Neues Recyclingverfahren

Kobalt wird vermehrt für Kathoden von Lithiumbatterien für Elektroautos verwendet. Um das Recycling zu ermöglichen, hat eine Firma ein Recyclingverfahren für Lithium-Ionen-Batterien patentieren lassen. Ziel ist die Rückgewinnung der Kathodenmaterialien.

Hydrometallurgische Aufbereitung von Lithium-Ionen-Batterien


Der große Run auf Kobalt hat begonnen. Derzeit ist kaum ein anderer Rohstoff gefragter. In den vergangenen zwei Jahren ist der Kobaltpreis auf über 70.000 Euro pro Tonne in die Höhe geschossen. Der Grund für diesen Boom: Kobalt wird vermehrt in Kathoden von Lithiumbatterien für Elektroautos verwendet. Durch den erwarteten starken Aufschwung dieser Fahrzeuge ist bereits von drohenden Lieferengpässen die Rede.

Auch das kanadische Mineralrohstoffunternehmen American Manganese Inc. (AMI) teilt diese Befürchtungen. „Kobalt steht derzeit unter starkem Druck auf der Angebotsseite und wird voraussichtlich weiterhin unterversorgt sein“, sagt Larry W. Reaugh, Vorstandsvorsitzender und CEO von AMI. Nach Angaben des Cobalt Development Institute verbraucht die Batterieindustrie bereits 41 Prozent des weltweit produzierten Kobalts. In den kommenden zehn Jahren soll der Bedarf auf über 65 Prozent steigen.

Kathodenmaterial zu 100 Prozent recycelt

„Bei einem so starken Anstieg der zu erwartenden Nachfrage wird das Recycling ein wichtiger Teil der Versorgungslösung für die sich abzeichnende Kobaltknappheit sein“, ist sich Reaugh sicher. Sein Unternehmen AMI hat sich deshalb bereits in Stellung gebracht. Vor zwei Jahren haben die Kanadier mit der Entwicklung eines neuen Recyclingverfahrens für Lithium-Ionen-Batterien und zur Rückgewinnung von Kathodenmaterialien begonnen. In dieser Woche haben sie ihre hydrometallurgische Technologie beim internationalen Patentsystem PCT zum Patent angemeldet.

Die bisher durchgeführten Laborversuchen haben laut AMI gezeigt, dass Kathodenchemie zu 100 Prozent recyceln werden konnte. Zu den Kathodenmaterialien zählen neben Kobalt auch Nickel, Mangan und Aluminium. Unter Rückgriff auf die dabei entwickelten Flowsheets wurde im Laborversuch des Verfahrens auch ein Rückgewinnungsgrad von 100 Prozent für Lithium erreicht.

Mittlerweile produziert AMI aus seinen recycelten Kathodenmaterialien auch wiederaufladbare Lithium-Ionen-Kobalt- und Lithium-Nickel-Mangan-Kobalt-Knopfzellbatterien. Die recycelten Materialien stammen dabei aus Lithium-Mangan-Oxid-, Lithium-Kobalt-Oxid-, Lithium-Nickel-Mangan-Kobalt- und Lithium-Nickel-Kobalt-Aluminiumoxid-Batterien.

AMI will bis zu 4.000 Tonnen Kobalt pro Jahr recyceln

Als nächsten Schritt plant AMI die Umsetzung der Laborversuche in eine Pilotanlage. Mit dem Bau soll bereits Anfang 2018 begonnen werden. Damit soll der Nachweis einer kontinuierlichen Verwertung von Kathodenmaterialien in größerem Maßstab erbracht werden. Die Pilotanlage soll später dann zu einer großtechnischen, kommerziellen Recyclinganlage ausgebaut werden.

In dieser Aufbereitungsanlage können laut Ami bis zu 4.000 Tonnen jährlich an Kobalt aus Lithium-Ionen-Batterien zurückgewonnen werden. Der aktuelle Marktwert dieser Menge an Kobalt würde bei über 230 Millionen US-Dollar liegen. Neben Kobalt sollen aus den diversen Kathodenchemien auch Nickel, Aluminium, Lithium und Mangan recycelt werden.

Die Investitionen in die Forschungsarbeiten und die Aufskalierung des hydrometallurgischen Prozesses könnten sich für American Manganese relativ schnell auszahlen. Die Produktion von Lithium-Ionen-Batterien ist nach wie vor eine wachstumsstarke Branche. Wachstumstreiber ist inzwischen nicht mehr der IT-Bereich, sondern die Elektromobilität.


Weltweite Rohstoffproduktion im Jahr 2013 und künftiger Bedarf nach Rohstoffen für Zukunftstechnologien

Weltweite Rohstoffproduktion im Jahr 2013 und Nachfrage in den Jahren 2013 und 2035 für Zukunftstechnologien nach Rohstoff (in Tonnen); Quelle: BGR

Markt für Lithium-Ionen-Batterien verdreifacht sich bis 2022

Bedingt durch die zu erwartende stark steigende Zahl von Elektrofahrzeugen dürfte die Produktion von Lithium-Ionen-Batterien von 90 GWh im Jahr 2016 auf 300 GWh im Jahr 2025 wachsen. Das prognostizierte Christophe Pillot, Geschäftsführer des französischen Marktforschungsinstituts Avicenne Energy, beim International Congress for Battery Recycling Ende September in Lissabon.

Das globale Marktforschungs- und Beratungsunternehmen MarketsandMarkets setzt zahlenmäßig noch einen drauf. Dessen Analysten erwarten, dass der Markt für Lithium-Ionen-Batterien von 23,5 Milliarden Dollar im Jahr 2015 auf 69 Milliarden Dollar im Jahr 2022 wachsen könnte.

Gestützt werden diese Zahlen durch aktuelle Prognosen zur Entwicklung der Elektromobilität. Noch gibt es weltweit derzeit nur rund zwei Millionen Elektroautos. Die Internationale Energieagentur geht aber von einem starken weltweiten Wachstum aus: 2020 sollen neun Millionen Elektroautos unterwegs sein, fünf Jahre später bereits bis zu 70 Millionen.

Deutsche Autokonzerne rüsten sich für neue Ära

Aber nicht nur Marktanalysten rechnen trotz des bislang eher schleppenden Verkaufs von Elektroautos mit einem baldigen rasanten Aufschwung dieser Technologie. Auch die Automobilindustrie rechnet damit. So verkündete Matthias Wissmann, Präsident des Verbands der Automobilindustrie (VDA) vor einigen Monaten: „Ab der kommenden Dekade erreicht die Elektromobilität den Massenmarkt.“

Die deutschen Autokonzerne rüsten sich bereits für die neue Ära im Automobilbau. Auf dem Weltmarkt für E-Autos belegen sie hinter China Platz zwei. Mittlerweile gibt es laut VDA rund 30 Elektroauto-Modelle von Herstellern aus der Bundesrepublik. Bis zum Jahr 2020 soll es knapp 100 Varianten mit deutschem Konzernmarkenzeichen geben.

Lithium und Kobalt wohl temporär knapp und teuer

Für ein schnelles weltweites Wachstum der Elektromobilität sind Rohstoffe wie Lithium, Kobalt, Nickel, Grafit und Platin zwar ausreichend vorhanden. Das zeigt eine Studie des Öko-Instituts im Auftrag der Berliner Denkfabrik Agora Verkehrswende. Die weltweiten Vorkommen übersteigen den prognostizierten Bedarf demnach jeweils deutlich. Dies sei selbst dann der Fall, wenn der Rohstoffbedarf gleichzeitig durch Nachfrage für andere Anwendungsbereiche weiter ansteigt.

Allerdings schließt das Öko-Institut temporäre Verknappungen oder Preissteigerungen für einzelne Rohstoffe nicht aus. Das gilt speziell für Lithium und Kobalt. Die Autoren der Studie führen das zum einen darauf zurück, dass nicht garantiert werden kann, dass alle neu zu erschließenden Förderstätten rechtzeitig fertig gestellt werden. Zum anderen könne auch der Export aus den Förderländern zu jeder Zeit in ausreichenden Mengen nicht garantiert werden.

Das Öko-Institut empfiehlt daher nicht nur mehr Recycling in Europa. Es plädiert auch für ein weltweites Anreizsystem in Form von Pfandsystemen oder Leasing. Wie ein solches Anreizsystem auch aussehen mag: Es müsse bis 2030 umgesetzt, um den erwarteten Rücklauf von Batterien bearbeiten zu können.

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