Illegale Abfallentsorgung

Müllschieber dürfen in Brandenburg auf milde Strafen hoffen. Denn in vielen Fällen vergehen Jahre, bis es zu einem Gerichtsverfahren kommt. Je länger aber das Warten auf die gerichtliche Aufarbeitung dauert, umso großer fällt der Abschlag bei der Strafbemessung aus.

Milde Urteile für Müllschieber in Brandenburg


Brandenburg steht bei zwielichtigen Müllschiebern hoch im Kurs. Mehr als 100 illegale Deponien mit insgesamt rund drei Millionen Tonnen Abfall zeugen davon. Das Geschäft ist so lukrativ wie der Drogenhandel. Es locken ähnlich hohe Gewinnmargen. Die drohenden Strafen dagegen sind vergleichsweise gering.

Dass ein Mülldealer ins Gefängnis muss, kommt selten vor. Von 1994 bis 2015 gab es in Brandenburg wegen illegaler Müllgeschäfte exakt 778 Verurteilungen. Hinter Gittern ging es aber nur in neun Fällen. Das geht aus Zahlen des Justizministeriums hervor, die 320° vorliegen.

Demnach zeigten sich die Gerichte oftmals gnädig. Zwar verhängten sie insgesamt 57 Mal eine Freiheitsstrafe, setzten diese Strafe aber in den meisten Fällen zur Bewährung aus. Das Gros der Müllschieber kam ganz ohne Androhung von Gefängnis davon. In 90 Prozent ihrer Urteile beließen es die Richter bei einer Geldstrafe.

Überlastete Gerichte

Als Grund für die milden Urteile gilt die lange Verfahrensdauer. Die Gerichte ziehen andere Verbrechen wie Drogenhandel, Vergewaltigung, Raub, Mord und Totschlag vor. Beim jüngsten Müll-Fall, dem sogenannten Markendorf-Komplex, dauerte es sieben Jahre von der Anklage bis zur Gerichtsverhandlung. Erst im Mai dieses Jahres, kurz bevor die Sache zu verjähren drohte, ging es los. Ende Juli verurteilte dann das Landgericht Potsdam die vier Männer, die in der Kiesgrube Markendorf (Landkreis Teltow-Fläming) unerlaubterweise zehntausende Kubikmeter Abfall verscharrten, zu Geld- und zu Bewährungsstrafen.

Das jahrelange Warten auf die juristische Aufarbeitung begründete der Vorsitzende Richter mit der „hohen Arbeitsbelastung“ des Gerichts. Wegen Personalmangel hatte das Landgericht den Termin für die Hauptverhandlung mehrfach verschoben. Diese „rechtsstaatswidrige Verzögerung“, so der Richter, habe zu einem „erheblichen Abschlag bei der Strafzumessung“ geführt. Mit anderen Worten: Hätte sich das Gericht früher mit dem Fall befasst, hätten die Müll-Ganoven mit härteren Strafen rechnen müssen.

Härtestes Urteil

Vier Jahre und drei Monate Freiheitsstrafe – so lautete das härteste Urteil, das bislang gegen einen Müllschieber in Brandenburg rechtskräftig wurde. Es traf 2013 den Unternehmer Bernd R., der sieben Jahre zuvor in alten Deponien illegalerweise neuen Abfall verklappt hat. Die gesetzlich zulässige Höchststrafe für „unerlaubten Umgang mit Abfällen“ sind fünf Jahre Freiheitsentzug.

Schon 2012 – das belegen die Zahlen des Justizministeriums ebenfalls – mussten zwei Mülldealer den Gang ins Gefängnis antreten. Die Umweltsünde, die sie auf dem Gewissen haben, war da bereits sechs Jahre alt. Ihnen wurden zwischen zwei und drei Jahren Haft aufgebrummt.

Im Kampf gegen die illegale Müllentsorgung war das fast schon alles an juristischer Härte. Die wenigen anderen Freiheitsstrafen, die seit 1994 vollstreckt wurden, lagen allesamt unter zwei Jahren, größtenteils deutlich darunter.

Die Strafen sind gering, der Schaden, den die Verurteilten angerichtet haben, ist jedoch hoch. Mindestens 300 Millionen Euro würde es beispielsweise kosten, alle illegalen Halden in Brandenburg zu beräumen. Weil das Land dieses Geld nicht ausgeben will, bleiben die Abfälle einfach liegen. Sie liegen auch noch da, wenn die Verursacher ihre Strafe längst abgesessen haben.

 

320°/mb

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