Material der Zukunft

Können herkömmliche Kunststoffe in Zukunft abgelöst werden? Durchaus denkbar. Ein Forschungsverbund arbeitet seit Jahren an neuen alternativen chemischen Verbindungen. Die smarten anorganischen Polymere sollen auch in Elektronik, Medizin oder in Flammschutzmitteln eingesetzt werden können.

Nachhaltige Polymere ohne Kohlenwasserstoff


Umweltfreundlicher, sicherer und nachhaltiger: Smarte anorganische Polymere sollen künftig herkömmliche Kunststoffe ersetzen können. Ein internationaler Forschungsverbund arbeitet seit drei Jahren an den Materialien der Zukunft, die deutlich unabhängiger von nicht-erneuerbaren Rohstoffen seien sollen.

Das internationale Forschernetzwerk COST – Smart Inorganic Polymers wird von Evamarie Hey-Hawkins, Chemie-Professorin der Universität Leipzig, geleitet. Wie ihre Universität kürzlich mitteilte, haben die Wissenschaftler in der Fachzeitschrift Chemical Society Reviews ihre Arbeit veröffentlicht. Als „smarte“ Stoffe gelten die Polymere, weil sie ihre optischen oder physikalischen Eigenschaften durch äußere Einflüsse wie Bestrahlung mit Licht ändern können.

Fast das ganze Periodensystem zur Verfügung

Die anorganischen Polymere bestehen demnach genau wie die organischen Polymere aus langen ineinander verschlungenen Molekülketten. Das Grundgerüst sei aber nicht aus Kohlenwasserstoffverbindungen, sondern aus anorganischen Elementen wie Posphor, Bor und Silicium.

„Wir haben bei anorganischen Polymeren beinahe das gesamte Periodensystem der Elemente zur Verfügung, insbesondere die metallischen Elemente, und können damit auf all ihre günstigen Eigenschaften in Bezug auf Stabilität und Leitfähigkeit zurückgreifen“, sagt Hey-Hawkins. „Damit ergibt sich für uns im Vergleich zu den organischen Polymeren eine enorme Bandbreite an Ausgangsverbindungen.“

Den Wissenschaftlern zufolge kommen die Polymere außerdem ohne Zusatzstoffe wie Weichmacher aus und können so auch in Bereichen wie Elektronik, Medizin oder als Flammschutzmittel eingesetzt werden. Zwar gelten anorganische Polymere laut Hey-Hawkins bereits seit längerem als chemische Verbindungen mit vielen potenziellen Anwendungsbereichen. Doch erst seit einigen Jahren sei es gelungen, diese Stoffe zielgerichtet zu gewinnen.

Einsatz im Bereich Sensorik

Die Arbeitsgruppe in Leipzig konzentriert sich nach eigenen Angaben vor allem auf die chemischen Bausteine, aus denen das Material gewonnen werden kann. Einer ihrer bisher größten Erfolge sei die Entdeckung einer neuen chemischen Verbindung, die Licht auf besondere Weise brechen kann. Das wiederum biete neue Möglichkeiten in der Nanophotonik. Diese Technologie ermöglicht die Übertragung, Speicherung und Verarbeitung von Information durch optische Verfahren.

„Gegenwärtig arbeiten wir zum Beispiel an neuen Phosphor-Bor-Polymeren, die besonders stabil und leitfähig sein sollen“, sagt Hey-Hawkins. „Irgendwann könnten diese Verbindungen möglicherweise im Bereich der molekularen Elektronik oder Sensorik zum Einsatz kommen.“


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© 320°/ek | 08.11.2016

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