Gespräche zur Qualitätssicherung

Seit Jahren beklagen Kunststoffrecycler, dass die Qualität des Inputmaterials immer schlechter wird. Inzwischen schöpft die Branche vorsichtig Hoffnung auf Besserung. Die Gespräche mit dualen Systemen und dem Handel scheinen zu fruchten.

Kunststoffrecycler: „Wir werden endlich gehört“


In die Diskussion um schlechtes Inputmaterial für Kunststoffrecycler kommt Bewegung. „Wir rufen nicht mehr nur die Prärie, sondern werden endlich gehört“, sagte bvse-Sprecher Jörg Lacher am Dienstag auf dem Altkunststofftag des Verbands in Bad Neuenahr. „Wir sind in ernsthaften Gesprächen den dualen Systemen und dem Handel.“

Seit Jahren beklagen die Mitgliedsunternehmen, dass die Qualität des Materials, das sie von Sortieranlagen geliefert bekommen, sich stetig verschlechtert. Besonders eklatant sei dies bei den Mischkunststoffen. „Eine Studie von GBP-Quality hat ergeben, dass der Anteil an nicht spezifikationsgerechten Mischkunststoffanlieferungen zwischen 75 und 100 Prozent beträgt“, sagte Dirk Textor, Vorsitzender des bvse-Fachverbands Kunststoffrecycling. „Wir holen uns immer mehr Material aus dem Ausland, weil die Qualitäten deutlich besser sind“, ergänzte bvse-Vizepräsident Herbert Snell.

Die Schuld gibt der bvse vor allem dem hohen Preisdruck, den die dualen Systeme ausüben. „Die Systeme können ja nur über den Preis – also die Lizenzentgelte – in Konkurrenz treten. Den Preisdruck üben sie dann auf der anderen Seite auf die Sortierer aus, und die Qualität leidet“, sagte Snell.

Als DSD noch das Monopol auf dem Markt gehabt habe, seien die Qualitäten deutlich besser gewesen, sagte der bvse-Vizepräsident. „Was aber natürlich nicht heißt, dass wir uns das Monopol zurückwünschen“, betonte er. Vielmehr werde versucht, mit den dualen Systemen und dem Handel zu sprechen, um die Sortierung zu verbessern.

Verhandlungen über Preiserhöhungen

Unterm Strich muss dafür mehr Geld in die Verpackungsverwertung gesteckt werden. „Der Handel ist aber durchaus bereit, sich finanziell zu beteiligen“, sagte Textor. „Allerdings will niemand für die Lizenzierung mehr zahlen als der Konkurrent bei einem anderen Systembetreiber. Also müssten alle dualen Systeme ihre Preise anheben.“ Mit DSD sei man dazu bereits in Gesprächen.

Damit bei einem kollektiven Anheben der Lizenzierungsgebühren nicht das Bundeskartellamt auf den Plan gerufen wird, hofft der bvse, dass dieser Impuls durch höhere Quotenvorgaben im geplanten Wertstoff-/Verpackungsgesetz erreicht werden kann. „Die höheren Quoten erhöhen den Druck, dass das Material besser sortiert wird, da es dann nicht mehr möglich sein wird, die schlechten Qualitäten in den Mengen in die Verbrennung zu geben“, erklärte Snell.

Dass möglicherweise durch die bessere Sortierung das Material auch teurer werde, ist laut bvse für die Recycler zu verkraften. „Wenn ich stattdessen nicht mehr 20 sondern nur noch beispielsweise 2 Prozent Ausschuss habe, dann kann ich auch mehr für den Input bezahlen“, sagte Snell.

„Das wäre ein großer Fortschritt“

Bezüglich der seit langem geforderten Anhebung der Quoten für Kunststoffrecycling zeigt sich der bvse hoffnungsvoll, dass die höheren Quoten doch noch umgesetzt werden. „Unsere Forderung nach höheren Quoten ist in einem neuen Gesetzentwurf aufgegriffen worden“, sagte Snell mit Blick auf den dritten Arbeitsentwurf des Bundesumweltministeriums zum Wertstoffgesetz. „Hier wird eine Recyclingquote von 63 Prozent der erfassten Kunststoffabfälle vorgesehen. Das ist technisch möglich und wirtschaftlich umsetzbar und wäre ein großer Fortschritt.“

Die Beratungen und Diskussionen der letzten Monate haben nach Ansicht des bvse deutlich gezeigt, dass das ursprünglich geplante Wertstoffgesetz politisch nicht durchsetzbar ist. Der durch das Hinzunehmen der stoffgleichen Nichtverpackungen entstandene Streit, ob die Erfassung der Wertstoffe aus privaten Haushaltungen unter privater oder unter kommunaler Regie erfolgen soll, war nicht zu lösen und hat alles blockiert.

Deshalb habe sich der bvse mit Industrie, Handel und den kommunalen Verbänden intensiv beraten. „Der bvse tritt dafür ein, die Dinge zu regeln, für die weitgehend Konsens hergestellt werden kann“, so bvse-Hauptgeschäftsführer Eric Rehbock. „Wir benötigen so viel Klarheit wie möglich, um ein innovations- und investitionsfreundliches Klima für die Kunststoffrecyclingbranche zu schaffen. Blinde Verweigerungshaltung bringt uns hier nicht weiter.“

Wie eine Neuregelung technisch vorgenommen wird, über ein Wertstoff-, ein Verpackungsgesetz, eine neue Novelle der Verpackungsverordnung oder eine Kombination aus Verordnung und gesetzlicher Regelung, ist für den bvse Nebensache. „Ziel muss sein, noch in dieser Legislaturperiode zu einem Ergebnis zu kommen. Die Zeit hierfür ist knapp, aber eine Umsetzung wäre noch möglich. Hier ist jetzt entschiedenes Handeln gefragt“, betonte Snell.

© 320°/ek | 22.06.2016

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