Vierstufiger Umwandlungsprozess

Die erste Anlage steht in Kanada, die nächste ist für Rotterdam geplant: Wenn alles nach Plan läuft, könnte eine Industrieanlage, die Haushaltsabfälle in Bio-Chemikalien umwandelt, Schule machen. Die erste Hürde hat die Anlage schon genommen.

In fünf Minuten vom Haushaltsabfall zum Biokraftstoff


Der Prozess dauert noch nicht einmal fünf Minuten. Dann sind in der Biokraftstoffanlage des kanadischen Unternehmens Enerkem Haushaltsabfälle in 99,9 Prozent reine Flüssigchemikalien und Biokraftstoffe umgewandelt. Die Industrieanlage ist nun vom Hauptdarlehensgeber Integrated Asset Management (IAM) überprüft worden. Das Ergebnis ist positiv: Die Anlage erreicht alle von IAM gesetzten betrieblichen Meilensteine.

„Die Biokraftstoffanlage Enerkem Alberta Biofuels in Edmonton ist selbst nach den sehr strengen Produktionskriterien voll betriebsbereit“, sagt Vincent Chornet, Präsident und CEO des Herstellers von Biokraftstoffen und erneuerbaren Chemikalien aus Abfällen. Diese Validierung durch Dritte kommt genau zum richtigen Zeitpunkt. Denn Enerkem will seine Präsenz in Nordamerika und Europa erweitern. So soll eine Anlage im niederländischen Rotterdam entstehen. Ein Konsortium, zu dem unter anderem der Chemie- und Farbenkonzern AkzoNobel und der Recyclingkonzern Van Gansewinkel gehören, treibt die Planungen für den Bau bereits voran.

Bei seinen Expansionsplänen kann sich Enerkem auf die finanzielle Unterstützung seines Hauptdarlehensgebers verlassen. Das hat Greg Dimmer, Hauptgeschäftsführer der IAM Private Debt Group, bereits angekündigt: „Wir freuen wir uns darauf, unsere Partnerschaft durch künftige Finanzierungen zu erweitern, wenn Enerkem in weitere Märkte expandiert.“

Vierstufiger, disruptiver Umwandlungsprozess

Seine erste vollwertige kommerzielle Waste-to-Biofuel/Chemical-Anlage hat Enerkem im Juni 2014 in Edmonton, der Hauptstadt der kanadischen Provinz Alberta, offiziell eingeweiht. Laut Unternehmensangaben kann eine Standardanlage pro Jahr 100.000 Tonnen trockene nicht-rezyklierbare Abfälle durchsetzen und zu 38 Millionen Liter Biomethanol, Ethanol und andere häufig eingesetzte chemische Zwischenstoffe verarbeiten.

Der disruptive thermochemische Umwandlungsprozess läuft in vier Stufen ab: Zunächst wird das Inputmaterial vorbereitet, sprich sortiert, geshreddert und wenn nötig getrocknet. Diese kohlenstoffreiche Fraktion geht dann in den Vergasungsreaktor. In weniger als fünf Minuten werden die Kohlenstoffmoleküle laut Enerkem durch partielle Oxidation bei geringer Hitze und unter Druck in ein reines Synthesegas umgewandelt. Anschließend durchläuft das Gas verschiedene Reinigungs- und Aufbereitungsverfahren und erreicht dadurch Erdgasqualität. Dieses Gas wird mittels handelsüblicher Katalysatoren in Biokraftstoffe und Chemikalien umgewandelt.

Dieser Prozess und die Anlage erfüllen nicht nur die IAM-Kriterien. Seit Produktionsbeginn erfülle die Anlage durchweg die höchsten Qualitätsstandards der International Methanol Producers and Consumers Association (IMPCA) für Produktion und Verkauf von Methanol, wie das Unternehmen betont. Letztes Jahr habe Enerkems Bioraffinerie als erste Anlage weltweit zudem die ISCC-Zertifizierung (International Sustainability and Carbon Certification) für die Konvertierung von städtischen Feststoffabfällen in Biomethanol erhalten.

Mehr zum Thema
So lassen sich Lederreste upcyceln
Recycling von Solarmodulen: Jetzt auch für Silber
Die neue Abfall­­­verbringungsverordnung kann kommen
KI sortiert Kunststoffe für Lebensmittel­verpackungen
Erstes deutsches Unternehmen für Schiffsrecycling
Biodiesel aus Abfallstoffen: Bundesrat macht Weg frei
Forscher: Plastik ist viel großräumiger verteilt als vermutet
UN-Bericht: Die Welt produziert Jahr für Jahr mehr Elektroschrott
Circular Economy: München hat die meisten Start-ups
Novocarbo sichert sich 25 Millionen Euro
Voestalpine will Buderus Edelstahl verkaufen
Reederei will von LNG auf E-Methan umsteigen