Fachkräftemangel

Wie viele andere Branchen kämpft auch die Entsorgungswirtschaft mit zunehmendem Fachkräftemangel. Entspannung könnte die neue Flexirente bringen: Mit ihr können Arbeitnehmer auch über das Rentenalter hinaus weiterarbeiten. Wir stellen Ihnen das Modell vor.

Mit der Flexirente gegen den Fachkräftemangel


Der Fachkräftemangel spitzt sich immer mehr zu. Nach Angaben der Online-Jobbörse Stepstone lag das Angebot an offenen Stellen für Fach- und Führungskräfte im Januar 10 Prozent höher als im Vorjahresmonat. Im gesamten Jahr 2016 wurden 22 Prozent mehr gut ausgebildete Arbeiter nachgefragt, also noch 2015.

Der Trend dürfte sich noch verschärfen, da in den kommenden Jahren ein Großteil der gut ausgebildeten Arbeiter das Rentenalter erreichen wird. Eine aktuelle Studie des Personaldienstleisters Randstad zeigt, dass 94 Prozent der Unternehmen aktuell Fachkräfte beschäftigen, die mindestens 55 Jahre alt sind.

Erschwerend kommt hinzu, dass sich laut Studie vor allem Facharbeiter für den vorzeitigen Ruhestand entscheiden. Sie nutzen die vor drei Jahren geschaffene Möglichkeit, schon mit 63 Jahren in Rente zu gehen, sofern sie mehr 45 Beitragsjahre vorweisen können. Laut Randstad sind 64 Prozent der Arbeitnehmer, die diese Möglichkeit wählen, Facharbeiter. Das große Problem dabei: Nicht mal die Hälfte der Firmen bemüht sich, ihre älteren Mitarbeiter durch attraktive Angebote weiter im Unternehmen zu halten.

Eine gute Unterstützung könnte die neu geschaffene Flexirente leisten. Das neue Rentenmodell wurde im vergangenen Jahr beschlossen und ist unter dem Titel Flexirentengesetz am 1. Januar 2017 in Kraft getreten. Teilaspekte gelten erst ab dem 1. Juli 2017.

Unter anderem regelt das Gesetz zwei Sachverhalte neu: Wenn der Arbeitnehmer schon vor Erreichen des Rentenalters in Ruhestand geht, aber Teilzeit weiterarbeiten möchte (Option 1), und wenn der Arbeiter nach dem Eintritt ins Rentenalter weiterarbeitet (Option 2).

Option 1: Vor Erreichen des Rentenalters

Bisher konnte ein Arbeiter, der vorgezogen in Rente gegangen ist, bis zu 450 Euro monatlich hinzuverdienen. Zudem durfte der Betrag zweimal im Jahr bei bis zu 900 Euro liegen, ohne dass die Rente gekürzt wurde. Lag der Betrag darüber, wurde die Rente deutlich gekürzt.

Ab dem 1. Juli können nun Frührentner zunächst 6.300 Euro jährlich verdienen, ohne Abstriche in der Rente machen zu müssen. Geraten sie darüber, wird dieser Betrag zu 40 Prozent auf die Rente angerechnet beziehungsweise abgezogen. Es gibt aber eine Obergrenze für den Hinzuverdienst: Wird die gekürzte Rente und der Hinzuverdienst addiert und liegt der Betrag über dem bisherigen Einkommen, wird die Rente komplett gestrichen, heißt es in einer Broschüre der Deutschen Rentenversicherung.

Neu ist auch, dass die Arbeitnehmer bei vorgezogener Rente weiterhin in die Rentenkasse einzahlen müssen. Bisher waren sie von dieser Pflicht zwar befreit, konnten aber so auch ihre Ansprüche nicht mehr steigern.

Option 2: Nach Erreichen des Rentenalters

Bisher war es für Arbeiter wenig attraktiv, über das Rentenalter hinaus weiterzuarbeiten. Zwar musste der Angestellte keine Rentenbeiträge mehr bezahlen und konnte unbegrenzt dazuverdienen, doch obwohl der Arbeitgeber weiterhin in die Rentenkasse einzahlte, erhöhte sich der Anspruch des Angestellten nicht mehr.

Nun sollen die Beitragszahlungen der Arbeitgeber auf den späteren Rentenanspruch angerechnet werden, außerdem kann sich der Arbeiter entscheiden, ob er selbst weiter in die Kasse einzahlt. „Für jeden Monat, den Sie über Ihre Rentenaltersgrenze hinaus noch weiterarbeiten und keine Rente beziehen, gibt es einen Rentenzuschlag von 0,5 Prozent. Zusätzlich erhöht sich die Rente noch durch die laufenden Beitragszahlungen zur Rentenversicherung“, teilt die Deutsche Rentenversicherung in dem Merkblatt mit.

Unternehmen müssen nicht schlagartig auf langjähre Mitarbeiter verzichten

Wie viele Fachkräfte von den neuen Möglichkeiten Gebrauch machen werden, bleibt abzuwarten. Die Chancen, dass sie dem Mangel entgegenwirkt, stehen aber gut. So hat die Randstadt-Umfrage ergeben, dass 44 Prozent der Personalleiter davon ausgehen, dass ihre Mitarbeiter die Flexirente nutzen werden. Knapp 57 Prozent glauben, so ihre Mitarbeiter besser binden zu können.

„Die Flexirente kann eine große Chance sein. Und zwar für beide Seiten!“, glaubt Andreas Bolder, Director Group Human Resources bei Randstad Deutschland. „Für Unternehmen bedeutet das, dass sie nicht schlagartig auf langjährige und vor allem erfahrene Mitarbeiter verzichten müssen.“

© 320°/ek | 12.04.2017

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