Länderüberblick

Die internationale Edelstahlschrottbranche blickt vorsichtig optimistisch ins neue Jahr – in vielen Ländern steigt die Nachfrage. Doch niemand weiß, ob der Trend anhalten wird. Dafür gibt es zu viele Unsicherheitsfaktoren. Ein Länderüberblick.

Nachfrage nach Edelstahlschrott zieht an


Die Edelstahlproduzenten rechnen aufgrund von positiven Konjunkturaussichten in vielen Ländern mit guten Absatzzahlen. Entsprechend optimistisch ist auch die Edelstahlschrottbranche – jedoch mit kleineren Einschränkungen, wie Joost van Kleef von Oryx Stainless Steel im aktuellen Bericht zu Edelstahlschrotten und Speziallegierungen des Weltrecyclingverbands BIR schreibt.

Zum einen befürchten einige Produzenten, dass ein zunehmender Länderprotektionismus das Wachstum aufhalten wird. Zum anderen könnten die erwarteten steigenden Mengen an indonesischem Nickelerz die Nickelpreise und damit die Schrottnachfrage und deren Preise dämpfen. Außerdem könnte Eisen volatil bleiben und für Chrom werden fallende Preise erwartet.

Aus den USA berichtet Rick Dobkin von Shapiro Metals über gut gefüllte Auftragsbücher der Edelstahlhersteller. Die Aussichten für das neue Jahr stünden gut, um weitere noch verfügbare Produktionskapazitäten auszunutzen. Die Fabriken zahlten im Januar für die Schrottsorten 304 und 316 angesichts der gestiegenen Eisen- und Ferrochrompreise etwas mehr. Händler buhlten um das knappe Material. Angesichts der starken heimischen Nachfrage und des starken US-Dollars wird derzeit kaum Ware exportiert.

In Russland ist der Export von Edelstahlschrott erlaubt, doch das kann sich schnell ändern. Mit einer einzigen Unterschrift könnte die russische Regierung den Export von Edelstahlschrott verbieten, berichtet Ildar Neverov von der Tyor Group. Zurzeit muss lediglich eine Exportsteuer von 7,5 Prozent gezahlt werden. Da aber der Rubel derzeit stark ist und die heimischen Produzenten gute Preise zahlen können, bleibt das meiste Material im Inland.


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Zahlreiche Investitionen im Iran

Eine gute Nachfrage erwartet Ahmad Sharif von der Metals Bank im Iran. Seit dort die UN-Sanktionen gelockert beziehungsweise aufgehoben wurden, hat die iranische Regierung angekündigt, zwei neue Öl-/Gasfelder für 13 Milliarden US-Dollar zu sanieren. Mehrere internationale Firmen haben angekündigt, in das iranische Gas- und Ölgeschäft zu investieren. Außerdem hat die Regierung 100 Airbus-Flugzeuge im Wert von 17 Milliarden US-Dollar bestellt.

Über Indien berichtet Mahiar Patel von Cronimet Singapore, dass die Demonetarisierung auch den Handel von Edelstahlschrott beeinflusst. Viele Produzenten reduzierten die Herstellung dramatisch, kleine Fabriken stellen die Produktion vorrübergehend ein. Zwar habe sich die Situation mittlerweile entschärft, die Verbesserungen gehen aber schleppend voran. Da die Regierung die Einfuhrzölle auf Nickel aufgehoben hat, befürchtet Patel, dass die Fabriken eher auf dieses Metall als teuren und wenig verfügbaren Schrott zurückgreifen werden.

Für China erwartet Patel erst nach dem Neujahrsfest wieder eine Belebung am Edelstahlschrottmarkt. Vor den Feierlichkeiten haben einige Fabriken ihre Lager mit Schrotten gefüllt. Nach den Feiertagen sollte sich der Markt zunächst wenig ändern, erst später im Jahr rechnet Patel mit einem Aufwärtstrend.

Enttäuschung in Italien

Enttäuscht vom Jahresbeginn zeigt sich Ruggero Ricco von Nichel Leghe aus Italien. Dort wurde durch den starken Chrom-Richtwert und die guten Nickelpreise eigentlich ein guter Start für die Edelstahlschrottbranche erwartet. Entgegen der positiven Aussichten drückten die Einkäufer jedoch – die Entwicklungen bei Chrom und Eisen ignorierend – stark auf die Schrottpreise. Das führte zu einer großen Preisschere zwischen den Preisen in Italien und im Rest von Europa. Entsprechend wurde kaum Schrott nach Italien importiert. Langfristig rechnet Ricco aber mit einer steigenden Nachfrage der Produzenten.

Gestiegen ist die Stahlschrottnachfrage bereits in Großbritannien. Jonathan Bower von ELG Haniel Metals berichtet, dass vor allem im vierten Quartal des vergangenen Jahres die Edelstahlherstellung anzog und damit auch die Schrottnachfrage gestiegen ist. Die Verfügbarkeit war zwar zeitweise knapp, aber die durch die Nickel- und Eisen-Preise an der Londoner Börse beflügelten Edelstahlschrottpreise führten dazu, dass genug Material auf den Markt gebracht wurde. Auch zu Jahresbeginn blieb die Nachfrage hoch, die Preise aber variierten aufgrund den volatilen Nickelnotierungen.

Gute Nachfrage an Superlegierungen

Bei den Superlegierungen hat Uwe Dierkes von Siegfried Jacob Metallwerke zum Jahresende hin weltweit eine gestiegene Nachfrage beobachtet. Der Trend setzt sich scheinbar auch im neuen Jahr fort. Zwar bleiben laut Dierkes Unsicherheiten in der petrochemischen Industrie, doch in der Luftfahrt und im Energiebereich soll der Markt stabil bleiben.

Der Wert von Kobalt hat sich in den vergangenen sechs Monate um 25 Prozent verbessert. Molybdän blieb weitgehend unverändert. Auf dem Titaniummarkt gibt es nach einer langen Periode der Unsicherheit erste Anzeichen der Erholung.

© 320°/ek | 16.02.2017

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