Neue Abfallsteuer

Die Betreiber von Müllverbrennungsanlagen in den Niederlanden müssen ab sofort für jede Tonne Restabfall aus Haushalten und Betrieben eine Abgabe zahlen. Die Verbrenner sind geschockt und fürchten dramatische Folgen für sich – und die niederländische Kreislaufwirtschaft.

Niederlande erheben Abgabe auf Müllverbrennung


Seit 1. Januar müssen die niederländischen Betreiber von Müllverbrennungsanlagen (MVA) für die angelieferten Haushalts- und Gewerberestabfälle Steuern zahlen. Für jede Tonne zahlen sie von nun an 13 Euro. Ausgenommen davon sind aus dem Ausland importierte unvermischte Abfälle zur Verbrennung. Auch Deponiebetreiber werden mit 13 Euro pro Tonne zur Kasse gebeten.

Mit dieser Abfallabgabe will die niederländische Regierung das stoffliche Recycling ankurbeln. Dass damit gleichzeitig die Staatskasse aufgebessert wird, ist ein willkommener Nebeneffekt. Anvisiert sind jährliche Steuereinnahmen aus der Abfallwirtschaft von rund 100 Millionen Euro.

Laut Finanzstaatssekretär Eric Wiebes sind die 13 Euro pro Tonne eine „relativ geringe Abgabe“, eine Einschätzung, die der niederländische Verband der Abfallunternehmen, der Vereniging Afvalbedrijven, nicht teilen wird. Denn der Verband rechnet vor, dass sich diese Abgabe für jeden einzelnen der zwölf MVA-Betreiber auf jährlich 2 Millionen Euro summieren wird. Einen Großteil der Kosten, wenn nicht gar alles, werden die Verbrenner wohl an die Abfallerzeuger weiterreichen. Die Verbrennung wird in den Niederlanden also wieder etwas teurer werden. Derzeit bewegen sich die Marktpreise wegen der bestehenden Verbrennungsüberkapazitäten durchschnittlich um die 50 Euro je Tonne.

Exporte brennbarer Abfälle werden ebenfalls besteuert

Der niederländische Abfallverband befürchtet, dass sich der Abfall in Folge der Besteuerung von Verbrennung und Deponierung den billigsten Weg suchen wird, also über die Grenzen ins Ausland „verschwindet“. Die Abgabe sei eine „kurzsichtige Finanzpolitik, die desaströse Folgen für die niederländische Ökonomie und Kreislaufwirtschaft haben wird“, schimpft der Verband.

Langfristig könne es sich um 2,2 Millionen Tonnen Restabfall aus Haushalten und Gewerbe drehen, die über die Landesgrenzen gehen könnten, so der Verband. Das entspreche nicht nur 30 Prozent der Verbrennungskapazitäten und damit einem Umsatz von immerhin 150 Millionen Euro. Auch die Sammel- und Recyclingunternehmen würden die negativen Folgen zu spüren bekommen, wenn eine derart große Menge an Abfällen das Land verlasse. Wahrscheinlich würden darüber hinaus auch noch weitere Abfallströme mit über die Grenzen gehen, warnen die Müllverbrenner.

Um dieses Szenario zu verhindern, hat das Planbureau voor de Leefomgeving (PLB), die niederländische Behörde für Umweltbewertung, in ihrer Studie über die verschiedenen Optionen einer Abfallsteuer eine Abgabe auch auf den Export brennbarer Abfälle vorgeschlagen. Diesem Vorschlag ist die Regierung gefolgt, und hat eine Steuer auf die Ausfuhr von Abfällen zur Verbrennung eingeführt. Diese Abgabe von ebenfalls 13 Euro pro Tonne wird ab dem 1. Juli 2015 fällig. Auf die Wirkung dieser Steuer allein wollen sich die Niederländer aber nicht verlassen, sondern die weitere Entwicklung sehr genau im Auge behalten. Sollte aus den Daten des Nationalen Abfallplans hervorgehen, dass der Export von Abfällen ins Ausland deutlich steigt, soll ab 1. Januar 2016 der Steuersatz auf die Verbrennung gesenkt, dafür aber die Deponieabgabe angehoben werden.

Ziel: 75 Prozent Recycling

Anders als der Verband der Abfallunternehmen sind Finanzstaatssekretär Wiebes und die Umweltexperten des PLB fest davon überzeugt, dass diese neue Abfallsteuer eine absolut positive Wirkung haben wird: „Auf diese Weise wird automatisch das stoffliche Recycling gegenüber dem Verbrennen und Deponieren begünstigt“, sagt Wiebes. Dazu komme, dass das Recycling nun auch relativ kostengünstig werde, heißt es in der PLB-Studie. Das erhöhe den Anreiz, um mehr Abfälle stofflich zu recyceln. Das ist auch das erklärte Ziel des Staatsprogramms „Vom Abfall zum Grundstoff“, mit dem die niederländische Regierung den Übergang zu einer echten Kreislaufwirtschaft schaffen will.

In den kommenden fünf Jahren soll die Quote für die getrennte Sammlung und das Recycling von Siedlungsabfällen laut Staatsprogramm auf mindestens 75 Prozent steigen. Aktuell liegt die Quote noch bei 50 Prozent. Gleichzeitig steht ein ziemlicher Einschnitt bei der in den Niederlanden anfallenden Abfallmenge bevor, die deponiert oder verbrannt werden darf: Ab 2020 sind diese beiden Entsorgungswege nur noch für maximal fünf Millionen Tonnen Abfälle erlaubt. 2012 wurden nach Zahlen der nationalen Straßen- und Wasserbaubehörde Rijkswaterstaat allein 6,5 Millionen Tonnen Haushalts- und Gewerbeabfälle in den MVA verwertet, dazu kam eine Million importierte Abfälle.

Eine derartige Verbrennungsabgabe ist übrigens kein Unikum in Europa; diese wird auch in Österreich, Belgien, Dänemark, Frankreich und Spanien erhoben. Laut PLB-Studie variieren die Steuersätze zwischen zwei bis elf Euro je Tonne. In Belgien beispielsweise liegt der Tarif derzeit bei 8 Euro pro Tonne. Verglichen mit Dänemark sind diese Abgaben allerdings Peanuts. Jede Tonne angelieferte Abfälle schlägt dort mit 44 Euro zu Buche.

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