Internationaler Markt

Nach Chinas De facto-Importstopp für Kunststoffabfälle zeichnet sich langsam ab, wer die neuen Abnehmerländer für Lieferungen aus der EU und den USA sind. Unterdessen droht China mit weiteren Restriktionen. Die Regierung hat angekündigt, künftig auch keine Produktionsabfälle mehr ins Land zu lassen.

Globaler Altkunststoffmarkt sortiert sich neu


Der weltweite Altkunststoffmarkt hat ein Problem, seit der Weg nach China versperrt ist. Bis vor kurzem wurden rund 85 Prozent des Altkunststoffes aus der EU und den USA nach China verschifft – etwa 7 Millionen Tonnen jährlich. Schon vor Jahren hatte Surendra Patawari Borad, Vorsitzender des Altkunststoffausschusses im Weltrecyclingverband BIR vor der Abhängigkeit gewarnt: „Wenn Chinas Altkunststoffmarkt hustet, bekommen wir in Europa und den USA eine Erkältung“.

Mittlerweile spricht Borad im aktuellen Marktbericht des Verbands nicht mehr von einer Erkältung, sondern von einer Lungenentzündung, die die Branche erreicht hat. Aufgrund des Importstopps, den China auf verschiedene Abfallarten verhängt hat, muss der Markt Millionen von Tonnen umlenken. Neue Abnehmerländer sind seiner Meinung nach Thailand, Vietnam, Indonesien und Malaysia. Allerdings warnt Borad, dass auch dort bereits Gerüchte aufkommen, dass die Importregeln sich ändern werden.

China will bis Ende des Jahres auch Produktionsabfälle abweisen

Auch die Ankündigung Chinas, bis zum Jahresende auch Produktionsabfälle nicht mehr ins Land zu lassen, beunruhigt Borad. In China selbst wird das kommende Verbot von Produktionsabfällen als logische Weiterführung der derzeitigen Politik gesehen. Laut Steve Wong, Präsident des chinesischen Kunststoffrecyclingverbands, wurden in den ersten vier Monaten dieses Jahres lediglich noch etwa mehr als 52.000 Tonnen Altkunststoffe in das Land gelassen – mit vorheriger Zertifizierung.

Die chinesischen Recycler, denen nun Material fehlt, verlegen derweil einen Teil der Geschäfte in anderen Länder in Süd-Ost-Asien. „Bis jetzt wird geschätzt, dass die chinesischen Recycler dort rund 1,6 Milliarden Euro investiert haben“, so Wong. „Mit den neuen Anlagen und Kapazitäten können rund 5 Millionen Tonnen des Regranulatbedarfs Chinas von dort aus bedient werden.“

Aber auch aus den anderen Ländern könnten wieder mehr Regranulate eingeführt werden: Wenn sie die gleiche Farbe, Größe, Form und Verpackung haben, dürfen sie importiert werden, hat die Zollbehörde kürzlich bekannt gegeben.

Laut Wong tut sich die Zollbehörde allerdings derzeit mit den Inspektionen dieser Lieferungen schwer – in den Häfen stapeln sich mittlerweile die Container. Seine Organisation arbeitet nach seiner Aussage derzeit daran, einheitliche Parameter zu entwickeln und den Behörden ihre Arbeit zu erleichtern.


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Regranulatpreise sind überwiegend gestiegen

Trotz der Verwerfungen auf dem Markt sind in China die Preise für viele Sorten gestiegen. Für Regranulate aus PE, PP, PS und ABS zogen die Tonnenpreise im April um bis zu 100 US-Dollar gegenüber Februar. Für PE, PET, POM und PVC-Regranulate verbesserten sich die Notierungen sogar um 150 bis 200 US-Dollar pro Tonne.

Auch Folien wurden in der Volksrepublik dank schneller und einfacher Bearbeitungsmöglichkeiten beliebter: Für PE 98 Folien stiegen die Preise im April gegenüber Februar um etwa 50 US-Dollar pro Tonne auf 400 US-Dollar.

Deutlich schlechter lief es hingegen für PET-Flaschen der Sorte B. Sie rutschten teilweise um 150 US-Dollar pro Tonne ab, manche Sorten brachten gar keinen Erlös mehr. Auch für Post-Consumer Abfälle – besonders MRF Film 1 bis 7 und 3 bis 7 – gab es negative Preise.

 

© 320° | 23.05.2018

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