Getrennterfassung

Der Landkreis Sigmaringen wird weiterhin keine Biotonne einführen. Grund ist eine neue Sortieranalyse. Deren Ergebnisse zeigen zwar einen gestiegenen Biomüllanteil im Restmüll. Doch die Kommunalpolitiker sind überzeugt: Eine Getrennterfassung sei wirtschaftlich nicht zumutbar.

Kreis Sigmaringen lehnt Biotonne nach wie vor ab


Die Abfallverantwortlichen im Landkreis Sigmaringen bleiben dabei: Es wird vorerst keine flächendeckende Getrenntsammlung von Bioabfällen geben. Basis für die Festlegung des Kreises ist eine aktuelle Restmüllanalyse des bifa-Umweltinstituts, deren Ergebnisse am 4. Oktober auf der Sitzung des Werksausschusses Kreisabfallwirtschaft vorgestellt wurden.

Das bifa hatte den Restmüll des Kreises von Ende Februar bis Anfang März 2017 untersucht. Das Ergebnis zeigt einen höheren Biomüllanteil im Restmüll als bei der letzten Analyse im Jahr 2013. Damals lag der Anteil der Bioabfälle im Restmüll bei 12,5 Kilogramm pro Einwohner und Jahr. Das entspricht einem relativen Anteil von (15,6 Prozent). In diesem Jahr kletterte der Anteil auf 27,3 kg/Ew/a (28,9 Prozent).

Zugleich ist aber auch das Restmüllaufkommen gestiegen. Für 2013 weist die Statistik noch ein Aufkommen von 80,5 kg/Ew/a aus. Für 2015 hingegen zeigen die Zahlen ein Pro-Kopf-Aufkommen von 94 Kilogramm. Aktuelle Zahlen für 2017 liegen noch nicht vor.

Das bifa geht davon aus, dass von den 27,3 Kilogramm pro Einwohner zwischen 7 und 15 Kilogramm über ein getrenntes Erfassungsystem abgeschöpft werden könnten. Hintergrund für diese Zahlen ist die Einschätzung des bifa, dass auch bei sehr gut funktionierender Bioabfallsammlung mindestens 10 Kilogramm im Restabfall verbleiben werden. Das sei die Erfahrung aus diversen Restabfallanalysen. Eine Studie im Auftrag des Umweltbundesamts aus dem Jahr 2015 geht sogar davon aus, dass zwischen 15 und 20 Kilogramm pro Einwohner und Jahr an Organik im Restabfall verbleiben. Von den 27,3 Kilogramm könnten daher nur zwischen 7 und 15 Kilogramm abgeschöpft werden.


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[su_spoiler title=“Die Ergebnisse der bifa-Analyse“] • Der Restabfall in Sigmaringen besteht laut bifa aus 9,4 Prozent Feinmüll (Korngrößen < 10 mm), 19,5 Prozent Mittelmüll (Korngrößen 10 bis 40 mm) und 71 Prozent Grobmüll (Korngrößen > 40 mm).

• Die Hauptfraktionen des Grobmülls waren Hygieneverbunde (19,9 Prozent) sowie 10,2 Prozent Küchenabfälle (ohne verpackte Lebensmittel). Hinzu kamen Hygienepapiere (8,0 Prozent) sowie 3,3 Prozent verpackte Lebensmittel.

• Der prozentuale Anteil an Küchenabfällen inklusive verpackter Lebensmittel war in der vegetationsarmen Zeit (Ende Februar bis Anfang März 2017) deutlich höher als 2013: 12,8 kg/Ew/a (13,5 Prozent) gegenüber 4,9 kg/Ew/a (6,1 Prozent).

• Der Anteil an Organik im Mittelmüll stieg im gleichen Zeitraum von 29 auf rund 50 Prozent. Fielen 2013 noch 2,4 kg/Ew/a an (3 Prozent), waren es 2017 bereits 9,2 kg/Ew/a (9,8 Prozent).

• Relativ wenig erhöht hat sich die Menge der 2013 aus methodischen Gründen nicht berücksichtigten Organik im Feinmüll. Im Jahr 2013 fielen 3,9 kg/Ew/a an (4,9 Prozent). In diesem Jahr waren es 4,4 kg/Ew/a (4,7 Prozent).
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Der Landkreis Sigmaringen sieht aber dennoch „keine Verpflichtung des Landkreises Sigmaringen, Bioabfälle mit einer zusätzlichen Tonne getrennt zu sammeln“, wie es in einer Stellungnahme der Werkleitung des Eigenbetriebs Kreisabfallwirtschaft heißt. „Die erheblichen Mehrkosten, die mit Einführung einer Biotonne verbunden wären, stehen außer Verhältnis zu einem von dem Landesumweltministerium Baden-Württemberg gesehenen geringen ökobilanziellen Vorteil, falls dieser überhaupt realisierbar ist“, erklären Michael Wortmann vom Eigenbetrieb Kreisabfallwirtschaft und Bernhard Obert vom Dezernat Bau und Umwelt. Die Mehrkosten seien nach Paragraf 7 Abs. 4 KrWG wirtschaftlich nicht zumutbar.

Als weiteres Argument führen Wortmann und Obert die bisherige Verwertung der organisch abbaubaren Bestandteile im MHKW Ulm-Donautal ins Feld. Darüber könne „das Ziel einer hinreichenden getrennten Erfassung und möglichst hochwertigen Verwertung des Bioabfalls bereits heute als erfüllt angesehen werden“.

Wie Landrätin Stefanie Bürkle gegenüber der Zeitung Südkurier deutlich machte, herrsche im Kreis Sigmaringen mit seiner ländlichen Struktur eine andere Ausgangssituation vor als in Ballungsräumen. So würden viele Einwohner die Möglichkeit zur Biomüll-Kompostierung im eigenen Garten nutzen. Dadurch verbleibe so gut wie nichts im Restmüll. „Mit der Einführung der Biotonne würden wir über das Ziel hinausschießen“, so die Landrätin.

Die Verwaltung wird nun beauftragt, in zwei Jahren erneut eine Sortieranalyse durchführen zu lassen.

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