Mechanisch-biologische Behandlung

Der Großteil des Energieverbrauchs in mechanisch-biologischen Abfallbehandlungsanlagen geht auf das Konto der Abluftbehandlung aus der biologischen Prozessführung. Forscher der RWTH Aachen wollen den Energieverbrauch nun aber deutlich senken. Einer der Stellschrauben ist eine selektive Erfassung der Abluftströme.

Neues Abluftkonzept für MBA spart Energie


Mechanisch-biologische Abfallbehandlungsanlagen (MBA) haben heutzutage mit mehreren Problemen zu kämpfen. Zum einen sind die Anlagen immer weniger ausgelastet, weil die Restmüllmengen tendenziell sinken. Hinzu kommt, dass mit abnehmender Auslastung die spezifischen Behandlungskosten steigen. Und letztlich nimmt mit Einführung der Biotonne auch der Organikanteil immer mehr ab.

Die Frage nach der Rentabilität des Anlagenbetriebs rückt damit immer stärker in den Vordergrund. Einer der Ansatzpunkte, Kosten zu sparen, ist der Energieverbrauch. Die meiste Energie fällt für die Behandlung der Abluft aus der Rotte an – fast zwei Drittel des Gesamtverbrauchs wird hierfür benötigt.

Die Abluft wird in MBA über Biofilter, Wäscher und/oder eine regenerative thermische Oxidationsanlage (RTO) behandelt. Insbesondere die RTO verschlingt dabei viel Energie. Forscher am Institut für Aufbereitung und Recycling der RWTH Aachen untersuchen deshalb, wie sich der Energieaufwand für die mechanisch-biologische Abfallbehandlung, insbesondere für die biologische Prozessführung die anschließende Abluftbehandlung reduzieren lässt.

Die Forscher arbeiteten hierfür mit der MBA des niedersächsischen Landkreises Aurich in Großefehn zusammen. Dort beträgt der spezifische Energieaufwand für die Behandlung des Hausmülls etwa 80 kWh/t, wie es in einer Projektinformation des BINE-Informationsdienstes heißt. Allein zwei Drittel davon mache auf der Versuchsanlage der Stützgasbedarf (Biogas/Erdgas) der RTO aus. Um diesen Bedarf zu senken, haben die Forscher drei Schritte unternommen:

  • Größere Sieböffnungsweite in der mechanischen Aufbereitung: Das bewirkte laut Bericht ein besseres Belüftungsverhalten in der biologischen Behandlung und bedeutet in der Konsequenz einen geringeren Energiebedarf für die Belüftung.
  • Veränderter Materialeintrag in die Rottetunnel sowie Einbringen von gröberem Material unten und feinerem Material oben.
  • Installation einer neuen Abluftsammelleitung mit automatisierten Klappen: Diese erfasst jeweils die Abluft aller mit mittlerer und geringer Gesamtkohlenstoff-Beladung laufenden Reaktoren eines Blocks von insgesamt 15 Tunneln.

Nur noch hoch belastete Abluft in die RTO

Der letzte Schritt ist die entscheidende Maßnahme. Auf diese Weise können die Abluftströme je nach Belastungsgrad aufgeteilt und separat behandelt werden. So landet den Forschern zufolge nur die hoch belastete Abluft der ersten sieben Tage innerhalb der sechswöchigen Rottephase in der RTO. Die mittelbelastete Abluft wird bis zum 28. Tag mittels RTO oder durch eine Kombination aus Füllkörper-, Düsenbodenwäscher und Biofilter behandelt. Und der schwach belastete Abluftstrom zwischen dem Tag 28 und 42 durchläuft eine Kombination von Wäschersystemen und Biofilter.

Werden nur noch die hoch belasteten Abluftvolumenströme der RTO zugeführt werden, sinkt die zu behandelnde Abluftmenge erheblich, heißt es im Projektbericht. Gleichzeitig steigt der Kohlenstoffgehalt im verbleibenden Volumenstrom: Dadurch wird zum Betrieb der RTO weniger Stützgas benötigt.

Einsparpotenzial von 100 Gigawattstunden

Derzeit läuft das beschriebene Abluftmanagement in der MBA in Großefehn bei 15 von insgesamt 30 Rottetunneln. Für die Behandlung je Tonne Abfall sind jetzt statt 80 noch 60 Kilowattstunden notwendig. Auf Grundlage der Ergebnisse soll ein Leitfaden zur energieeffizienten Abluftbehandlung in MBA erstellt werden. Die Forscher sind überzeugt: Käme die modifizierte Technik auf allen MBA in Deutschland zum Einsatz, könnten mehr als 100 Gigawattstunden Energie eingespart werden.

In Deutschland gibt es derzeit 45 Anlagen zur mechanisch-biologischen Abfallbehandlung, die jährlich etwa fünf Millionen Tonnen gemischte Siedlungsabfälle behandeln. Dabei entsteht in der Rotte ein durchschnittlicher Abluftstrom von bis zu 8.000 Kubikmeter pro Tonne Abfall. Dieser wird in über der Hälfte der Anlagen durch eine Verbrennungseinheit (RTO) von kohlenstoffhaltigen Gasen gereinigt. Gesetzlich muss pro Tonne Abfallinput ein Gesamtkohlenstoff von 55 Gramm sowie 20 bis 40 Milligramm pro Kubikmeter Abluft eingehalten werden.

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