Rückschritt in kommunales Monopol

Die Grünen wollen die Lizenzentgelte für die Entsorgung von Verkaufsverpackungen durch eine Ressourcenabgabe ersetzen. Der Handelsverband HDE warnt: „Kommunal statt dual“ wäre der Rückschritt in ein kommunales Monopol und würde die Innovationskraft der Wirtschaft hemmen.

Handel weist Eckpunktepapier der Grünen zurück


Der HDE weiß, dass man das Eckpunktepapier der Grünen zum geplanten Wertstoffgesetz nicht leichtfertig ignorieren sollte. Immerhin sind die Grünen in der Regierung von sieben Bundesländern vertreten. Das sichert der Partei ein gewisses Mitbestimmungsrecht im Bundesrat. Doch der Verband warnt davor, Axt an ein System zu legen, das trotz der Fehlentwicklungen der jüngeren Vergangenheit für die „weltweite Vorreiterschaft Deutschlands im Bereich des Recyclings“ steht.

Die von den Grünen geforderte kommunale Verantwortung für Leichtverpackungen wäre der Rückschritt in ein kommunales Monopol, kommentiert HDE-Vertreter Stephan Rabl das Grünen-Papier. Es bleibe das Geheimnis der Autoren, wie damit mehr Wettbewerb, Transparenz und demokratische Kontrolle durch die Gebührenzahler erreicht werden soll. Durch ein Monopol würde nicht zuletzt die Innovationskraft der Wirtschaft, die das hochwertige Recycling der Vergangenheit erst ermöglicht hat, Schaden nehmen, warnt Rabl. Der Handel wolle daher im Sinne einer tatsächlichen Kreislaufwirtschaft und der Rückgewinnung der Ressourcen für faire Spielregeln im Wettbewerb zwischen kommunalen und privaten Akteuren sorgen.

Zentrale Stelle soll Duale Systeme ersetzen

Die Grünen-Bundestagsabgeordneten Britta Haßelmann und Peter Meiwald sowie Baden-Württembergs Umweltminister Franz Untersteller (ebenfalls Grüne) hatten vor kurzem ein gemeinsames Papier zur Gestaltung eines neuen Wertstoffgesetzes vorgelegt. Darin fordern sie die Abschaffung des Dualen Systems in seiner heutigen Form und sprechen sich für die kommunale Organisationsverantwortung für die Erfassung von Wertstoffen einschließlich Verpackungsmüll aus.

Entwicklung der Vertragsmengen Dualer Systeme 2003 bis 2013Ein zentraler Punkt der Vorschläge ist die Einführung einer Ressourcenabgabe für die Hersteller von Produkten. Diese Abgabe soll die bisherigen Lizenzentgelte auf Verpackungen ersetzen, mit denen das Duale System finanziert wird. Während die Lizenzentgelte nur zum Aufbau einer „privaten Müllentsorgung von Verpackungen“ geführt habe, enthalte die Ressourcenabgabe eine starke ökologische Komponente: „Diese Ressourcenabgabe belohnt recyclingfreudiges Design, sparsamen Rohstoffeinsatz sowie die Wiedernutzung der Rohstoffe, um sie mit ihrem Wert im Stoffkreislauf zu erhalten“, heißt es in dem gemeinsamen Papier.

Im ersten Schritt sollen dazu die bisherigen Lizenzentgelte über eine zu schaffende öffentlich-rechtliche zentrale Stelle auf Bundesebene zu entrichten sein. Diese Abgaben würden dann an die öffentlich-rechtlichen Entsorger und über diese gegebenenfalls an die von ihnen beauftragten Dritten weitergeleitet, um die Kosten für die Sammlung und Verwertung der Wertstoffe zu begleichen. „Die zentrale Stelle ersetzt somit diese Tätigkeit der Dualen Systeme“, schreiben die Grünen. Dabei blieben die Hersteller auch weiterhin in der finanziellen Verantwortung für die Entsorgung der Verpackungen.

Die Vollzugsverantwortung soll auf Ebene der Bundesländer bleiben. Das gelte auch für die Kontrolle der Einhaltung der Recyclingquoten. Die Organisationsverantwortung dagegen gehe auf die Kommunen über. In einem nächsten Schritt würden die Abgaben einer stärkeren ökologischen Gewichtung unterzogen und in eine Ressourcenabgabe, die mittelfristig über die Verpackungen hinaus auch auf die in Verkehr gebrachten Produkte ausgeweitet wird, umgewandelt. Nach den Vorstellungen der Grünen wird die zentrale Stelle beauftragt, gemeinsam mit den Ländern und Kommunalen Spitzenverbänden die aufgabengerechte Verteilung der Lizenzentgelte festzulegen sowie Konzepte für die Entwicklung zur Ressourcenabgabe und die Ausweitung auf Produkte zu erarbeiten und zu implementieren.

„Aus der Produktverantwortung wurde eine reine Finanzverantwortung“

Das neue Wertstoffgesetz müsse „hohe und dynamisch anwachsende Recyclingquoten für alle Wertstoffe im Müll“ festlegen, fordern die Autoren des Papiers. Möglichst viele Wertstoffe aus dem Abfall müssten heraussortiert und hochwertig wieder verwendet werden – erst danach sei die thermische Verwertung eine Option. Da mit dem heutigen Dualen System dieser ökologische Ansatz nicht umgesetzt werde, sei ein Systemwechsel dringend erforderlich. Ziel sei es „die Sammlung, Sortierung und Verwertung von Wertstoffen dauerhaft effizient, verbraucherfreundlich, bürgernah und transparent zu gestalten und gleichzeitig den ökologischen Mehrwert deutlich zu erhöhen.“ Die Verantwortung dafür könnten am besten die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger übernehmen, meinen die Grünen. Sie sollten daher die Sammlung und Verwertung übernehmen oder organisieren.

Das eigentliche Ziel des Dualen Systems, nämlich die Übernahme der Produktverantwortung durch die Hersteller von Verpackungen, sehen die Grünen als gescheitert an. „Heute zeigt sich, dass sich zwar eine leistungsstarke private Müllentsorgung für Verpackungen etabliert hat, doch aus der Produktverantwortung wurde lediglich eine reine Finanzverantwortung für die Verpackungen“, heißt es in dem Papier. Die ursprünglich intendierte ökologische Steuerungsfunktion bezüglich des Produkt- und Verpackungsdesigns durch die Lizenzabgaben sei nicht eingetreten. Das würden die anhaltende Zunahme der Verpackungsmengen in den letzten Jahren und das Aufkommen von Materialverbünden, die kaum stofflich verwertet werden, verdeutlichen.

Die Sortier-und Recyclingtechnologie seien zwar anfangs besser und effizienter geworden, doch in der Zwischenzeit orientierten sich die Systembetreiber ausschließlich an den gesetzlich vorgegebenen Recyclingquoten und nicht etwa an den Zielen einer wirklichen Produktverantwortung und Kreislaufwirtschaft, kritisieren die Grünen. „Aufgrund der seit Jahren zu niedrigen Recyclingquoten und der Wettbewerbssituation der Dualen Systeme sind Innovationen im Bereich der Abfalltechnologie zum Stillstand gekommen.“

Mehr zum Thema
Landgericht München muss Lkw-Kartellprozess neu aufrollen
Recycelbar und kompostierbar: Chipstüte aus Papier
Die neue Abfall­­­verbringungsverordnung kann kommen
KI sortiert Kunststoffe für Lebensmittel­verpackungen
Verpackungsmüll: Warum bayerische Kommunen weiterhin auf das Bringsystem setzen
Zu viel Bürokratie: „Das macht manche Firmen verrückt“
So sollen die To-go-Mehrwegangebote endlich wirken
Regierung in Sachsen beschließt Förderung der Kreislaufwirtschaft
Videoüberwachung an Containern ist „schwieriges Thema“
Wertstofftonne: Karlsruher hadern mit privatem Entsorger
EU-Länder unterstützen Verpackungs­verordnung