Verbleib von Altautos

Jedes Jahr gehen den deutschen Altauto-Verwertern über eine Million Altfahrzeuge durch illegale Exporte verloren. Das war bislang die weit verbreitete Vermutung. Ein Forschungsprojekt im Auftrag des Umweltbundesamts zeigt jedoch: Die Annahme ist so nicht aufrechtzuerhalten.

Illegale Altfahrzeug-Exporte kleiner als angenommen


Die Frage, was mit den endgültig stillgelegten Pkw in Deutschland tatsächlich passiert, beschäftigt die Altautoverwerter schon seit langem. Denn mit jedem Altauto, das illegal exportiert wird, geht wichtiges Inputmaterial für die Verwertungsanlagen verloren. Allein in Deutschland würden jährlich weit über eine Million Altautos illegal exportiert, so die weit verbreitete Vermutung. Damit würden rund 2 Millionen Tonnen Rohstoffe verloren gehen.

Bisher sind Experten davon ausgegangen, dass von den 3,26 Millionen Altfahrzeugen, die 2013 endgültig stillgelegt wurden, rund 1,57 Millionen als Gebrauchtfahrzeuge exportiert werden. Etwa 0,5 Millionen Tonnen fielen als Altfahrzeuge an. Bei den restlichen 1,18 Millionen Fahrzeugen war der Verbleib unbekannt – man nahm deshalb an, dass sie illegal exportiert werden.

Doch diese Zahlen geraten nun ins Wanken. Das Forschungsprojekt „Verbleib von Altfahrzeugen“, das das Umweltbundesamt (UBA) bei Ökopol in Auftrag gegeben hat, wartet mit der Erkenntnis auf, dass die Zahl der unbekannt verbliebenen Fahrzeuge weitaus geringer ist, als angenommen. Denn die Studie hat folgende Erkenntnisse zu Tage gebracht:

  • Die Zahl der Außerbetriebsetzungen liegt 40 Prozent unter dem bisher veranschlagten Wert. Neue Erhebungen des Kraftfahrtbundesamtes zeigten, dass pro Jahr nicht 3,26 Millionen Fahrzeuge in Deutschland endgültig stillgelegt werden, sondern rund 2,9 Millionen Fahrzeuge – also 400.000 Fahrzeuge weniger.
  • Außerdem werden aufgrund unzureichender Erfassung beim Zoll mehr Gebrauchtfahrzeuge in Nicht-EU-Staaten exportiert als angenommen. So wurden 2013 nicht 390.000 Fahrzeuge pro Jahr ausgeführt, sondern 650.000 Fahrzeuge.
  • Auch die Exportzahlen für EU-Staaten wurden in der Studie nach oben korrigiert. Das bedeutet, dass nicht 1,23 Millionen Fahrzeuge exportiert wurden, sondern 1,37 Millionen.

In der Summe bedeutet das, dass die Zahl der unbekannt verbliebenen Fahrzeuge im Jahr 2013 sich von 1,18 Millionen auf 350.000 reduziert. Für das Jahr 2014 beläuft sich die Zahl der statistisch nicht erfassten Fahrzeuge auf 540.000. Das sei wenig verglichen mit der ursprünglichen Lücke von rund 1,2 Millionen Altfahrzeugen, wie Regina Kohlmeyer vom Umweltbundesamt bei der Tagung zertifizierter Autoverwerter Anfang Oktober im hessischen Hohenroda ausführte, aber viel verglichen mit der Anzahl der von anerkannten Betrieben demontierten Altfahrzeugen (0,5 Millionen).

Deshalb bestehe weiter Handlungsbedarf, betonte Kohlmeyer. Derzeit prüfe das UBA die vorläufigen Empfehlungen aus der Studie. Dazu zählt, dass die Statistiken und Informationsflüsse verbessert und der Verbleib von Fahrzeugen besser dokumentiert werden sollen.

Konkret empfehlen die Autoren der Studie:

  • EU-weit einheitliche verbindliche Abgrenzungskriterien für Gebraucht-/Altfahrzeuge,
  • die Etablierung von Prüfroutinen, beispielsweise ein Entscheidungsbaum für Fachentscheidung und die schnelle Vor-Ort-Vorentscheidung (etwa Straßenkontrolle) sowie
  • die Einrichtung einer überregionalen ressortübergreifenden „Task Force“ gegen nicht-anerkannte Demontage, um technisch/fachliches Know-How zu konzentrieren, Vollzugserfahrungen auszutauschen und regionale Behörden zu unterstützen.
  • das Recht der Behörden zur Beschlagnahme und
  • den Verkauf von Altfahrzeugen über Restwertbörsen und Onlineplattformen nur an anerkannte Demontagebetriebe.

Darüber hinaus wollen die Autoren den Verwertungsnachweis stärken. Dieser könnte elektronisch direkt vom Demontagebetrieb an das Zentrale Fahrzeugregister des Kraftfahrzeug-Bundesamts gemeldet werden. Bleibt die Meldung aus, würde das künftig als Ordnungswidrigkeit geahndet. Gleichzeitig müssten Kfz-Zulassungsstellen den Verwertungsnachweis konsequent einfordern. Zudem wäre es sinnvoll, eine Online-Außerbetriebsetzung via Verwertungsnachweis zu ermöglichen.

Bis die Empfehlungen umgesetzt werden, dürfte noch ein wenig Zeit vergehen. Erst einmal wolle das Umweltbundesamt die Vorschläge auswerten, erklärte Kohlmeyer. Danach soll über das weitere Vorgehen entschieden werden.

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