Nasschemischer Weg

Österreichische Wissenschaftler wollen zusätzliche Altkunststofffraktionen für ein Recycling zugänglich machen. Kernelement einer neu entwickelten Prozesskette ist ein Zentrifugalkraftscheider. Damit soll eine signifikante Anreicherung von Polyolefinen gelingen.

Neues Verfahren für polyolefinreiche Altkunststoffe


Die stoffliche Recyclingquote von Kunststoffen liegt in Österreich bei nur etwa 25 Prozent. Denn nur Kunststoffabfälle, die möglichst sortenrein und sauber anfallen, können einem werkstofflichen und gleichzeitig wirtschaftlichen Recycling zugeführt werden. Hier setzen Wissenschaftler der Montanuniversität Leoben an. Mit einer neuen Prozesskette wollen sie die Quote fürs stoffliche Recycling deutlich steigern.

Gelingen soll das durch eine Kombination aus nasser mechanischer Aufbereitung und thermochemischer Konversion. Über die dazu laufenden Forschungsarbeiten berichtete Lukas Kranzinger vom Lehrstuhl für Abfallverwertungstechnik und Abfallwirtschaft bei der Berliner Recycling- und Rohstoffkonferenz. „Unser Ziel war die Entwicklung eines nassmechanischen Aufbereitungsverfahrens für polyolefinreiche Altkunststoffe“, berichtete der Ingenieur.

Mit dem Verfahren wollen die Wissenschaftler eine Brücke schlagen zwischen der üblicherweise trocken betriebenen mechanischen Vorbehandlung kunststoffreicher Reststoffe und einem werkstofflichen Recycling mittels thermochemischer Konversion. In der nassen mechanischen Aufbereitung würden Polyolefine und Polystyrol aus unterschiedlichen Abfallfraktionen angereichert, die als Aufgabematerial für eine lösemittelbasierte, thermische Depolymerisation eingesetzt werden könnten.

Trennmerkmal ist die Partikeldichte

Die nasse mechanische Aufbereitung besteht im Kern aus einem Zentrifugalkraftscheider. „Ergänzt wurde der mit einer Kreiselpumpe betriebene Zentrifugalkraftscheider durch eine Setzmaschine und eine Entwässerungssiebmaschine“, erzählte Kranzinger. Diese drei Aggregate seien zu einer funktionstüchtigen Aufbereitungsanlage im Technikumsmaßstab zusammengesetzt worden.

Die Setzmaschine dient dabei zur Ausschleusung von abrasiven Störstoffen wie Metalle, Sand, Keramik oder Glas. Bei diesem ersten Schritt entstehen eine Zwischengutfraktion und eine Schwergutfraktion. In der Zwischengutfraktion reichern sich laut Kranzinger die verschiedenen Kunststoffe an. Die Schwergutfraktion enthalte Störstoffe wie Glas, Gestein und Metall.

Beide Fraktionen werden danach separat entwässert. „Die Schwergutfraktion wird dem Verfahren als Produkt entnommen. Die Zwischengutfraktion wird dem Zentrifugalkraftscheider zugeführt“, so Kranzinger. Trennmerkmal dieses Scheiders sei die Partikeldichte. Als Trennmedium diene Wasser. Im speziell geneigten Scheider bilde das Wasser einen Fluidwirbel mit einem Luftkern.

Hoher Gehalt an Polyolefinen in der Leichtgutfraktion

In diesen Wirbel wird das zu trennende Aufgabegut aufgegeben. „Jene Anteile, die eine höhere Dichte als Wasser aufweisen, durchwandern das Trennmedium nach außen und können ausgeschleust werden“, erklärte Kranzinger. Die wirkenden Zentrifugalkräfte beschleunigen diesen Vorgang.

Die Anteile mit einer geringeren Dichte als Wasser würden sich nahe der Grenze zwischen Trennmedium und Luftkern aufhalten. In der Folge würden sich diese Partikel durch die Neigung des Scheiders nach unten bewegen und könnten als Leichtgutfraktion ausgeschleust werden. Beide Fraktionen würden im Anschluss entwässert werden.

Mit diesem Verfahren werden eine polyolefinreiche Leichtgutfraktion und eine Mittelgutfraktion aus sonstigen Kunststoffen hergestellt. Dabei gehen nach Angaben von Kranzinger nur geringe Anteile an Polyolefinen verloren. Den Gehalt an Polyolefinen in der Leichtgutfraktion bezifferte der Wissenschaftler auf über 96 Prozent.

Großer Vorteil gegenüber herkömmlichen Zyklonen

Aber nicht nur das. Gegenüber herkömmlichen Zyklonen hat dieser Zentrifugalkraftscheider einen Vorteil: Trennmedium und Trenngut wird nämlich separat aufgegeben. Die verwendete Pumpe werde somit nicht durch die Feststoffpartikel beansprucht.

Auf diesen Ergebnissen aufbauend wurden an der Montanuniversität Leoben Trennversuche mit industriellen Reststoffen durchgeführt. Dabei sei eine Setzmaschine und zwei in Serie geschalteten Zentrifugalkraftscheidern kombiniert worden. „Damit konnten wir hochwertige Polyolefinkonzentrate erzeugen“, sagte Kranzinger. Versuchsreihen hätten gezeigt, dass Produkte mit Polyolefingehalten von etwa 90 Prozent erzielt werden können. Dadurch sei eine Verwendung in einem thermochemischen Konversionsprozess möglich.

Das Projekt mit dem Namen RSA Plastic Reborn hat mit dieser Art von Zentrifugalkraftabscheider das Rad nicht neu erfunden. Dieser Scheider wird nämlich schon seit vielen Jahren im Bereich der nassmechanischen Kohleaufbereitung verwendet. Vereinzelt wird er auch in der Erz- und Industriemineralaufbereitung eingesetzt. Seit 2000 wird der Einsatz dieser Maschine in der Aufbereitung industrieller Reststoffe zu sekundären Rohstoffen untersucht. Jetzt anscheinend mit Erfolg.

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