen Aroma aus Biomasse gewinnen


Biogasanlagen könnten in Zukunft mehr als nur Biogas und Dünger als Produkte abwerfen. Forscher der Universität Hohenheim arbeiten derzeit im Projekt ‚Optigär‘ daran, organische Säuren aus Biomasse zu gewinnen. So ließe sich etwa Buttersäure erzeugen. Buttersäure dient als Plattformchemikalie für fruchtige Duft- und Aromastoffe in der Lebensmittel-, Kosmetik- und Futtermittelindustrie.

Bislang muss Buttersäure in aufwändigen chemischen Verfahren hergestellt werden. Die Hohenheimer Forscher haben nun einen „vergleichsweise einfachen biochemischen Prozess“ im Sinn. Dabei soll die Säure und andere organische Säuren, die als Zwischenprodukt bei der Vergärung anfallen und nicht genutzt werden, mittels einer vorgeschalteten Stufe im Biogasprozess (Hydrolysestufe) gewonnen werden.

„Beim derzeitigen weitgehend unkontrolliertem Ablauf der Hydrolyse entstehen Säuren meist als Gemische“, erklärt Jörg Steinbrenner, Doktorand an der Universität Hohenheim und zuständig für das Projekt. „Durch Steuerung der Abläufe, Regelung von pH-Wert und Temperatur, Zugabe oder Förderung von Reinkulturen können mehr der erwünschten Stoffe gewonnen werden“. Die Abtrennung der wertbringenden Säuren erfolge über spezielle Membranen.

Vielversprechende Vorversuche

Bis dato sind die Forscher so weit, dass sie die Prozesse in der Anlage steuern und die Entstehung und Menge bestimmter organischer Säuren gezielt beeinflussen können. Aktuell wird im Labor eine Versuchsanlage aufgebaut. Das Fraunhofer ICT steuert dafür Trenntechnik mit Membranen bei. Die Firma Lipp liefert Reaktorbehälter und Gastanks.

„Die ersten Vorversuche verliefen vielversprechend. Wir halten praktikable Lösungen für möglich“, sagt Hans Oechsner von der Landesanstalt für Agrartechnik und Bioenergie der Universität Hohenheim. „Wir glauben, dass wir eine Säuregewinnung von zwei Prozent der Frischmasse des Biogassubstrats erreichen können. Bei 10 bis 20 Tonnen Frischmasse pro Tag könnten wir so täglich 200 bis 400 Kilogramm hochwertige Säuren herausfiltern.“

Den Versuchen soll begleitend eine Potenzialabschätzung durch das European Institute for Energy Research (EIFER) in Karlsruhe folgen. Dabei wird geklärt, ob sich die Säuregewinnung ökonomisch rechnet und wie die Ökobilanz ausfällt.

Das Forschungsprojekt hat im September 2015 begonnen und läuft noch bis Ende August 2018. Das Vorhaben lautet mit vollständigen Titel: „Entwicklung effizienter zweiphasiger Biogasanlagen über eine gekoppelte energetische und stoffliche Nutzung nach Abtrennung von Hydrolyseprodukten (Optigär); Teilvorhaben 2: Untersuchung der entkoppelten Hydrolyse zur gezielten Erzeugung von Plattformchemikalien und Methanvergärung“. Die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR) fördert ‚Optigär‘ mit knapp 300.000 Euro.

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