Ausschreibungen von MVA

Iran setzt zur Modernisierung der Abfallwirtschaft an. Künftig soll die Deponierung von Abfällen eingedämmt werden. Mehrere Großstädte setzen vor allem auf die thermische Verwertung. Doch dafür braucht das Land ausländisches Know-how.

Iran will Deponierung begrenzen


Nach der Einigung im Atomstreit und dem Wegfall der Sanktionen steht im Iran die Modernisierung der Infrastruktur an. Zahlreiche ausländische Konzern stehen bereits Schlange, um sich rechtzeitig lukrative Aufträge zu sichern. Auch deutsche Firmen dürften profitieren. Denn bei den fast 80 Millionen iranischen Einwohnern haben Waren „Made in Germany“ noch immer einen guten Ruf, schließlich war Teheran vor dem 13 Jahre schwelenden Atomstreit ein traditionell bedeutender Kunde und Deutschland in einigen Bereichen sogar der wichtigste Handelspartner.

Auch für Hersteller von Waste-to-Energy-Anlagen und -Komponenten könnte sich ein großer Markt auftun. Denn Irans Abfallwirtschaft und Verbrennungsmarkt haben einen enormen Nachholbedarf. „Im Iran fallen täglich 45.000 Tonnen feste Siedlungsabfälle an – das weisen jedenfalls offizielle Statistiken aus“, sagt Hamidreza Kamalan, Assistenzprofessor an der Fakultät für Bauingenieurwesen der Islamic Azad University, der größten privaten Hochschule im Iran und im Nahen Osten. Kamalan geht aber davon aus, dass das tatsächliche Abfallvolumen um einiges höher ist: „Inoffiziell spricht man von 54.000 Tonnen pro Tag.“

anteile-der-wirtschaftssektoren-am-bruttoinlandsprodukt--bip--des-iran-bis-2014Der größte Teil der Siedlungsabfälle werde irgendwo deponiert. Diesen Weg würden vor allem kleinere Städte gehen, die über keine Sortieranlagen verfügen, erzählt Kamalan. In etlichen mittelgroßen Städten mit einem Abfallaufkommen von 150 bis 250 Tonnen pro Tag gebe es bereits Sortieranlagen, einige würden daneben auch über Kompostierwerke verfügen. Sortier- und Kompostanlagen seien in nahezu allen großen Städten mit einem Siedlungsabfallaufkommen zwischen 500 und 1.000 Tonnen pro Tag mittlerweile Standard.

Ausländisches Know-how ist willkommen

Mit einem Gesetz will die Regierung die Deponierung einschränken. „Demnach müssen es Küstenstädte und Städte mit über 200.000 Einwohnern unterlassen, ihre Abfälle einfach zu deponieren. Sie müssen nun andere Wege im Abfallmanagement gehen“, so Kamalan. Einige Großstädte würden vor allem den Weg der thermischen Verwertung favorisieren. Davon zeugen auch die derzeit laufenden Ausschreibungen für den Bau von WtE-Anlagen.

Laut Kamalan sind im Großraum Teheran Verbrennungskapazitäten von insgesamt 4.000 Tonnen pro Tag für gemischte Siedlungsabfälle mit einem geringen Heizwert ausgeschrieben. In Isfahan sei eine Kapazität von 250 Tonnen pro Tag für nicht mehr recyclebare Abfälle mit einem hohen Heizwert ausgeschrieben. In der zweitgrößten Stadt des Landes, Mashhad, und in Tabriz würden Ausschreibungen für Anlagen mit einem Tagesdurchsatz von je 1.000 Tonnen gemischte Siedlungsabfälle mit einem geringen Heizwert laufen.

Im Norden des Landes seien mindestens fünf WtE-Anlagen mit einer Kapazität von je 500 Tagestonnen für gemischte Siedlungsabfälle mit einem geringen Heizwert nötig. „Aber auch in anderen Städten müssen WtE-Anlagen für nicht mehr recycelbare Abfälle her“, betont Kamalan. Hier bieten sich laut Umweltexperten Chancen für ausländische Anlagenbauer. „Denn der einheimische iranische WtE-Markt steckt noch in den Kinderschuhen, und wir brauchen ausländisches Know-how.“

Französischer Anlagenbauer will in iranischen Markt einsteigen

Die erste und bisher einzige WtE-Anlage des Landes hat Anfang vergangenen Jahres den Betrieb aufgenommen. Die Anlage im südlich von Teheran gelegenen Entsorgungszentrum Arad Kouh verwertet den Angaben zufolge 200 Tonnen Abfälle pro Tag und erzeugt daraus drei Megawatt Elektrizität. Dieser Anlage könnten schon bald weitere folgen. Wie die Teheran Times Ende Januar berichtete, hat ein französischer Hersteller von Müllverbrennungsanlagen bereits Interesse signalisiert, um im Iran tätig zu werden.

Trotz des starken Interesses des Irans an Kooperationen mit europäischen und deutschen Firmen – vor allzu großem Optimismus und der Erwartung einer raschen Belebung der Wirtschaftsbeziehungen sei gewarnt. „Denn ein Umschalten auf normale Verhältnisse braucht Zeit“, betont Germany Trade & Invest. Zunächst seien noch umfangreiche Probleme zu klären. Neben der staatlichen Bürokratie, der nur langsam vorankommenden Privatisierung von Unternehmen, den internen Konflikten zwischen Liberalen und Konservativen im Land, werde auch der Einbruch der Ölpreise ein weiteres Hemmnis für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes darstellen.

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