Branchenbarometer

Die Lage am Abfallverbrennungsmarkt war selten so gut wie heute. In vielen Anlagen ist eine höhere Auslastung kaum noch möglich. Während die Betreiber frohlocken, klagen die Hersteller von Müllverbrennungsanlagen: Ihr Auftragsbestand ist zu niedrig.

MVA-Betreiber erwarten steigende Verbrennungspreise


Der Geschäftsklimaindex in der thermischen Abfallverwertung hat sich 2016 auf einem hohen Niveau stabilisiert. Das ist das Ergebnis des aktuellen Waste-to-Energy (WtE) Branchenbarometers. Die Umfrage wird jährlich vom Beratungsunternehmen ecoprog mit Unterstützung des Betreiberverbandes CEWEP durchgeführt.

Die Untersuchung zeigt, dass das Geschäftsklima der Betreiber von WtE-Anlagen auf einem Höhepunkt angelangt ist. 99 Prozent der MVA-Betreiber stufen ihre gegenwärtige Geschäftslage als befriedigend oder gut ein, nur 1 Prozent als schlecht. Fast 80 Prozent von ihnen bewerten die aktuelle Auslastung ihrer Anlage als verhältnismäßig hoch.

Im Vergleich zum bereits sehr positiv bewerteten Jahr 2015 berichten 60 Prozent aller Betreiber von einer gestiegenen Nachfrage auf dem Spotmarkt. Zwei Drittel konnten die hohe Auslastung des vergangenen Jahres stabilisieren, fast ein Drittel sogar noch einmal steigern.

Für die kommenden Monate gehen 40 Prozent der Betreiber sogar von einer weiteren Verbesserung ihrer Geschäftslage aus, nur 1 Prozent erwartet schlechtere Geschäfte. Da eine höhere Auslastung der eigenen Anlage in vielen Fällen kaum möglich ist, wird die positive Geschäftserwartung vor allem mit weiter steigenden Preisen verbunden. Fast 60 Prozent der Befragten erwarten einen solchen Preisanstieg.


Geschäftserwartungen


Die Ursachen dieser Entwicklung sind die gestiegenen Abfallmengen. Noch deutlicher als im Jahr zuvor hat diese in vielen Regionen auch zu steigenden Annahmepreisen geführt, heißt es in der Untersuchung. Vor dem Hintergrund dieser Entwicklung seien bei Gewerbeabfällen zudem verstärkt mehrjährige Verträge angefragt worden. Dies erhöhe die Erlössicherheit für die Anlagenbetreiber.

Der Anstieg der Abfallmengen zur thermischen Verwertung hat laut Umfrage mehrere Ursachen. Zu diesen zählt etwa die robuste konjunkturelle Entwicklung. Dieses gilt insbesondere für den deutschsprachigen Raum, aus dem etwa zwei Drittel jener Teilnehmer stammen, die sich am WtE Branchenbarometer beteiligt haben.

Eine zentrale Rolle spielen auch die Abfallimporte aus Großbritannien und Irland, die in den vergangenen Monaten noch einmal zugenommen haben. Schließlich hätten auch die geringen Preise für Rohstoffe in den vergangenen Monaten zu einer Steigerung der Menge an Sortierresten geführt. Aufgrund des milden Winters blieben die sonst üblichen saisonalen Rückgänge des Abfallaufkommens aus.

Mäßiges Vergabegeschehen

Die Anlagenbauer in der WtE-Branche dagegen beurteilen die aktuelle Geschäftslage deutlich schlechter. Nur 18 Prozent der Teilnehmer betrachten ihre Geschäftserwartung als gut, aber 28 Prozent als schlecht. Über 50 Prozent der befragten Industrievertreter betrachten ihren Auftragsbestand als zu gering. Insgesamt sei der Auftragsbestand in den vergangenen Monaten bei mehr Unternehmen gesunken als gestiegen.

Laut Umfrage blieb das Vergabegeschehen auf dem europäischen Anlagenmarkt auch im vergangenen Jahr sehr mäßig. Etablierte Märkte wie Deutschland oder Schweden seien vergleichsweise gesättigt. In Ost- und Südeuropa würden zwar mittelfristig Kapazitäten benötigt, deren Zahl könne jedoch den mittel- und nordeuropäischen Markt nicht kompensieren. Zudem gestalte sich die Projektentwicklung in diesen Ländern aufgrund fehlender wirtschaftlicher und organisatorischer Voraussetzungen bislang zäh. Somit verbleibe, von wenigen Ausnahmen abgesehen, vor allem Großbritannien als Boommarkt.


Märkte


Auch die positive Geschäftsentwicklung in der thermischen Abfallverwertung in Europa hat noch nicht zu dem Bau neuer Anlagen führt. Dafür sei die Entwicklung zu jung, heißt es in der Untersuchung. Hinzu komme, dass viele Ursachen dieses Aufschwungs allenfalls als mittelfristige Phänomene eingeschätzt werden. Damit aber rechtfertigten sie häufig nicht langfristige Investitionen in zusätzliche Kapazitäten.

Die Erwartungen der europäischen WtE-Industrie sind vorsichtig optimistisch. Zwar erwartet über die Hälfte der Unternehmen keine Veränderung der Lage, aber immerhin ist die Zahl der Optimisten (31 Prozent) deutlich höher als die der Pessimisten (10 Prozent).

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