Textilindustrie

Forscher sind der Frage nachgegangen, wie die Textilbranche in eine Kreislaufwirtschaft transformiert werden kann. Ihre Antwort: durch eine gemeinsame Vision der Akteure. Und: durch einheitliche Sortierstandards und neue Recyclingtechnologien.

Kreislaufwirtschaft statt „fast fashion“


Das staatliche Technische Forschungszentrum Finnland (VTT) hat seinen Abschlussbericht zum Projekt ‚Relooping Fashion Initiative‘ veröffentlicht. Darin ist nachzulesen, wie es der Textilindustrie am Beispiel Finnland gelingen kann, von einer linearen Wirtschaft zu einer Kreislaufwirtschaft zu kommen. Demnach führt der Weg über ein System der gegenseitigen Unterstützung der Marktbeteiligten – von der Produktentwicklung bis zum Recycling.

Wie die Autoren schreiben, funktioniert die Zusammenarbeit für einige Teile der Wertschöpfungskette bereits gut. Als Beispiele nennen sie die Bereiche Textilproduktion & Design und Einzelhandel. Allerdings müsse bei der industriellen Verarbeitung darauf geachtet werden, dass sich zum Beispiel Knöpfe und Reißverschlüsse später besser entfernen lassen. Zudem müsse die Veredelung der Stoffe entsprechend den Verwendungsvorschriften erfolgen.


Alttextilien

Ökosystem der Unternehmen als Schlüssel zu einer Kreislaufwirtschaft in der Textilindustrie
Quelle: VTT Technical Research of Finland/Ethica

Auf Ebene der Sammlung sollte vor allem die Wiederverwendung gestärkt werden, heißt es im Bericht. Dafür seien Rücknahmelösungen im Handel oder öffentliche Rückgabepunkten etwa in Shopping-Centers sowie die Abgabe per Post sinnvoll. Nicht wiederverwendbare Textilien sollten direkt beim Verbraucher erfasst werden, damit sie nicht in der Verbrennung verloren gehen.

Hinsichtlich der Sortierung sollten einheitliche Sortierstandards etabliert werden. Als Beispiel nennen die Autoren den Prozess des deutschen Unternehmens Soex. Technische Lösungen sehen sie nicht als Mittel der Wahl.

Ein wesentlicher Fokus liegt den Autoren zufolge aber auf neuen Recyclingtechnologien. Das Interesse der Textilindustrie und insbesondere der großen Hersteller und Marken nehme zu. Diesbezüglich trägt der Bericht den aktuellen Stand zur Produktion von Zellulosefasern aus Alttextilien sowie andere Ansätze zusammen:


Tabelle

Quelle: VTT Technical Research of Finland/Ethica

In der Konsequenz rechnen die Autoren damit, dass der Einzelhandel den Verbrauchern in den nächsten Jahren zunehmend wiederverwertete und recycelte Textil- und Bekleidungslinien anbieten wird. „Diese können auf wiederverwendeten Materialien (Markenprodukte re-designed und up-cycled) oder auf neuen Stoffen aus recycelten Fasern basieren“, heißt es. In beiden Fällen werde von den Verbrauchern aber erwartet, dass die Produkte so gut wie neu sind.

Laut Bericht könnten die Textilhersteller hier ihre Kundenbindung nutzen und gleichzeitig ein neues Leistungsversprechen formulieren: ‚Wir als Hersteller sind daran interessiert, langlebige, nachhaltige und hochwertige Produkte anzubieten‘. Daraus ließen sich neue, rentable Geschäftsmodelle ableiten.

Darüber hinaus hoffen die Autoren, dass der Verbraucher Kleidung wieder zu schätzen lernt, diese also so lange wie möglich trägt. Die neu gewonnene emotionale Bindung könnte dann auch dazu beitragen, den Menschen zu bewegen, im Sinne der Abfallhierarchie zu handeln – alte Klamotten erst flicken, dann in die Wiederverwendung geben und schließlich ins Recycling.

Zahlreiche Projektpartner

Die Relooping Fashion Initiative war ein Pilotprojekt (2015 bis 2017). Beteiligt waren das Helsinki Metropolitan Area Reuse Centre (Bereitstellung von nicht zur Wiederverwendung geeigneten Kleiderspenden), der Entsorgungsdienstleister Suez/Remeo (mechanische Aufbereitung, Mahlen) und VTT (chemische Aufbereitung zu Cellulosefasern).

Darüber hinaus entwickelte Seppälä gemeinsam mit Pure Waste Textiles eine Bekleidungslinie aus den Fasern. Über Mehrwegverpackungen von RePack wurden innerhalb des Projekts Altkleider vom Verbraucher gewonnen. Weitere Projektpartner waren Ethica (Berater), Touchpoint (Hersteller von Arbeitsbekleidung ) und Lindström (Wäschemietservice).

In Finnland fallen pro Jahr 72 Millionen Kilogramm Alttextilien an. Davon werden lediglich 20 Prozent separat erfasst. Von diesen 14,4 Millionen Kilogramm werden 12 Millionen als Second-Hand-Textilien und Heimtextilien wiederverwendet. Weitere 1,1 Millionen Kilogramm werden recycelt und rund 1,4 Millionen Kilogramm Alttextilien werden verbrannt.

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