Streichung der Heizwertklausel

Mit der Streichung der Heizwertklausel wird mehr Material in die stoffliche Verwertung gelangen. Betroffen sind davon aber nur drei Abfallströme. Auch sind die Mengen überschaubar, wie die Schätzungen zu den Zahlen zeigen.

Mehr Material für Altreifen-Recycler


Der Bundesrat hat am vergangenen Freitag (14. Oktober) dem Gesetzentwurf zur Streichung der Heizwertklausel zugestimmt. Die Klausel besagt, dass die energetische Verwertung von Abfällen mit der stofflichen gleichgestellt ist, sofern der Heizwert der betreffenden Abfälle höher als 11.000 Kilojoule ist. Mit dem Wegfall der Klausel wird künftig die stoffliche Verwertung einen klaren Vorrang gegenüber der energetischen Verwertung erhalten. Eine Abweichung wird dann nur noch in begründeten Einzelfällen möglich sein.

Die Bundesregierung hat bereits vor einiger Zeit die Auswirkungen der Heizwertklausel abschätzen lassen. Demnach sind von der Klausel die Abfallströme gewerbliche Siedlungsabfälle, nicht mineralische Bau- und Abbruchabfälle sowie Klärschlämme, Altreifen, Sperrmüll und gefährliche Abfälle aus der chemischen Industrie betroffen. Die Streichung der Klausel wird voraussichtlich aber nur Auswirkungen auf die Abfallströme Altreifen, Sperrmüll und gefährliche Abfälle aus der chemischen Industrie haben.

Denn für alle anderen Abfallströme sind spezifische Verordnungen geplant, die eine spezielle Vorrangregelung für die stoffliche Verwertung vorschreiben, so dass die Heizwertregelung ohnehin nicht mehr zur Anwendung kommt. Im Einzelnen sind dies die geplante Gewerbeabfallverordnung, die den Umgang mit gewerblichen Siedlungsabfällen und nicht mineralischen Bau- und Abbruchabfällen regelt, sowie die Klärschlammverordnung und das geplante Verpackungsgesetz, das den Vorrang der stofflichen Verwertung für Kunststoffabfälle beschreibt.

Altreifen: 20 Euro mehr für die stoffliche Verwertung

Für den Stoffstrom Altreifen geht die Bundesregierung davon aus, dass nach der Streichung der Heizwertklausel zusätzlich 80.000 Tonnen in die stoffliche Verwertung gelangen werden. Für rund 120.000 Tonnen Altreifen wird die energetische Verwertung aber weiterhin möglich sein, weil hier nach Einschätzung der Bundesregierung die Ausnahmekriterien greifen werden. Das bedeutet, dass für die 120.000 Tonnen entweder die Verbrennung nach eingehender Prüfung weiterhin gleichrangig oder sogar vorrangig sein wird oder die stoffliche Verwertung technisch unmöglich oder wirtschaftlich nicht zumutbar ist.

Die Besitzer von Altreifen, die künftig stofflich statt energetisch verwerten müssen, werden sich unterdessen auf höhere Kosten einstellen müssen. Nach den Zahlen der Bundesregierung ist die stoffliche Verwertung etwa 20 Euro pro Tonne teurer als die Mitverbrennung. Auch die Betreiber von Zementwerken, dem Hauptabnehmer der Altreifen, müssen tiefer in die Tasche greifen. Laut Bundesregierung ist der Einkauf anderer Energieträger als Altreifen etwa 75 Euro je Tonne teurer.

Sperrmüll: Kaum Auswirkungen

Bei Sperrmüll sind die Folgewirkungen aus dem Wegfall der Heizwertklausel geringer. Hier geht die Bundesregierung davon aus, dass ebenfalls nur 80.000 Tonnen Sperrmüll zusätzlich stofflich verwertet werden. Rund 720.000 Tonnen könnten aber weiterhin energetisch verwertet werden, weil die entsprechenden Ausnahmekriterien erfüllt werden.

Dabei kommen auf diejenigen Abfallerzeuger, die Sperrmüll künftig in die stoffliche Verwertung geben müssen, ebenfalls Zusatzkosten von 20 Euro je Tonne zu. Für die Betreiber von Müllverbrennungsanlagen hingegen sind die Kosten laut Bundesregierung vernachlässigbar. Denn die überwiegende Menge des Sperrmülls wird ohnehin verbrannt, so dass die Kosten, die den Anlagenbetreibern durch den Wegfall von 80.000 Tonnen Sperrmüll und gegebenenfalls die Beschaffung von Ersatzmaterialien entstehen, angesichts der Gesamtkapazitäten und der aktuellen Auslastungssituation gering seien.

Gefährliche Abfälle: Chemische Industrie zahlt drauf

Etwas höher liegt der Anteil der gefährlichen Abfälle aus der chemischen Industrie, die künftig stofflich verwertet werden. Nach Einschätzung der Bundesregierung werden in Zukunft 100.000 Tonnen zusätzlich recycelt. Zugleich würden aber rund 400.000 Tonnen aufgrund des Vorliegens von Ausnahmetatbeständen weiterhin in die energetische Verwertung gehen.

Auch der Unterschied hinsichtlich der Kosten ist größer. Die Bundesregierung geht davon aus, dass die stoffliche Verwertung für die Abfallbesitzer rund 100 Euro je Tonne teurer ist als die Mitverbrennung. Ferner müssen auch die Verbrennungsanlagen für die Kompensation der 100.000 Tonnen, die künftig stofflich verwertet werden, mehr bezahlen. So lägen die Kosten für den Einkauf anderer Energieträger als gefährlichen Abfall aus der chemischen Industrie ebenfalls rund 100 Euro höher, meint die Bundesregierung. Gleichwohl gehe die Wirtschaft davon aus, dass sie de facto nur 50.000 Tonnen Abfall ersetzen wird.

Nach dem Bundesrat muss nun auch der Bundestag dem Gesetzentwurf zur Streichung der Heizwertklausel zustimmen. Voraussichtlich wird das Verfahren bis Ende des Jahres abgeschlossen sein, so dass die Regelung kurze Zeit danach in Kraft treten kann.

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