Kunststoffrecycling

Ein neues Verfahren weckt Hoffnungen, in Zukunft auch Werkstoffverbunde recyceln zu können. Hinter dem Konzept steht der Ansatz, zwei bereits bekannte Verfahren zu kombinieren. Dadurch sollen Kunststoffe, Metalle und Energie zurückgewonnen werden.

Neue Verfahrens-Kombination für Materialverbunde


Verbundwerkstoffe scheut der Recycler wie der Teufel das Weihwasser. Denn Verbundwerkstoffe bestehen aus komplexen Materialien wie etwa mechanisch nicht trennbare Kunststoff-Kunststoff- oder Kunststoff-Metall-Verbunde. Aber auch der Gehalt an Altadditiven, die nach EU-Gesetzgebung nicht mehr in Recyclaten enthalten sein dürfen, bereitet große Schwierigkeiten. Ein werkstoffliches Recycling ist somit praktisch unmöglich.

Doch es gibt Hoffnung. Wissenschaftler der beiden Fraunhofer-Institute IVV und Umsicht sind sich sicher, für derartig komplexe Materialverbunde eine Recyclinglösung gefunden zu haben. Zum Einsatz kommen hierbei zwei etablierte Fraunhofer-Recyclingtechnologien, die miteinander gekoppelt werden. Das Projekt läuft unter dem Titel „kunstwerk – Kombinierte Kunststoff- und Metallverwertung zu hochwertigen neuen Werkstoffen“.

CreaSolv-Recyclate erreichen Neuware-Spezifikationen

Bei den Verfahren handelt es sich um den CreaSolv-Prozess des Fraunhofer IVV und die am Fraunhofer Umsicht entwickelte iCycle-Technologie. „Durch das Zusammenführen der beiden Technologien wird nun erstmals ein ganzheitliches und wirtschaftliches Recyclingverfahren für komplexe Materialverbunde angeboten“, erklären die Institute.

Mit dem CreaSolv-Prozess gelingt den Angaben zufolge das werkstoffliche Kunststoffrecycling aus hochkomplexen und kontaminierten Abfällen. Diese Technologie ermögliche die selektive und wirtschaftliche Rückgewinnung von Kunststoffen wie PE aus Verpackungen, PP, PS und ABS aus Elektroaltgeräten oder ABS aus Bauteilen von Altautos beziehungsweise Shredderleichtfraktionen.

Der Prozess beruht auf der selektiven Extraktion des Zielpolymers aus Kunststoffabfall. Daran schließen sich spezielle Reinigungsverfahren an. Damit werden Fremdmaterialien, beispielsweise unerwünschte Additive wie Flammschutzmittel und toxische Zerfallsprodukte abgetrennt. Der Kunststoff werde gereinigt zurückgewonnen und zu Recyclaten verarbeitet. „Die herausragende Produktqualität der CreaSolv-Recyclate erlaubt, sie nahezu ohne Qualitätseinbußen für Neuware einzusetzen“, erläutert Andreas Mäurer vom Fraunhofer IVV.

iCycle-Metallkonzentrat lässt sich gut vermarkten

Die Restfraktionen des CreaSolv-Prozesses enthalten neben geringen Mengen weiterer Kunststoffe auch wertvolle und seltene Metalle. Diese Fraktion bildet das Ausgangsmaterial für den iCycle-Prozess. Die iCycle-Technologie erlaube die effiziente thermochemische Konversion von Kunststoff-Metall-Verbunden zu Energieträgern und Metallkonzentraten, wie die Wissenschaftler betonen.

Beim iCycle-Prozess wird das Material auf 500 °C erhitzt. Bei gleichzeitigem Luftabschluss bilden sich aus dem Kunststoffanteil heizwertreiche Öle und Gase, während die Metalle freigelegt werden. „Mit Hilfe des iCycle-Prozesses ist es möglich, ein Metallkonzentrat zu gewinnen, welches in Abhängigkeit vom Inputmaterial mit Erlösen von über 2.500 Euro pro Tonne vermarktet werden kann“, erklärt Peter Hense vom Fraunhofer Umsicht. „Aus den Restkunststoffen gewinnen wir gleichzeitig energiereiche Gase und Öle, die energetisch genutzt werden können und beide Prozesse mit Energie versorgen werden.“

Die Kombination der Verfahren soll den Recyclern mehrere Vorteile bieten: Sie erhalten nicht nur Kunststoffrecyclate und wertvolle Metallkonzentrate. Sie erzeugen gleichzeitig Energieträger, die beispielsweise mit einem Blockheizkraftwerk in Strom und thermische Energie verwandelt werden können.

Industriepartner gesucht

Die Wissenschaftler wollen aber noch einen Schritt weiter gehen. Mittels Erweiterungen und Adaptierungen beider Prozesse wollen sie ein Verfahren entwickeln, mit dem die kritischen Metalle Antimon und Indium aus Altprodukten zurückgewonnen werden können. Beide finden sich vor allem in Elektroaltgeräten und werden aktuell quasi nicht zurückgewonnen.

In den kommenden zwei Jahren soll nun das Gemeinschaftsprojekt „kunstwerk“ weiter ausgebaut werden. Unter anderem soll auch eine Demonstrationskampagne durchgeführt werden. Bei dieser werden Verpackungskunststoffe sowie Shredderleichtfraktionen aus Altfahrzeugen und Elektroaltgeräten eingesetzt. Für diese Demonstrationskampagne suchen die Wissenschaftler noch Industriepartner, sprich Produzenten und Recycler, um die neue Technologiekombination zu erproben und in der Praxis zu etablieren.

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