Markt für Nickel und Edelstahl

Seit Beginn des Jahres ist der Nickelkurs um 20 Prozent gestiegen. Einzelne Kurskorrekturen könnten folgen, doch die positive Gesamtentwicklung bleibt voraussichtlich bestehen, schreibt Roland Mauss von Oryx Stainless in seiner aktuellen Marktanalyse.

Nickelpreis zeigt sich robust


Von Roland Mauss, Oryx Stainless

Die Londoner Nickelnotierung konnte sich in den vergangenen Wochen erwartungsgemäß weiter festigen. Die Kurse an der London Metal Exchange (LME) kannten seitdem nur eine Richtung: Aufwärts. Von einer kleineren Korrektur Ende Februar abgesehen, handelt das Basismetall erstmals seit längerer Zeit wieder über USD 16.000,00/mt und damit mehr als 20 Prozent höher als noch Anfang des Jahres. Dieses Niveau liegt bereits deutlich über der durchschnittlichen Analystenerwartung für 2014 von USD 14.774,20/mt aus der Reuters-Umfrage. Obwohl erst am 21. Januar 2014 veröffentlicht, hatten die Analysten vermutlich ein hartes Ausfuhrverbot in ihrer Prognose für 2014 noch nicht verarbeitet.

Unterdessen sorgt das Ausfuhrverbot für unraffinierte Nickelerze aus Indonesien weiterhin für einen Paradigmenwechsel in der chinesischen Rohstoffbilanz. Folgerichtig steigen auch die Preise für die Erze, die noch als Reserven in chinesischen Häfen liegen, deutlich. Ebenso konsequent erhöhen sich die Preise für Nickel Pig Iron (NPI) in China von Woche zu Woche. Die LME-Nickel-Lagerbestände bewegen sich seitwärts, wenn auch noch auf sehr hohem Niveau. Die Temperatur im Kessel steigt und so wenden sich vermutlich die chinesischen Konsumenten zunehmend auch Primärnickel zu, um ihren Bedarf zu decken.

Überdies locken die sehr positiven Fundamentaldaten weitere Investoren an, die an der neuen Marktsituation verdienen möchten. Andere Investoren, die auf ein weiteres Siechtum der Nickelkurse gewettet hatten, müssen nun hektisch ihre Short-(Verkaufs-)Positionen auflösen, was den Aufwärtsdruck noch verstärkt. Dies resultiert in einer stärkeren Nachfrage nach Edelstahl, welche sich in stabilen bis steigenden Auftragseingängen manifestieren wird. Eine besser ausgelastete und höhere Produktion zur Belieferung der Aufträge sorgt dann für eine größere Nachfrage nach Rohstoffen, nicht nur aus China, sondern auch aus den anderen Edelstahl produzierenden Ländern.

Nickel zeigt sich unbeeindruckt

Ein Beleg für einen zumindest zeitweise fundamental funktionierenden Nickelmarkt war die Tatsache, dass trotz Meldungen über weiter gedämpfte Wachstumserwartungen in China und die Krise in der Ukraine auf der Krim der Nickelkurs davon unbeeindruckt seinen Aufstieg fortsetzte. In den Aktien- und anderen Metallmärkten hinterließen diese Meldungen zeitweise deutliche Spuren. So musste insbesondere der Kupferkurs deutlich leiden und verlor seit Jahresanfang mehr als 13 Prozent oder USD 1.000,00/mt.

Mit dem Kursanstieg hat sich auch die charttechnische Perspektive dieses Rohstoffs stark aufgehellt. Der Tageschart für 3-Monats-Nickel zeigt keine wesentlichen Widerstände mehr an. Somit ist gegenwärtig nur „the sky the limit“. Diese Aussage darf aber nicht so interpretiert werden, dass nun der Kursanstieg in einem Zug so weiter ginge, denn mit zunehmendem Kursanstieg, insbesondere bei hoher Geschwindigkeit, steigt das Risiko von negativen Kurskorrekturen erheblich.

Ein wesentlicher Indikator, der dieses misst, nennt sich Relative Strength Index (RSI) und hat eine Skala von 0 bis 100. Werte über 70 zeigen einen sogenannten „überkauften“ Zustand an, Werte unter 30 einen „überverkauften“ Zustand, eine Ausprägung von 50 wäre in etwa neutral. Aktuell liegt der Wert dieses Indikators bei rund 80, was andeutet, dass kurzfristig zunehmend mit technischen Korrekturen des Marktes gerechnet werden muss. Allerdings sind Korrekturen für eine nachhaltige Kursentwicklung auch unbedingt notwendig, denn sie sorgen für eine Bestätigung bestimmter Kursniveaus, bevor im Anschluss ein Kursanstieg wieder fortgesetzt werden kann.

„Verrückte Preise“

Zum Thema NPI ist nach der umfangreichen Berichterstattung der letzten Monate noch eine interessante Perspektive hinzuzufügen: die eines größeren chinesischen Importeurs von Nickelerzen und Produzenten von Edelstahlrohren und -röhren in China. So berichtete das Metal Bulletin Ende Februar aus einem Interview mit dem Chairman der Minensparte des Unternehmens Jiang Xinfang. Nach dessen Aussagen waren die Preise für indonesisches Erz im Februar um ein Drittel nach oben geschnellt und obwohl gegen seine eigenen Interessen redend, gab er an, auch für die kommenden Monate von weiter steigenden Preisen auszugehen. Auch sagte er, dass es sich um „verrückte“ Preise handeln würde, mit denen er rechnet.

Tsingshan errichtet denn auch aktuell schon eine eigene NPI-Produktionsstätte in Indonesien und hat damit bereits auf das Exportverbot reagiert. Die Vereinbarung über das gemeinsame Investment mit einem indonesischen Partner wurde bei einem Treffen unter Teilnahme der Staatspräsidenten von China und Indonesien unterzeichnet. Das könnte möglicherweise ein Indiz dafür sein, dass die chinesische Regierung nicht unbedingt strikt gegen ein Erzausfuhrverbot ist. Nach einer möglichen Lockerung des Ausfuhrverbots gefragt, war die Erwartung des Unternehmensvertreters, dass es zu einer Lockerung für Unternehmen im Sinne von Exportquoten kommen könnte, die bereits eine Fabrik in Indonesien hätten. Aber diese Exportkontingente würden vermutlich mit erheblichen Ausfuhrzöllen belastet. NPI sei ohnehin nicht mehr der kostengünstigste Rohstoff zur Produktion von Edelstahl. Daher habe Tsingshan auch neue langfristige Lieferverträge mit konventionellen Nickelproduzenten über Ferronickel abgeschlossen.

Die London Metal Exchange ließ über ihren neuen CEO Gary Jones mitteilen, dass die auf chinesische Yuan-Währung lautenden LME-Futures nicht in London kotiert werden sollen, sondern an der Börse in Hongkong, der Hongkong Exchanges and Clearing (HKEx). Auch das Clearing soll in Hongkong stattfinden, wenngleich bei dem für Startdatum September angekündigten eigenen Clearinghouse der LME in London namens LME clear auch die chinesische Währung Yuan zugelassen werden soll. Pläne, dass es eine LME China geben könnte, werden durch den CEO noch bestritten.

Wenn man allerdings sieht, dass die Nachfrage nach zum Beispiel Nickel inzwischen zu mehr als 45 Prozent aus China kommt und dass die HKEx Eigentümer der LME in London ist, sollte die Eröffnung einer LME China oder Asien eigentlich nur noch eine Frage der Zeit sein.

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