Mangelhafte Transparenz und Manipulationsvorbeugung

Gestern noch hat die Initiative GemIni vor falschen Illusionen hinsichtlich der Einigung der dualen Systeme gewarnt, nun legt der Markenverband nach: Schon seit drei Monaten würden die dualen Systeme sich weigern, wichtige Fakten offenzulegen. Die Finanzierungszusage des Handels gerät nun wieder ins Wanken.

Markenverband: Duale Systeme gefährden Finanzierungszusage


Erst gestern hatte der Sprecher von GemIni, Hartmut Gaßner, davor gewarnt, die Einigung der dualen Systeme über das Mengenclearing und die Kostenverteilung für 2014 als dauerhaft anzusehen. „Niemand soll sich Illusionen hingeben, was die Halbwertszeit der Einigungen der dualen Systeme angeht. Hier ist ein privatwirtschaftliches Gewinnstreben am Wirken, das über Jahre bewiesen hat, kein stabiles Fundament für Entsorgungssicherheit zu bieten“, erklärte der Berliner Anwalt.

Nun bekommen die dualen Systeme auch Gegenwind aus dem Handel. Der Markenverband wirft den Systembetreibern vor, ihrer Verantwortung nicht nachzukommen. An die Finanzhilfen für die dualen Systeme seien klare Bedingungen geknüpft, welche die dualen Systeme zu Transparenz und Manipulationsvorbeugung verpflichten, erinnert der Verband. In dem gestrigen Treffen mit Vertretern der dualen Systeme hätten die Systembetreiber aber noch immer keine konkreten Lösungsvorschläge für die Bedingungen präsentiert.

„Seit drei Monaten kommen die dualen Systeme ihrer Verantwortung für die Stabilisierung des Systems durch die Offenlegung konkreter Fakten nicht nach“, beklagt der Markenverband. Handel und Industrie hatten unter anderem von den dualen Systemen gefordert, einheitliche Regeln für ein transparentes und missbrauchsresistentes Mengenclearing ab dem 1.1.2015 vorzulegen – inklusive der Einbeziehung so genannter Lizenzmakler. Ferner sollten die Vorgänge, die zur Liquiditätslücke des dualen Systems geführt haben, transparent dargestellt werden. Doch wie der Markenverband moniert, seien die seit März bekannten Forderungen des Verbandes nach Dokumentation des Entstehens der Liquiditätslücke sowie nach Vorlage des nun ausgehandelten Clearingvertrages bis heute nicht erfüllt worden.

„Damit gefährden die dualen Systeme die Grundlagen zur Gewährung von Finanzhilfen“, stellt der Verband klar. „Offenbar scheint der Ernst der Lage bei den dualen Systemen noch nicht vollständig erkannt worden zu sein“, sagte Dominik Klepper, Leiter Wirtschaftspolitik/Umwelt/Nachhaltigkeit im Markenverband. Ansonsten sei nicht erklärlich, warum die geforderten Unterlagen bisher nicht vorgelegt wurden.

Keine neuen kommunalen Anlagen

Die dualen Systeme hatten in der vergangenen Woche mitgeteilt, sich in Bezug auf das Mengenclearing und die Kostenverteilung für 2014 und die Folgejahre geeinigt zu haben. Die Initiative GemIni erklärte inzwischen, an der Forderung der Abschaffung der dualen Systeme festzuhalten. Die Entsorgung der Verpackungsabfälle aus privaten Haushalten könne nur von den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern (örE) „dauerhaft, kosteneffizient und transparent“ geleistet werden, erklärte Gaßner.

Wie der Berliner Anwalt hervorhob, verstehe sich GemIni als ein Zusammenschluss, „der die breiten Kooperationsmöglichkeiten von öffentlichen Aufgabenträgern und privater Entsorgungswirtschaft unterstreicht“. „GemIni spricht sich gegen neue kommunale Anlagen im Bereich Sortierung und Verwertung aus“, betonte Gaßner. „Die örE entsorgen die Haushalte, die Privaten bauen die Infrastruktur für die Fortentwicklung der Wertstoffwirtschaft in Deutschland aus. Aber die dualen Systeme verursachen nur Streit und Mehrkosten ohne abfall- und volkswirtschaftliche Vorteile.“

Hinsichtlich der Finanzierung der Verpackungsentsorgung unter kommunaler Verantwortung bringt Gaßner nun wieder eine Sonderabgabe der Hersteller ins Spiel. Damit reagiert der Anwalt offenbar auf die Kritik verschiedener Kommunen, die Entsorgung über Gebühren zu finanzieren. Eine solche Sonderabgabe hatte der Anwalt bereits bei der Berliner Recyclingkonferenz im März als Option genannt. Allerdings beschrieb er sie als suboptimal, weil gegebenenfalls das Bundesverfassungsgericht eine solche Sonderabgabe prüfen und mit ungewissem Ausgang bewerten könnte.

Gaßner erklärte nun, dass sich GemIni auch eine solche zweckgebundene Sonderabgabe der Produktverantwortlichen vorstellen könne, wenn die Inanspruchnahme nicht länger über Lizenzentgelte der dualen Systeme erfolgt. Diese Einnahmen würden dann den örE zugeleitet, die hierüber die Kosten der Erfassung der Verpackungsabfälle und der stoffgleichen Nichtverpackungen mitfinanziert erhalten.

Auch Privatwirtschaft würde profitieren

Was aber im Wertstoffgesetz weiterhin gelöst werden muss, sei die Organisation der Sortierung und Verwertung der erfassten Abfälle. „Wer die Abschaffung der dualen Systeme ernsthaft verfolgt, kommt hier an einer Verantwortlichkeit der örE nicht vorbei“, betonte der Anwalt. „Allein die örE sind nach Ablösung der dualen Systeme in der Lage, eine Ausschreibung dieser Entsorgungsschritte durchzuführen und zwar nach den bewährten und rechtssicheren Regelungen der VOL.“

Die private Entsorgungswirtschaft umgarnt Gaßner mit der Aussicht auf langfristige Investitionssicherheit und einen Ausbau der Wertstoffwirtschaft über ambitionierte Erfassungs- und Recyclingquoten. Hierzu hat die GemIni einen Stufenplan entwickelt, der eine Mehrmenge von 5,6 bis 7,8 Millionen Tonnen pro Jahr an zu verwertenden Wertstoffen vorsieht. GemIni fordert den Ausbau des Recyclings, stellte Gaßner klar. Die Initiative wende sich entschieden gegen eine aufwändige Wertstofferfassung, „die lediglich in die Müllverbrennung mündet“.

Gaßner setzt nun auf den Entwurf des Wertstoffgesetzes, den das Bundesumweltministerium im Herbst vorlegen will. Er hofft auf eine kommunale Entsorgungsverantwortung für Erfassung, Sortierung und Verwertung. Dabei soll die Aufgabenteilung und Kooperation zwischen öffentlicher und privater Entsorgungswirtschaft gefördert werden. Und zwar „ohne dass sich die dualen Systeme als unzuverlässige Kostgänger dazwischen drängen können.“

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