Studie für Hessen

Ein aktuelles Gutachten hat verschiedene Möglichkeiten der Phosphorrückgewinnung in Hessen untersucht. Die Ergebnisse zeigen, mit welchen Klärschlammkonzepten die höchsten Phosphorpotenziale verbunden sind. Vor allem aber geht es um die Frage: Lohnt sich ein zentralisiertes Verbrennungskonzept?

Gutachten zur Umsetzung der Phosphor-Rückgewinnung


Erstellt wurde das Gutachten vom Institut für Siedlungswasserwirtschaft der RWTH Aachen im Auftrag des Hessischen Landesamtes für Naturschutz, Umwelt und Geologie. Ziel war es zum einen, Phosphorrückgewinnungsverfahren für die unterschiedlichen Stoffströme Abwasser, Klärschlamm und Klärschlammasche darzustellen. Darüber hinaus wurden Empfehlungen zu deren möglichem Einsatz auf hessischen Kläranlagen erarbeitet. Unterm Strich sollte ein Klärschlammkonzept stehen, das die Phosphorrückgewinnung hinsichtlich der regionalen Strukturen berücksichtigt.

84 Prozent der Klärschlammenge relevant

Insgesamt gibt es in Hessen 712 Kläranlagen der Größenklasse (GK) 1 bis 5. Diese produzieren dem Gutachten zufolge 151.243 Tonnen Klärschlamm pro Jahr. Laut Novelle der AbfKlärV muss Phosphor ab 2025 jedoch nur aus Klärschlämmen von Kläranlagen der GK 4 und 5 gewonnen werden. Darüber hinaus besteht Handlungsbedarf bei einem P-Gehalt größer 20 Gramm Phosphor je Kilogramm Trockenmasse.

Relevant sind damit in Hessen laut Gutachten 10 Kläranlagen der GK 5, 128 der GK 4 und 46 Kläranlagen der GK 3. Insgesamt weist die Studie für Hessen für diese 184 Anlagen eine Klärschlammmenge von 126.619 Tonnen pro Jahr aus. Das sind rund 84 Prozent der Gesamtanfallmenge. Durch die geplante Schlammfaulung in Frankfurt am Main reduziert sich dieser Anteil ab 2025 jedoch geringfügig 81,8 Prozent. Das heißt, es stehen nur noch 110.649 Tonnen Klärschlamm zur Verfügung.

Bisher nehmen die Klärschlämme laut Gutachten folgende Entsorgungswege:

  • 42 Prozent oder 53.183 Tonnen der Gesamtmenge werden landwirtschaftlich/landbaulich verwertet.
  • Weitere 42 Prozent (53.231 Tonnen) gehen in die Monoverbrennung. Jährlich 12,5 Prozent oder 15.817 Tonnen gelangen in die Mitverbrennung.
  • Die restlichen 4.388 Tonnen (3,5 Prozent) werden auf unbekanntem Weg verbrannt.

Höchste P-Ausbeute aus Monoverbrennungsaschen

Die enthaltene Phosphormenge liege bei jährlich 3.403 Tonnen (ab 2015: 3.576 Tonnen). Fast die Hälfte davon stammt aus Kläranlagen der Größenklasse 5. Um das Potenzial zu heben, wurden verschiedene Rückgewinnungsverfahren am Markt analysiert, die auf unterschiedlicher Ebene des Verwertungweges angreifen: in der flüssige Phase/Schlammwasser (PEARL, P-RoC, AirPrex), beim Klärschlamm (Budenheim, TerraNova® Ultra) und auf Ebene der Klärschlammasche (PASCH LeachPhos, AshDec).

Daraufhin entwarfen die Gutachter drei Szenarien für ein Klärschlammkonzept. Das erste basiert auf weitgehender Rückgewinnung auf Kläranlagenstandorten über Mono-/Mitverbrennung. Das zweite sieht die maximierte Phosphorrückgewinnung aus Aschen von Klärschlammmonoverbrennungsanlagen. Und das dritte wurde an den Mindestvorgaben der Novelle der AbfKlärV entwickelt.

Wie sie herausfanden, wird beim zweiten Szenario die höchste Phosphorausbeute erzielt – Rückgewinnungsquote von 76,5 Prozent. Je nach Rückgewinnungsverfahren könne diese höher liegen, bei P-Rückgewinnung aus der Asche bei 85,7 Prozent. Dem steht eine Quote von 54,6 Prozent in Szenario 1 und 61,5 Prozent in Szenario 3 gegenüber.

Darüber hinaus biete Szenario 2 weitere Vorteile: Zum einen fallen Aschen zentral an. Somit könnten sich die Investition in teure Verfahren rechnen. Gleichzeitig könne durch die Rückgewinnung an einigen wenigen Standorten eine einheitlichere Qualität des Recyclates hinsichtlich Phosphor-Gehalt, -Verfügbarkeit und Schwermetallgehalt erreicht werden.

Zentralisiertes Verbrennungkonzept?

Das Szenario 2 klingt nach dem künftig attraktivsten Konzept. Denn schon heute werden 35 Prozent der Gesamtmasse der entsorgten Klärschlämme nahezu vollständig in der Monoverbrennung in Frankfurt am Main, also zentralisiert, entsorgt. Die Gutachter schlagen daher ein Konzept mit zwei bis drei Anlagen vor: der SEVA Sindlingen, Infraserv Hoechst und einer weiteren Anlage im Norden. Das würde die Anzahl der benötigten Anlagen zur nachfolgenden weitreichenden Phosphorrückgewinnung in Hessen auf maximal 27 reduzieren.

Die Kosten, die bei einem solchen Konzept anfallen, lassen sich dabei nur schwer vorhersagen. So seien die Investitions-, Betriebs- und Entsorgungskosten je nach Verfahren unterschiedlich, wie es im Gutachten heißt. Eine entscheidende Rolle spielen etwa das Produkt/Rezyklat-Verhältnis. Hinzukommt, dass der mögliche Erlös aus dem Verkauf der Phosphor-Rezyklate aufgrund mangelnder Erfahrung bisher nur abgeschätzt werden kann.

Ob sich das Land Hessen für eine zentralisiertes Verbrennungskonzept entscheidet, ist zum jetzigen Zeitpunkt noch unklar. Dennoch sei es wichtig, so die Gutachter abschließend, frühzeitig den Dialog mit den Kläranlagenbetreibern über Optionen der Phosphorrückgewinnung zu beginnen. So könnten neben vollständigen Daten auch mögliche Kooperationspotentiale ermittelt werden. An die Adresse des Landes empfehlen sie, mittelfristig die Einrichtung von Monokompartimenten für Klärschlammverbrennungsaschen auf Deponien der Klasse II zu prüfen – zumindest zwischen 2025 und 2035.

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