Verwertung von Bauabfällen

Vertreter der bayerischen Baubranche beklagen, dass die Verwertung von Bauabfällen und Bodenaushub immer schwieriger und teurer wird. Sie fordern ein Umsteuern in der Umweltpolitik. Andernfalls drohe eine Entsorgungskrise wie bei HBCD-haltigen Polystyrolabfällen.

„Gestörte Balance zwischen Bauen und Umweltschutz“


In Bayern fallen jährlich circa 32 Millionen Tonnen Bodenaushub und circa 10 Millionen Tonnen Bauschutt an. Knapp zwei Drittel der Gesamtmenge wird bislang in Gruben, Brüchen und Tagebauen verwertet. Allerdings nehmen laut bayerischer Baubranche die Stoffstromverschiebungen und Kosten für die Entsorgung immer mehr zu. Sie sieht dringenden Handlungsbedarf.

Am Freitag vergangener Woche haben der Landesverband Bayerischer Bauinnungen, der Bayerische Bauindustrieverband, der Bayerische Industrieverband Baustoffe, Steine und Erden und der Verband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau Bayern ein Positionspapier vorgelegt. Es trägt den Titel ‚Kreislaufwirtschaft am Bau stärken – Teure Entsorgung vermeiden!‘ Darin wird „eine gestörte Balance zwischen Bauen und Umweltschutz“ attestiert. Gleichzeitig werden Lösungen formuliert, um das Gleichgewicht wiederherzustellen.

Zusammengefasst fordern die vier Verbände, die Verfüllung und Verwertung von Bodenaushub und Bauschutt auszubauen. Außerdem plädieren sie für unbürokratische umweltrechtliche Auflagen und ein klares Bekenntnis zu RC-Baustoffen. Nicht zuletzt fordern sie mehr abfallrechtliche Verantwortung von Bauherren und Planern ein.

Mehr Deponieraum zulassen

„In Oberbayern beispielsweise gibt es mit Ausnahme einer Deponie in Traunstein keine aktiven Bauschuttdeponien mehr“, erklärte Thomas Schmid, Hauptgeschäftsführer des Bayerischen Bauindustrieverbands. Unternehmen seien gezwungen, Bauabfälle und Bodenaushub zum Teil über Hunderte von Kilometern zu noch aufnahmefähigen Deponien in Sachsen oder Thüringen zu transportieren.

In Richtung Bundes-, Landes- und Kommunalpolitik mahnte Schmid, neue Deponien für mineralische Abfälle anzuerkennen und hierfür die rechtlichen Rahmenbedingungen zu verbessern. Wenn nichts geschehe, würden der Mülltourismus weiter zunehmen und die Entsorgungskosten dramatisch steigen.

Ähnlich sieht das Markus Wahl, Mitglied des Vorstandes des Bayerischen Industrieverbands Baustoffe, Steine und Erden. Ihm zufolge müssen „die Verfüllungsmöglichkeiten für Böden und Bauschutt in Gruben und Brüchen aufrechterhalten, wenn möglich sogar erweitert werden“. Nur so ließen sich Deponieraum schonen und lange Transporte vermeiden.

Praxisnahe Lösungen gefordert

Darüber hinaus sind den Verbänden generell die steigende Bürokratie und Mehrkosten für die Entsorgung ein Dorn im Auge. „Der vom Gesetzgeber erzwungene Umgang mit Bauabfällen und Bodenaushub ist zu einem Baukostentreiber ersten Ranges geworden und ökologisch unsinnig“, sagte Wolfgang Schubert-Raab, Präsident der Bayerischen Baugewerbeverbände. Die Verwertung und der Wiedereinbau würden immer schwieriger und teurer.

Darüber hinaus habe der bürokratische Aufwand ein Ausmaß erreicht, das für die Bauwirtschaft nicht mehr akzeptabel sei. Schubert-Raab dürfte damit vor allem auf die novellierte „Verordnung über die Bewirtschaftung von gewerblichen Siedlungsabfällen und von bestimmten Bau- und Abbruchabfällen“ (Gewerbeabfallverordnung – GewAbfV) zielen, die am 1. August in Kraft tritt.

Darin wird festgelegt, dass Bauschutt in bis zu 10 Fraktionen getrennt werden muss – und das auf allen Baustellen mit Bau- und Abbruchmaßnahmen, bei denen das Volumen der insgesamt anfallenden Abfälle 10 Kubikmeter überschreitet. Nach Angaben der Verbände betrifft das in Bayern mehrere 10.000 Baustellen im Jahr. Zudem müssen die Erfüllung dieser Pflichten und die Ausnahme von den Pflichten dokumentiert werden.

Wolfgang Endlich, Präsidiumsmitglied des Verbands Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau Bayern, forderte, die Untersuchungs- beziehungsweise Beprobungspflichten für Böden zu vereinfachen und eine praxisgerechte Kleinmengenregelungen. Bei kleineren Baumaßnahmen im Garten- und Landschaftsbau machten die Kosten für Aushub, Beprobung, Zwischenlagerung und Entsorgung von Böden inzwischen bis zu 20 Prozent der Baukosten aus.

Entwurf zu Mantelverordnung „nicht geeignet“

Ihre Forderungen für praxisnahe Lösungen bekräftigten die Vertreter der vier Verbände auch hinsichtlich der Mantelverordnung. Der aktuelle Regierungsentwurf ist ihrer Meinung für die Baupraxis „nicht geeignet“. Die Verbände befürchten, dass es ohne erhebliche Korrekturen zu ähnlich dramatischen Folgen für die Kreislaufwirtschaft Bau kommen wird wie im Herbst 2016 bei HBCD-haltigen Polystyrolabfällen.

„Die Mantelverordnung muss grundlegend nachgebessert werden, um Boden- und Grundwasserschutz sowie Abfallvermeidung und Ressourcenschonung gleichermaßen gerecht zu werden“. Insbesondere dürften die Regelungen der Mantelverordnung nicht zu einer Stoffstromverschiebung von mineralischen Ersatzbaustoffen als mineralischer Abfall und Böden in Richtung Deponie führen.

 

Mehr zum Thema
Landgericht München muss Lkw-Kartellprozess neu aufrollen
Fragen und Antworten zum PET-Markt in Europa
Institute senken Konjunkturprognose – Nur noch Miniwachstum
Die neue Abfall­­­verbringungsverordnung kann kommen
Nur ein Prozent der Bauabfälle in NRW gehen in den Hochbau
Verpackungsmüll: Warum bayerische Kommunen weiterhin auf das Bringsystem setzen
„Noch wenig Hinweise auf konjunkturelle Belebung“
Zu viel Bürokratie: „Das macht manche Firmen verrückt“
UN-Bericht: Die Welt produziert Jahr für Jahr mehr Elektroschrott
Regierung in Sachsen beschließt Förderung der Kreislaufwirtschaft
Videoüberwachung an Containern ist „schwieriges Thema“
Neue DK-0-Deponie in Nordrhein-Westfalen