Altpapier-Aufbereitung

Das Geschäft der privaten Altpapieraufbereiter wird schwieriger, der Druck wächst von allen Seiten. Entspannung ist nicht in Sicht, meint GOA-Geschäftsführer Henry Forster. Es sei denn, die Privatunternehmen sind bereit, neue Wege zu gehen und Partnerschaften einzugehen.

„Im Würgegriff von Kommune und Papierfabrik“


Ob schlechtere Erfassungsqualitäten, Kommunalisierung, höhere Kosten oder stärkerer Druck seitens der Papierfabriken: Die Liste der Umstände, die das Geschäft der privaten Altpapieraufbereiter immer schwerer macht, ist lang – und eine Besserung ist nicht in Sicht.

Gar im „Würgegriff von Kommune und Papierfabrik“ sei der Altpapieraufbereiter, erklärte Henry Forster auf dem bvse-Altpapiertag vergangene Woche in Düsseldorf. Forster ist Geschäftsführer der Gesellschaft im Ostalbkreis für Abfallbewirtschaftung (GOA), die seit mittlerweile 13 Jahren teilprivatisiert ist. Seit 2005 gehören 49 Prozent der Anteile dem Landkreis und 51 Prozent dem Entsorgungsunternehmen WRZ Hörger. Neben zahlreichen Entsorgungsleistungen sortiert die GOA jährlich 45.000 Tonnen Altpapier.

Laut Forster sieht es für die Altpapierbranche nicht gerade rosig aus. „Der regionale Entsorger und der Recycler sollten unter den derzeitigen Rahmenbedingungen eher pessimistisch in die Zukunft sehen“, so der Geschäftsführer. „Klassische Verbandsrhetorik schreckt weder Kommune noch Papierfabrik.“ Und auch die Rechtsprechung werde zunehmend vage.

Steigende Kosten für Erfassung und Sortierung

Verantwortlich für die verschärfte Marktlage sei unter anderem die teurer werdende Erfassung. Diese sei unter anderem den steigenden Kartonagemengen geschuldet, die sich schwerer pressen ließen. Darüber hinaus steigen die Sammelkosten, da die Landflucht zu geringeren Sammelmengen führt. Hinzu kommen höhere Kraftstoff- und Personalkosten durch Fahrermangel. Da außerdem das Vergaberecht immer strenger wird, befürchtet Forster auch fehlende Synergieeffekte mit anderen Erfassungen.

Neben den Erfassungskosten werden auch die Kosten für die Sortierung steigen, glaubt Forster. Auch hier wird das Personal teurer, hinzu kommen Billiganbieter und neue gesetzliche Auflagen. Obendrein verlangen die Papierfabriken dank neuer Technologien in der Qualitätssicherung immer höhere Sortiertiefe und Qualität.

Gerade aber die Qualität des gesammelten Altpapiers nimmt laut Forster immer mehr ab. Durch die steigende Kartonagemengen und Umverpackungen steige der Sortieraufwand, erklärte der Geschäftsführer. Zudem lande in der blauen Tonne mehr Störmaterial als am Wertstoffhof oder bei der Vereinssammlung. Außerdem sei das Trennbewusstsein in den größer werdenden Ballungsräumen und bei einigen Zuwanderern niedrig.

Auch die Trennung von Erfassung und Verwertung bei den Ausschreibungen führe zu minderen Qualitäten. Erschwerend kämen die stark volatilen Verwertungserlöse hinzu, die laut Forster auch künftig nicht stabiler werden.

Aber trotz der langen Problemliste sieht Forster für die privaten Unternehmen durchaus Möglichkeiten, dem Würgegriff zu entkommen und ein Geschäftsmodell mit Zukunft zu entwickeln. Er schlägt unter anderem folgende Maßnahmen vor:

  • Harmonisierung der Außenwirkung der Privatwirtschaft: Für den Geschäftsführer macht es wenig Sinn, dass die Interessensvertretung in zahlreiche Verbände zersplittert ist.
  • Vehemente Einforderung des Subsidiaritätsprinzips: Laut Subsidiaritätsprinzip soll eine (staatliche) Aufgabe soweit wie möglich von der unteren Ebene beziehungsweise kleineren Einheit wahrgenommen werden. Für Forster muss die Privatwirtschaft genau darauf pochen.
  • Verbesserung der Wahrnehmung in Bevölkerung und Kommunalpolitik: Forster fordert, dass der Mittelstand sein Image stärkt. Das kann beispielsweise durch Partnerschaften mit gemeinnützigen Einrichtungen oder Vereinen, den Einsatz moderner Medien oder die Stärkung der Arbeit auf Landesebene geschehen.
  • Fehler aus der Vergangenheit vermeiden: Für den GOA- Geschäftsführer hat die Branche in der Vergangenheit Fehler wie Minimierung der Dienstleistungen, Uneinigkeit untereinander, Streit mit den dualen Systemen, Misstrauen gegenüber Kommunen oder fehlende Präsenz begangen. Hier sollen Maßnahmen wie Partnerschaften, Verbesserung der Wahrnehmung, gemeinsame Strategien oder mehr Service helfen.
  • Partnerschaften mit Kommunen: Die Zusammenarbeit mit Kommunen kann laut Forster auf mehreren Ebenen stattfinden: Neben PPP- oder gemeinsamen Vermarktungsgesellschafen können das auch gemeinsamen Veranstaltungen, Nachhaltigkeitskonzepte, Positionen gegenüber den dualen System oder Plattformen sein.
  • Partnerschaften mit Produzenten: Hier schlägt Forster unter anderem vor, dass die Unternehmen mit den Papierfabriken in Sortierkapazitäten und Lagermöglichkeiten investieren, gemeinsame Vermarktungsgesellschaften gründen oder bei der minderwertigen Waren beziehungsweise bei der Qualitätsverbesserung zusammenarbeiten. Möglich seien auch Beteiligungen an Papierfabriken.
  • Partnerschaften mit Entsorgern: Gemeinsam sollen Entsorger sich beispielsweise an Papierfabriken beteiligen, an der Erfassung und Aufbereitung forschen oder Vermarktungsgesellschaften gründen. Durch gemeinsame Sortieranlagen und Lagerplätze können laut Forster auch Machtverhältnisse gebündelt und so ein Gegenpol zu großen Unternehmen gegründet werden.

Für Forster steht in Summe fest, dass die Altapieraufbereiter durchaus Chancen am Markt haben. Doch dafür müssten die Aufbereiter ihre „Hausuafgaben“ machen. Und ein weiterer Punkt sei wichtig: „Nicht von Feindbildern leben.“

© 320°/ek | 28.03.2017

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