Neue Materialien und kürzere Produktlebenszyklen

Im Kupferschrott finden sich immer mehr High-Tech-Produkte. Die Schrotte werden dadurch komplexer, der Anteil der Metalle sinkt. Aber auch der Produktlebenszyklus wird kürzer. Die Folge: Recycler müssen sich immer schneller auf neue Materialzusammensetzungen einstellen.

Kupferrecycling wird komplizierter und teurer


Das Kupferrecycling wird immer komplexer. Vorbei sind die Zeiten, als Kupferschrotte vor allem aus Rohren oder Boilern bestanden. Heute finden sich immer mehr High-Tech-Produkte mit komplexen Verbindungen aus Metallen und Nichtmetallen im Kupferschrott. Die Folgen für das Recycling sind gravierend. Denn das wird immer aufwendiger und damit teurer.

„Das traditionelle Kupferrecycling wird zunehmend durch High-Tech-Recyclingmethoden für komplexe Rohstoffe abgelöst“, sagt Marcus Kartenbeck, der für Aurubis den Einkauf von Kupfer- und Legierungsschrotten am Recyclingstandort in Lünen leitet. Neben den klassischen Altprodukten wie Rohre oder Boiler kommen immer mehr Elektroschrotte und industrielle Produktionsrückstände bei den Recyclingunternehmen an. „Diese haben einen geringen Kupferanteil und sind von anderen Wertstoffen wie Kunststoff und Aluminium durchsetzt“, sagt Kartenbeck. Aber auch die fortschreitende Miniaturisierung der Produkte spielt eine Rolle. Die Gleichung lautet: immer weniger Gewicht, immer weniger Metalle, immer mehr organische Rohstoffe. „Daran muss sich das Recycling anpassen“, betonte Kartenbeck vor kurzem bei der Copper Scrap Conference des Metal Bulletin in Stockholm.

Hersteller ersetzen teure Metalle

Die zunehmende Komplexität der Kupferschrotte macht das Recycling zwangsläufig kostspieliger. Das fängt bereits bei der Probennahme an. Je komplexer das Material, desto komplexer die Qualitätsanalyse. Die Bemusterung wird dadurch wesentlich schwieriger, teurer und zeitaufwendiger.

Eine möglichst präzise Ermittlung der Wertstoffanteile der angelieferten Recyclingmaterialien ist jedoch unerlässlich. Schon allein wegen der hohen Metallpreise. Eine detaillierte Analyse der Inputmaterialien ist darüber hinaus wichtig für den Recyclingprozess selbst. „Nur so kann man die Chargen für die Schmelzöfen so zusammenstellen, dass man den optimalen Wirkungsgrad erreicht“, erklärt Kartenbeck. Doch die teilweise hohen Metallpreise führen indirekt zu einem sinkenden Schrottwert und Erlösen. „Die Hersteller versuchen natürlich überall da, wo es möglich ist, teure Edelmetalle und Komponenten durch billigere Metalle zu ersetzen“, berichtet der Aurubis-Manager.

Ein weiterer Trend sind die immer kürzer werdenden Produktlebenszyklen. Die Produktentwicklung beschleunigt sich dadurch extrem, Recycler müssen sich und ihre Verfahren also immer schneller auf immer neue Materialzusammensetzungen einstellen und vorbereiten. Vereinfacht gesagt, braucht es für jede neue Kupferanwendung eine neue Recyclingtechnologie.

Für Recycler gibt es deshalb aus Kartenbecks Sicht nur einen Weg, um kommende Entwicklungen antizipieren zu können: „Ein intensiver Kontakt mit unseren Kunden auf der Produktseite und unseren Lieferanten ist unerlässlich, um uns auf die zukünftigen Stoffströme einstellen zu können“, beschreibt der Recyclingexperte den Ansatz, den Aurubis verfolgt. In enger Zusammenarbeit mit den Herstellern müsste nach Recyclinglösungen gesucht werden, die sowohl die Bedürfnisse der Produzenten als auch der Kupferhütten berücksichtigen.

Der Blei-Bann und seine Folgen

Einen großen Effekt können auch europäische Rechtsvorschriften ausüben. Das machte Dirk Goris, Senior R & D Manager beim belgischen Bergbau- und Metallverarbeitungsunternehmen Metallo-Chimique, in seinem Vortrag deutlich. „Einschränkungen oder Verbote bei einem Metall können sich direkt auf das Recycling anderer Metalle auswirken“, bestätigte er.

Ein Paradebeispiel dafür ist der Blei-Bann, der durch die RoHS-Richtlinie und die Chemikalienverordnung REACH verhängt wurde. Bleihaltige Kupferlegierungen wurden in der Vergangenheit für vielfältige Zwecke verwendet. Als Substitut für Blei wird nun vor allem Bismut, aber auch Silizium verwendet. Mit den klassischen pyrometallurgischen Verfahren, d. h. dem Einschmelzen und Raffinieren in Ofenanlagen, sei es aber nahezu unmöglich, das Bismut vom Kupfer zu trennen, berichtet Goris. Abhilfe verspricht auch die elektrolytische Raffination nicht. Damit scheint eine Separierung zwar nicht unmöglich zu sein, Goris stuft es jedoch als ein schwieriges Unterfangen ein.

Kein Wunder also, dass Bismut kein gern gesehener Gast bei den Kupferschmelzen ist. „Wird ein bestimmter Grenzwert überschritten, könnte es sogar geschehen, dass das Material nicht zur Bearbeitung angenommen wird“, warnt der Metallo-Chimique-Manager.

Weniger Probleme bereitet dagegen Silizium. Das Halbmetall könne völlig problemlos von Kupfer abgetrennt werden, erklärte Goris. Doch sei Silizium eigentlich nicht relevant, da es den pyrometallurgischen Vorgang sowieso „nicht überlebe“. Sprich: Es bleibt als Siliziumoxid in der Schlacke zurück.

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