Verarbeitung von Kunststoffen

Es war ein Jahr der Superlative: Der Umsatz der Kunststoffhersteller war so hoch wie nie, auch die Anzahl der Beschäftigten erreichte einen Rekordwert. Aber es gibt auch Entwicklungen, die der Branche Sorgen bereiten.

Kunststoffindustrie feiert „Jahr der Superlative“


Die Kunststoffverarbeitende Industrie hat das Jahr 2016 gleich mit mehreren Rekorden abgeschlossen. So wurde bei den Umsätzen erstmals die Marke von 60 Milliarden Euro übersprungen. „Unsere Branche erwirtschaftete im Jahr 2016 einen Umsatz von 60,8 Milliarden Euro“, freute sich Dirk Westerheide, Präsident des Gesamtverbands Kunststoffverarbeitende Industrie (GKV) auf der gestrigen Jahrespressekonferenz.

Der starke Umsatz entspricht einem Plus von 3,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Dabei ist der Auslandsumsatz mit 22,5 Milliarden Euro um 3,6 Prozent etwas stärker gestiegen als der Inlandsumsatz, der bei 38,3 Milliarden Euro lag (Plus 2,8 Prozent). Insgesamt wurden in Deutschland 14,2 Millionen Tonnen Kunststoffe verarbeitet – das sind etwa 3,6 Prozent mehr als noch im Jahr zuvor. Und auch bei den Beschäftigten gibt es mit 317.000 in der Branche so viele wie noch nie.

Das gute Ergebnis zieht sich durch alle Branchensegmente der Kunststoffherstellung, sagte GKV-Hauptgeschäftsführer Oliver Möllenstädt. Besonders zugelegt hat der Umsatz im Bereich Bau: Mit 19,1 Milliarden Euro wurde 4,7 Prozent mehr umgesetzt als noch 2015. Produziert wurde mit 5 Millionen Tonnen ebenfalls etwas mehr (Vorjahr: 4,9 Millionen Tonnen).

Dabei war der Auftragseingang aus dem Neubaubereich besonders hoch. Eher enttäuschend war die Entwicklung im Nichtwohnungsbau. Laut Möllenstädt fehlt es unter anderem an Anreizen im Bereich der Sanierung.

100.000 Tonnen mehr Verpackungen als 2015

Auch im Bereich Verpackungen zog der Umsatz stark an. Hier gab es mit 14,2 Milliarden Euro ein Plus von 4,4 Prozent. Auch die Verarbeitung von Kunststoffen für diesen Bereich steigerte sich leicht: von 4,2 auf 4,3 Millionen Tonnen.

Laut Möllenstädt gab es hier in allen Produktsegmenten Zuwächse. Auch 2017 rechnet der Hauptgeschäftsführer mit einem positiven Jahr – trotz möglicher politischer Unwägbarkeiten.

Bei den technischen Teilen lag die Herstellung mit 3,3 Millionen Tonnen etwa 100.000 Tonnen über dem Wert von 2015. Der Umsatz stieg um 1,7 Prozent auf 17,9 Milliarden Euro. „Maßgeblich hierfür war die grundsätzlich stabile Nachfrage nach den Endprodukten, in die die technischen Kunststoffteile verbaut werden“, so Möllenstädt.

Gleichzeitig warnte der Hauptgeschäftsführer, dass immer mehr Investitionen an ausländischen statt inländischen Standorten getätigt werden. „In diesem Kontext verdichten sich Indizien, die auf die lange angekündigte Abwanderung der deutschen Produktion hindeuten.“ Schuld seien unter anderem die hohen Strompreise.

Und auch die Konsumprodukte waren im Plus: Der Umsatz verbesserte sich um 2 Prozent auf 9,6 Milliarden Euro, die Produktion erhöhte sich um rund 200.000 Tonnen auf 1,3 Millionen Tonnen. „Innovationen, ein hohes Entwicklungstempo und die hohe Qualität der deutschen Produkte sichern der Branche auch im internationalen Wettbewerb eine gute Positionierung“, sagte Möllenstädt. Belastet sei die Sparte allerdings unter anderem durch Billigimporte und Plagiate.

Für den Bereich faserverstärkte Kunststoffe und Composites weist der GKV noch keine eigenen Zahlen aus, da diese in die vier anderen Segmente integriert sind. Für Europa berichtet Möllenstädt von einem Produktionsvolumen von rund 2,8 Millionen Tonnen. Der deutsche Markt entwickele sich mit fast fünf Prozent Wachstum deutlich überdurchschnittlich und sei mittlerweile zum größten Einzelmarkt in Europa geworden. Vor allem Kohlenstofffaserverstärkter Kunststoff (CFK) entwickle sich mit einem Wachstum von acht bis zehn Prozent hochdynamisch.


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Strompreise als größtes Problem der Branche

Bei all den guten Zahlen stellt sich die Situation für die einzelnen Unternehmen laut einer Umfrage unterschiedlich dar. Zwar konnte die Mehrheit von Zuwächsen berichten, doch auch die Zahl derer, die weniger umsetzte, stieg an. Mit 57 Prozent erwartet immerhin mehr als Hälfte für 2017 steigende Umsätze.

Sorgen bereiten der Branche vor allem die steigenden Stromkosten. 31 Prozent der Kunststoffverarbeiter gaben an, dass ihre Wettbewerbsfähigkeit durch die hohen Strompreise stark belastet ist, 57 Prozent empfinden die Strompreise als belastend. Ebenfalls ein Problem: Der Fachkräftemangel. 70 Prozent der Unternehmen sehen sich damit konfrontiert.

Auch der Brexit und das mögliche Aus des Freihandelsabkommens TTIP beschäftigt die Unternehmen. Fast die Hälfte befürchtet hier negative Auswirkungen auf die Geschäfte. Grundsätzlich aber blickt die Branche optimistisch nach vorne. 2017 biete „enorme Chancen, für unsere Industrie und die deutsche Wirtschaft insgesamt“, sagte Westerheide und zählte unter anderem den 3D-Druck mit Kunststoff, die Industrie 4.0 und den Trend zur Elektromobilität auf.

© 320°/ek | 02.03.2017

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