Elektromobilität

Bislang waren elektrisch betriebene Kehrmaschinen kaum ein Thema für Kommunen. Dabei könnten sie im innerstädtischen Bereich die Lärm- und Schadstoffemissionen erheblich senken. Auch unter finanziellen Gesichtspunkten lohnt sich der Einsatz.

Kommunen testen Elektro-Kehrmaschinen


Elektrische Antriebe sind auf dem Vormarsch. Sie kommen nicht nur in Autos zum Einsatz. Sie werden auch für immer mehr mobile Arbeitsmaschinen erprobt. Bisher beschränkte sich ihr Einsatz allerdings auf den Fahr- und Arbeitsantrieb, nicht auf die linearen Schwenkbewegungen der Anbaugeräte – wie etwa die der Kehrbesen.

Die Schwenkbewegungen werden bisher durch hydraulische Antriebe gesteuert. „Diese sind vergleichsweise laut, und das erforderliche Hydrauliköl kann die Umwelt schädigen“, kritisiert die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU). Außerdem verschwende das Hydrauliksystem gerade im Teillastbereich durch einen schlechten Wirkungsgrad erheblich Energie.

Bei einer vollständig elektrischen Kehrmaschine treten diese Probleme nicht auf. Zudem ist sie abgasfrei und deutlich leiser als Kehrfahrzeuge mit Dieselantrieb. Mehrere Städte in Deutschland und in der Schweiz haben diese Vorteile erkannt: Münster, Herne, Freiburg und Basel haben bereits ein vollelektrisches Kompaktkehrfahrzeug in der Praxis getestet, und zwar die CityCat 2020ev des Schweizer Herstellers Bucher Municipal.

Kein Verbrennungsmotor, kein Feinstaub

Die CityCat 2020ev ist laut Hersteller das weltweit erste vollständig elektrisch betriebene Kompaktkehrfahrzeug in der 2-Kubikmeter-Klasse. Mit dem Arbeitseinsatz einer einzigen CityCat 2020ev anstelle einer herkömmlichen Dieselkehrmaschine sollen pro Jahr etwa 26 Tonnen an CO2-Emissionen vermieden werden können.

Angetrieben wird die E-Kehrmaschine durch eine Lithium-Ionen-Batterie. Mit einer Kapazität von 56 kWh liefert die Batterie ausreichend Strom für einen achtstündigen Einsatz, bilanzierten die Abfallwirtschaftsbetriebe Münster (AWM) nach ihrem Praxistest im vergangenen Herbst. Dank besonders leistungsstarker Ladetechnik könne sie an jeder gängigen E-Tankstelle innerhalb von nur zwei bis drei Stunden wieder komplett aufgeladen werden.

Da die E-Kehrmaschine keinen Verbrennungsmotor hat, produziert sie auch keinen Feinstaub, der über die Luft in die Atemwege gelangen kann. Das ist besonders in den Einkaufsstraßen in der Innenstadt wichtig, wo sich Passanten und Maschinen sehr nahe kommen.

E-Kehrmaschine punktet auch in finanzieller Sicht

Über elektrobetriebene Kehrmaschinen freuen dürften sich auch die Anwohner von Hauptverkehrsstraßen. Hier müssen die AWM bereits um sechs Uhr morgens reinigen, um massive Verzögerungen und Behinderungen durch den ab sieben Uhr einsetzenden Berufsverkehr zu umgehen. Der Lärmpegel würde hier deutlich sinken, denn das Testmodell besitze einen nahezu zehnfach geringeren Lärmemissionswert als konventionelle Kehrfahrzeuge.

Auch aus rein wirtschaftlicher Sicht könne das E-Modell ein Plus für sich verbuchen. „Neben den geringen Energiekosten fallen auch die Wartungs-, Service- und Reparaturkosten deutlich niedriger aus“, so AWM-Betriebsleiter Patrick Hasenkamp. Aufgrund der positiven Erfahrung wollen die AWM möglichst zeitnah eine E-Kehrmaschine in den Regelbetrieb einbinden.

Stuttgart testet Kehrmaschine mit Plug-in Hybrid-Technik

Auch Stuttgart will die innerstädtischen Lärm- und Schadstoffemissionen bekämpfen. Die baden-württembergische Landeshauptstadt hat jedoch einen anderen Ansatz gewählt. Der städtische Eigenbetrieb Abfallwirtschaft Stuttgart (AWS) hat fünf Prototypen einer Hybrid-Kehrmaschine von Kärcher getestet.

Dabei galt es laut AWS-Geschäftsführer Thomas Heß drei Herausforderungen zu meistern: Erstens die gesamte diesel-hydraulische Antriebseinheit für Fahrantrieb und Schmutzaufnahmesystem durch Elektromotoren zu ersetzen. Und zweitens eine neue Verbrennungsmotor-Generator-Einheit zu entwickeln, die in der Lage ist, die Batterien bei der Arbeitsfahrt zu stabilisieren und während der Transportfahrt aufzuladen. Diese Komponenten in einem Fahrzeug mit Knicklenkung und damit sehr begrenztem Bauraum unterzubringen, sei eine besonders knifflige Aufgabe gewesen. Zu guter Letzt habe für das Zusammenspiel aller Elemente eine neue Software zur Gerätesteuerung programmiert werden müssen.

„Mit der Entwicklung und dem Aufbau der fünf Feldtestmaschinen ist es erstmals gelungen, eine Kompakt-Kehrmaschine mit der neuen Plug-in Hybrid-Technik zu betreiben“, sagt Kärcher-Bereichsleiter Michael Häusermann. Das Batteriesystem könne mit einem leistungsstarken Ladegerät innerhalb kürzester Pausenzeiten wieder aufgeladen werden. „So bewältigen die Hybrid-Fahrzeuge die gleichen Aufgaben wie Fahrzeuge mit Diesel-Antrieb.“

DBU fördert Projekt der TU Braunschweig

Auch die Wissenschaft ist mit der Entwicklung von E-Kehrmaschinen beschäftigt. Der Praxistest steht für das Projekt der Technischen Universität (TU) Braunschweig jedoch noch aus. Das Institut für mobile Maschinen und Nutzfahrzeuge hat eine elektrische Alternative für die hydraulischen Schwenksysteme entwickelt. Nun soll der energiesparende Antrieb weiter verbessert und an Kehrmaschinen erprobt werden.

Der Startschuss für das Projekt der TU Braunschweig fällt am kommenden Montag. Die DBU fördert das zweiphasige Projekt fachlich und finanziell mit insgesamt rund 873.000 Euro.

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