E-Schrott

Interpol hat den Kampf gegen illegale E-Schrott-Exporte aufgenommen und ruft die Recycler zur Zusammenarbeit auf. Doch diese sind zurückhaltend. Sie äußern Zweifel an der Durchschlagskraft des Projekts.

Jagd auf die Hintermänner


Der illegale Handel mit Elektroschrott wächst sich zu einem immer größeren Problem aus. Vor den Folgen wachsender Umweltkriminalität hat Ende vergangenen Jahres auch das UN-Umweltprogramm UNEP im Rahmen einer gemeinsamen Konferenz mit Interpol in Nairobi gewarnt. Laut UNEP fallen weltweit pro Jahr bis zu 50 Millionen Tonnen Elektroschrott an, von denen aber nur zehn Prozent recycelt werden.

Doch das Problem der illegalen Exporte in Entwicklungsländer wird in den kommenden Jahren noch wesentlich größer. Denn die UN-Initiative “Solving the E-Waste Problem” (StEP) prognostiziert ein rasant wachsendes weltweites Aufkommen an E-Schrott. In einer aktuellen Untersuchung rechnet StEP bis 2017 mit über 65 Millionen Tonnen Elektromüll; das ist ein Drittel mehr als heute. Nun hat die internationale Polizeiorganisation Interpol der illegalen Abfallverschiebung den Kampf angesagt und ein Projekt namens „Countering WEEE Illegal Trade“ (CWIT) angestoßen.

Das wirkliche Ausmaß des illegalen Handels mit E-Schrott lässt sich naturgemäß nur schwer beziffern. Bereits 2007 hat die Deutsche Umwelthilfe (DUH) den Verdacht geäußert, dass gefährlicher Schrott in großem Stil fälschlich als Handelsware deklariert aus Deutschland in Entwicklungs- und Schwellenländer exportiert wird. Die Inspektion der Umweltschützer im Hamburger Hafen hatte damals unhaltbare Zustände dokumentiert. Daran hat sich bis heute nicht viel geändert. So hat Interpol Ende 2012 vier Häfen in Deutschland, Belgien, den Niederlanden und Großbritannien durchsucht. Dabei haben die Ermittler in einem Drittel der überprüften Exporte illegalen Elektroschrott mit dem Ziel Westafrika und Asien entdeckt. Mehr als 240 Tonnen E-Schrott wurden damals beschlagnahmt. „Das sind alarmierende Zahlen“, sagte Therese Shryane von der Interpol-Abteilung Umwelt und Sicherheit beim International Electronics Recycling Congress (IERC) Ende Januar in Salzburg. Denn die teilweise hochgiftigen Inhaltsstoffe des E-Schrotts gefährdeten die Gesundheit der Menschen und die Umwelt vor Ort.

„Ziel des CWIT-Projekts ist, eine Reihe von Empfehlungen für die Europäische Kommission, für Strafverfolgungs- und Zollbehörden, Systembetreiber und Produzenten und nicht zuletzt auch für die E-Schrott-Recyclingindustrie zu erarbeiten“, erläuterte Shryane. Vor der Formulierung von Empfehlungen, mit denen Interpol alle Stakeholder beim aktiven Kampf gegen illegale Aktivitäten unterstützen will, steht allerdings erst eine „intensive Datensammlung“ an, wie es die Interpol-Expertin ausdrückt. So sollen im Laufe des Projekts nicht nur die in Europa anfallenden E-Schrott-Mengen genauer beziffert werden, sondern auch untersucht werden, inwieweit und an welchen Stellen das organisierte Verbrechen seine Hände beim weltweiten Handel mit E-Schrott im Spiel hat.

Interpol erhofft sich auch genauere Erkenntnisse über die Exportwege und –ziele der illegalen Exporte. „Des Weiteren wollen wir Lücken im bestehenden Rechtsrahmen sowie auch regulatorischer, verfahrensrechtlicher und technischer Art aufdecken, die die Kriminellen für ihre Zwecke ausnutzen“, sagte Shryane. Lösungsvorschläge will die Polizeiorganisation natürlich gleich mitliefern. Mit Ergebnissen der umfangreichen Untersuchungen und Recherchen rechnet Shryane im kommenden Jahr.

Am CWIT-Projekt sind neben Interpol sieben weitere Partner beteiligt, darunter auch die United Nations University und das WEEE Forum. „Aber wir brauchen selbstverständlich auch die Unterstützung der Recyclingindustrie“, betonte Shryane in ihrem Vortrag beim IERC und rief zur aktiven Mitarbeit auf: „Nehmen Sie Kontakt mit uns auf, wenn Ihnen etwas verdächtig vorkommt oder füllen Sie die entsprechenden Fragebögen auf unserer Homepage aus.“

Interpol gibt sich mit diesem Projekt kämpferisch. Allerdings kommen leise Zweifel auf, ob es sich nicht als ein eher zahnloser Tiger entpuppen wird. So wurde beim Kongress mehrfach Kritik daran geäußert, dass der Ansatz zu akademisch sei. In der Tat stellt sich die Frage, wieso Interpol mit seinem weltweit gespannten Netzwerk und Möglichkeiten dem E-Schrott nicht physisch auf dem Fuße folgt und beispielsweise mit den Häfen in Afrika und in anderen Nicht-OECD-Ländern zusammenarbeitet.

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