Duale Systeme

Aus Sicht des Bundeskartellamtes ist das privatwirtschaftliche System der Verpackungsentsorgung nach wie vor das Beste. Für die Querelen der vergangenen Monate seien nicht der Wettbewerb verantwortlich, betont Kartellamtspräsident Andreas Mundt, sondern falsche Spielregeln.

Mundt: Rekommunalisierung löst die Probleme nicht


Von Uli Martin, BKV

Für Andreas Mundt, Chef des Bundeskartellamtes, sind die Erfolge des dualen Systems der Verpackungsentsorgung seit Öffnung für den Wettbewerb empirisch nachweisbar, wie er auf der Jahrestagung des bvse in Aachen betonte. Laut Mundt hat die Verpackungsentsorgung die Verbraucher seit 2008 eine Milliarde Euro weniger gekostet. Darüber hinaus habe das hochwertige Kunststoffrecycling noch zugenommen.

Für alles gebe es eine Fülle empirischer Belege, wie die letzte Sektorenuntersuchung seines Amtes ergeben habe, erklärte der Kartellamtschef. Dennoch reiße die Kritik nicht ab. Die Finanzierungsprobleme der jüngsten Vergangenheit hätten hier zum Vertrauensverlust beigetragen und dazu geführt, dass der Ruf nach dem Staat laut wird, beklagte Mundt.

Profitiert hätten die Kommunen und ihre Verbände. Für sie sei die Krise ein Indiz für das Scheitern und ein weiterer Anlass für deren Forderung nach einer Rekommunalisierung gewesen. Es sei zwar verständlich, dass Kommunen in Zeiten knapper Kassen wirtschaftliche Tätigkeiten interessant fänden, doch könne er nur davor warnen, sagte Deutschlands oberster Wettbewerbshüter. Er verwies dabei auf Beispiele kommunalen Engagements in der Energiewirtschaft, bei denen das Engagement nach hinten losgegangen sei.

Zu große „Interpretationsspielräume“

Im Fall der dualen Systeme sei nicht der Wettbewerb an fehlerhaften Entwicklungen schuld, sondern das Setzen falscher Spielregeln, betonte der Behördenchef. Die bisherige Verpackungsverordnung habe zu große „Interpretationsspielräume“ geboten, die mit der siebten Novelle glücklicherweise eingeschränkt wurden. Sein Amt habe die Einschränkungen bei Eigenrücknahme und Branchenlösungen zwar mit Bedauern, aber als unerlässlich akzeptiert. Dagegen hätten die Änderungen im Kreislaufwirtschaftsgesetz die Privatwirtschaft und den Wettbewerb nicht gefördert, sondern die Kommunen gestärkt. Sein Fazit: Es gebe viele empirische Belege, dass gerade im Entsorgungsbereich Wettbewerb Erfolge zeige. Mehr Augenmerk müsse jetzt auf das Setzen der richtigen Rahmenbedingungen gelegt werden. Keinesfalls aber dürfe der private Sektor ausgeschlossen werden.

Auch wenn das Publikum der bvse-Jahrestagung vor allem die letzte Bemerkung mit viel Applaus bedachte, so blieb die Analyse des Kartellamtschefs zu den Erfolgen des dualen Systems nicht unwidersprochen. Die erzielte Kostenreduzierung sei weniger Resultat eines gut funktionierenden Wettbewerbs als das Ergebnis gekappter Zuzahlungen und preiswerterer Sortierung, die zu Qualitätsverlusten geführt hätte, hieß es kritisch aus dem Publikum.

Ein weiterer Recycler ließ ebenfalls kein gutes Haar an den dualen Systemen. Diese würden als Monopolisten den Kuchen in der Gemeinsamen Stelle unter sich verteilten und dem Rest der Branche die Preise diktierten, klagte er. Wettbewerb fände hier nur in der Umgehungspraxis der Verpackungsverordnung statt. Erst wenn das Monopol und die Andienungspflicht an die dualen Systeme aufgebrochen seien und damit auch andere Marktteilnehmer Zugriffe auf die Wertstoffe bekämen, habe Wettbewerb eine echte Chance.

Mundt bestritt die angesprochenen Probleme nicht, sieht die erzielten Kostenreduzierungen aber „multikausal“. Vor allem warnte er vor der Schlussfolgerung, dass eine Rekommunalisierung die aktuellen Probleme löse. Das sei nicht der Fall. Vielmehr müsse der Fokus auf eine Verbesserung der aktuellen Wettbewerbssituation und eine gerechtere Verteilung der Rente gerichtet werden.

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