Einführung der Getrennterfassung

Ein weiterer Landkreis probt den Aufstand: Der ländlich geprägte Kreis Sigmaringen will die Biotonne nicht einführen. Die Kosten wäre zu hoch, der Nutzen zu klein. Das letzte Wort hat das Umweltministerium in Baden-Württemberg.

Landkreis Sigmaringen stemmt sich gegen Biotonne


Um zu überprüfen, ob sich eine Getrennterfassung durch die Biotonne lohnt, hat der baden-württembergische Landkreis Sigmaringen bereits vor knapp zwei Jahren das bifa Umweltinstitut beauftragt, den Rest- und Sperrmüll zu analysieren. Dabei hat sich herausgestellt, dass jeder Bürger jährlich lediglich 6,6 Kilogramm nativ-organisches Material über den Restmüll entsorgt. Die geringe Menge organisches Material wird im Müllheizkraftwerk Ulm Donautal energetisch verwertet und zeugt nach Darstellung des Landkreises von einer hohen Eigenkompostierung.

Der restliche anfallende Grünabfall wird über Bündelsammlung und rund 25 Recyclinghöfe gesammelt. Auf diese Weise kommen rund 100 Kilogramm pro Einwohner und Jahr zusammen. „Im sehr ländlich strukturierten Landkreis Sigmaringen werden auch ohne eine flächendeckend eingeführte Biotonne bereits sehr hohe Mengen an Bio- und Grünabfällen getrennt erfasst“, heißt es entsprechend in der Beschlussvorlage des Werkausschusses.

Für die Ausschussmitglieder ist deshalb klar, dass der Status-Quo ausreicht und die Biotonne nicht nötig ist. Dennoch wurde in einer weiteren Studie untersucht, was die zusätzliche Tonne bringen könnte. Der Studie zufolge wären das im besten Fall 21 Kilogramm Bioabfall pro Einwohner und Jahr, in der schlechtesten Variante jedoch nur 4 Kilogramm. In der Minimalvariante würden für die Erfassung und Verwertung jährlich rund 1,32 Millionen Euro Kosten auf den Landkreis zukommen. Im Maximalfall wären es 2,15 Millionen Euro.

Aus Sicht des Landkreises gibt es somit keinen Grund, der die Einführung der Biotonne rechtfertigt. Der Kreis beruft sich dabei auf die Checkliste in der Broschüre „Ökologisch sinnvolle Verwertung von Bioabfällen – Anregungen für kommunale Entscheidungsträger“, die vom Bundesumweltministerium und vom Umweltbundesamt herausgegeben wurde. Demnach besteht dann kein Bedarf für die Einführung einer Biotonne, wenn:

  • es nachvollziehbare Gründe gibt, die gegen die Einführung eines separaten Erfassungssystems für Bioabfälle sprechen (z.B. die Siedlungsstruktur)
  • mehr als 2/3 der Haushalte eine Eigenkompostierung betreiben
  • eine hohe spezifische Erfassung (von mehr als 100 kg/E/a) von Grünabfällen erfolgt und
  • der Organikanteil im Restmüll laut Hausmüllanalyse unter 1/3 liegt

Nach Auffassung des Landratsamtes werden im Kreis Sigmaringen alle 4 Anforderungen erfüllt. „Eine getrennte Sammlung der Bioabfälle im sehr ländlich geprägten Landkreis Sigmaringen würde die Abfallgebühren deutlich erhöhen und wäre unverhältnismäßig“, heißt es in der Beschlussvorlage.

Das letzte Wort hat nun das Umweltministerium in Baden-Württemberg. In der Antwort auf eine Kleine Anfrage aus dem Jahr 2012 hatte das Ministerium schon damals deutlich gemacht, dass eine Gebührenerhöhung von 20 Prozent noch zumutbar sei. Aber auch das schreckt den Landkreis nicht ab. Er hat nämlich vorgerechnet, dass die Einführung der Biotonne eine Gebührensteigerung von weit über 20 Prozent zur Folge hätte. Im schlechtesten Fall würden die Gebühren für einen3-Personenhaushalt sogar um rund 60 Prozent steigen. Somit bleibt mit Spannung abzuwarten, ob sich der Landkreis mit seiner Argumentation durchsetzen wird. Eine Entscheidung soll noch in der ersten Jahreshälfte fallen.

© 320°/ek | 12.01.2015

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