Thermische Verwertung von Siedlungsabfällen

Waste-to-Energy-Anlagen gewinnen in China an Bedeutung. Problematisch ist jedoch die Zusammensetzung der städtischen Siedlungsabfälle. Dadurch wird die thermische Verwertung erschwert.

Müllverbrennung in China nimmt zu


Das rasante Wirtschaftswachstum hat China nicht nur steigenden Wohlstand und Produktionszahlen beschert, sondern auch wachsende Müllberge. Pro Jahr fallen in der Volksrepublik zwischen 160 und 180 Millionen Tonnen Siedlungsabfälle an. Bis 2015 könnte sich das Volumen auf 200 Millionen Tonnen erhöhen. Seit Jahren ist sich die Politik dieses Problems bewusst. Allerdings werden die Entsorgungs- und Recyclingvorschriften, die bereits seit Jahren existieren, nur langsam umgesetzt.

Somit geht der größte Teil der Siedlungsabfälle noch immer den einfachsten Weg, nämlich auf die Deponie. „Etwa 80 Prozent werden deponiert“, sagte Rundong Li, Professor an der Shenyang Aerospace University in Shenyang, bei der „Waste-to-Energy“-Konferenz gestern in Wien. Ein Weiter so kann es allerdings nicht mehr geben, denn die Deponiekapazitäten sind beschränkt.

Um aus der Müllmisere herauszukommen, setzt die Regierung derzeit verstärkt auf die Müllverbrennung, vor allem auf Waste-to-Energy-Anlagen. Ende 2013 waren nach Angaben von Germany Trade & Invest (gtai) landesweit 164 städtische Müllverbrennungsanlagen in Betrieb. Branchenkenner schätzen, dass die Zahl bis Ende 2015 auf über 220 Anlagen steigen wird. Bis dahin werde die Verbrennung einen Anteil von rund 35 Prozent an der Behandlung von Siedlungsabfällen haben, prognostiziert Li.

Was die Gesamtverbrennungskapazitäten in China angeht, gehen die Schätzungen allerdings weit auseinander. Li beziffert sie auf über 446.000 Tonnen pro Tag. gtai kommt auf knapp 216.000 Tonnen pro Tag in den Städten, plus 17.000 Tonnen Tageskapazität auf dem Land.

Hoher Anteil von Bioabfall

Von der zunehmenden Bedeutung der Müllverbrennung profitieren auch europäische und deutsche Firmen wie Fisia Babcock oder die Alba Gruppe – sei es durch den Bau der gesamten Anlage, durch Lieferung von Komponenten oder Filtersystemen oder durch vorgelagerte Sortier- und Recyclinganlagen. Deutsche Firmen lieferten darüber hinaus auch Kräne, Greifer, Steuerungsanlagen und Filter. Die chinesische Konkurrenz wächst zwar, aber gtai sieht dennoch gute Chancen für deutsche Anbieter.

Allerdings müssen ausländische Anbieter neben dem Ingenieurswissen auch das Wissen um die Zusammensetzung der Siedlungsabfälle mitbringen. „Durchschnittlich 66 Prozent des vorwiegend gemischt gesammelten Hausmülls in chinesischen Städten ist Bioabfall – in Shenyang sind es sogar 73,7 Prozent“, erklärte Li bei der Konferenz. Der hohe Anteil an Wasser und organischen Substanzen stelle große Anforderungen an die thermische Verwertung. Hinzu komme der hohe Anteil organischer Verbundstoffe aus Plastikmüll. So sei auch eine energetische Nutzung zur Stromproduktion schwierig.

Flächendeckende Getrenntsammlung von Bioabfall nötig

„Am besten wäre es, die biologischen Abfälle von den festen Siedlungsabfällen separat zu erfassen“, sagte Li in Wien. Nur dann könnten sowohl WtE-Anlagen als auch Vergärungsanlagen das Optimum an Energie aus den Abfällen gewinnen. Der Bioabfall könnte dann direkt für die anaerobe Vergärung genutzt werden.

Unter diesen Umständen könnte die Nettoenergieproduktion auf 433,88 Megajoule pro Tonne gesteigert werden, erklärte Li. Gelangen nur die trockenen Restabfälle in die Verbrennung, ließe sich die Nettoenergieproduktion der WtE-Anlagen auf 4.663 Megajoule pro Tonne erhöhen. Voraussetzung wäre jedoch eine flächendeckende Sammlung von Bioabfällen, die es bislang in China noch nicht gibt.

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