Fehlende Kapazität

In Chemnitz gibt es Überlegungen, ein Ersatzbrennstoff-Kraftwerk zu errichten. Der dortige Abfallwirtschaftsverband benötigt in absehbarer Zeit neue Verwertungskapazitäten. Denn der Vertrag mit dem Kraftwerk Jänschwalde läuft in drei Jahren aus.

Neues EBS-Kraftwerk in Chemnitz?


Der Abfallwirtschaftsverband Chemnitz (AWVC) erwägt, den anfallenden gemischten Hausmüll nicht nur aufzubereiten, sondern auch vor Ort selbst zu nutzen, um Strom und Fernwärme zu erzeugen. Die Überlegungen gehen dahin, einen Dritten mit dem Bau und Betrieb eines Ersatzbrennstoff-Kraftwerkes nahe der verbandseigenen Aufbereitungsanlage zu beauftragen.

Hinter den Überlegungen steht der Umstand, dass der aktuelle Vertrag des AWVC (Laufzeit 15 Jahre) über die Lieferung von EBS an das Kraftwerk Jänschwalde zum 31. Mai 2020 ausläuft – also in drei Jahren. Hinzu kommt laut AWVC-Geschäftsführerin Sabine Weikert der „hohe Transportaufwand“. Jährlich seien 3.500 Fahrzeuge im Einsatz, um das Material zum 231 Kilometer entfernten Kraftwerk zu bringen.

Darüber hinaus ist der Wunsch offensichtlich auch von aktuellen Marktentwicklungen geprägt: „Wir glauben nicht, dass die Mitverbrennung in Braunkohlekraftwerken langfristig eine Zukunft haben wird. Schon allein wegen des geplanten Ausstiegs aus der Kohle“, sagt Weikert. Zudem gebe es derzeit nahezu keine freien Überkapazitäten in Anlagen im Umkreis von 100 Kilometern.

Plan ist umstritten

Als Standort für das EBS-Kraftwerk schlägt der Abfallwirtschaftsverband eine 1,5 Hektar große Fläche zwischen Chemnitz und Niederwiesa vor. Niederwiesa grenzt im Nordosten an die Großstadt Chemnitz. Bislang wird dort der gemischte Hausmüll in einer Restabfallbehandlungsanlage zu Ersatzbrennstoffen verarbeitet.

Im vergangenen Jahr wurden nach Angaben des AWVC rund 106.000 Tonnen Restabfall behandelt. Davon stammten 85.000 Tonnen aus dem Verbandsgebiet (circa 580.000 Einwohner) und der übrige Teil aus dem Landkreis Zwickau. Aus dem Inputmaterial wurden knapp 83.200 Tonnen Ersatzbrennstoffe hergestellt, so der Abfallwirtschaftsverband – davon 66,6 Prozent sogenannter Brennstoff A und 11,8 Prozent sogenannter Brennstoff B.

Der Plan für das neue EBS-Kraftwerk ist umstritten. Denn hierfür müsste ein Waldstück abgeholzt werden. Umweltschützer sehen dadurch das Naherholungsgebiet in Gefahr. Schon der Antrag, den Flächennutzungsplan zu ändern, führte deshalb zu Protesten. Und auch politisch sind die Lager offenbar gespalten.

Am 14. Juni soll im Stadtrat eine Entscheidung über den Bau eines EBS-Kraftwerks herbeigeführt werden. Sollten sich die Parteien verständigen und ein Auftragnehmer gefunden werden, könnte die Anlage frühestens 2022 in Betrieb genommen werden. Wird der Plan abgeschmettert, müssen die Ersatzbrennstoffe ab 1. Juni 2020 wohl wieder an weiter entfernte Anlagen transportiert werden.

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