Überblick über internationale Märkte

Die tieferen Preise an der Londoner Metallbörse strahlen auf die weltweiten Schrottpreise ab. Nur punktuell ist die Schrottnachfrage zufriedenstellend. Die russische Regierung erwägt unterdessen, in den Markt eingreifen. Auch China plant staatliche Eingriffe.

Niedrige Preise belasten Metallschrott-Märkte


Die Lage der Schrotthändler in Deutschland ist derzeit „trüb“, berichtet Ralf Schmitz vom Verband Deutscher Metallhändler im aktuellen Marktbericht des Weltrecyclingverbands BIR zu NE-Metallen. Schuld sind vor allem die gesunkenen Preise an der Londoner Metallbörse (LME), die bereits seit Ende Mai rückläufig sind. Entsprechend seien auch die Schrottpreise gesunken: Aluminium Alter auf 1.670 bis 1.750 Euro je Tonne, Aluminium Achse auf 1.630 bis 1.680 Euro und Bleischrott (Paket) auf 1.400 bis 1.560 Euro je Tonne. Zinkschrott (Zebra) wurden mit Preisen zwischen 1.450 und 1.500 Euro gehandelt. Kupferschrott (Kabul) erlöste zwischen 5.130 und 5.310 Euro.

Laut Schmitz ist in Europa derzeit genügend Kupferschrott verfügbar, auf dem Nickelmarkt gebe es derzeit ebenfalls einen Überschuss, da die Händler sich mit Käufen zurückhalten. Groß ist hingegen die Nachfrage nach Zink; bei Blei und Aluminium jedoch tut sich wenig.

Eher verhalten zeigt sich auch der Markt in Frankreich. Wegen der schlechten Preise halten Verkäufer ihre Ware zurück, berichtet Alexandra Weibel-Natan von Manco. Derzeit werden nur hochwertige Schrottsorten nachgefragt. Ähnlich sieht die Situation in Italien aus. Lediglich der Bleimarkt ziehe dank der Nachfrage aus der Automobilindustrie etwas an, berichtet Fernando Duranti von Tzimet.

US-Händler bitten Regierung um Hilfe

In den USA macht den Händlern laut Andy Wahl von TAV Holdings der starke US-Dollar zu schaffen. Inzwischen hätten Interessenvertreter sogar bereits die Regierung um Hilfe gebeten, um die heimische Wirtschaft gegen billig importierte Endprodukte aus dem Metallsektor und anderen Industriezweigen zu schützen.

Auch in Russland greift die Regierung möglicherweise in die Industrie ein. Allerdings nicht zur Freude der Recycler, wie Ildar Neverov von Steelway Limited berichtet. Demnach plant die Regierung, die Ländergrenzen für Metallschrotte zu schließen. Sekundärrohstoffe sollen künftig als „strategisch wichtige Ware für den inländischen Verbrauch“ deklariert und mit einem Exportverbot versehen werden. Ein vergleichbarer Versuch wurde erst im April gestartet und nach Protesten aus der Industrie abgewandt. Diesmal aber, so glaubt Neverov, könnte die Regierung mit ihren Plänen erfolgreich sein. Sehr zum Leidwesen der Händler, für die der Export dank der Abwertung des Rubels besonders attraktiv ist.

Möglicherweise wird auch die chinesische Regierung neue Regeln für die Wirtschaft aufstellen: Der Staatsrat der Volksrepublik hat vorgeschlagen, für Umweltschadstoffe, feste Abfälle und Lärmbelästigung eine Steuer einzuführen, beziehungsweise bestehende Abgaben zu erhöhen, berichtet Shen Dong von der OmniSource Corporation. Gleichzeitig wird in China für das zweite Quartal wieder ein solides Wirtschaftswachstum von rund 7 Prozent erwartet. Allerdings befürchten Analysten laut Dong, dass das Deflationsrisiko aufgrund einer eher schwachen Nachfrage steigt. Trotzdem vermeldet Omnisource eine Rekordnachfrage für raffiniertes Kupfer. Alleine im Jahr 2014 sei diese um 6,3 Prozent auf 8,72 Millionen Tonnen gestiegen, sie soll sich im laufenden Jahr um weitere 4 bis 5 Prozent erhöhen.

Strenge Inspektionen der Schiffsladungen

Dass die China Certification & Inspection Group (CCIC) inzwischen bei Schiffsladungen nach China besonders genau hinsieht, zeigt der kurze Bericht von Ma Hongchang. Demnach wurden vor allem Zorba-Ladungen nach Leiterplatten untersucht. Die Toleranzgrenze liegt dabei laut Hongchang bei 0,01 Prozent. So hätten die Inspektoren eine Ladung mit 22 Tonnen zurückgeschickt, weil sie ein kleines Stück Leiterplatte entdeckt hatten. Im Hafen von Taiwan wurde eine Ladung von zerkleinerten Produktionsresten von Leiterplatten abgelehnt, weil der Kupferanteil an den Boardresten unter 60 Prozent lag.

In Indien ist wegen der angekündigten neuen Vorgaben zur Inspektionen und Beladung von Schiffen der internationale Schrotthandel praktisch zum Erliegen gekommen. Die Händler wollen die Vorgaben für das neue Procedere erst abwarten, berichtet Dhawal Shah von Metco Marketing. Der angekündigte Termin zur Einführung der neuen Vorschriften – der 1. Juli – wird wohl nicht eingehalten werden. Laut Shah verhandelt der indische Metallrecyclingverband derzeit mit der zuständigen Organisation DGFT über einen zeitlichen Aufschub. Außerdem arbeitet der Verband daran, eine Ausnahme für diejenigen Unternehmen zu erwirken, die sich bereits an bestimmte Vorgaben wie die Überwachung der Radioaktivität halten. Diese Firmen sollen auch ohne das Pre-Shipment-Zertifikat weiter auf dem Seeweg handeln können.

Neben den Problemen mit dem internationalen Handel gibt es für die indischen NE-Metall-Recycler auch im Inland Schwierigkeiten. Trotz eines gewachsenen Bruttosozialprodukts von 7,4 Prozent ist die Schrottnachfrage uneinheitlich, die Margen stehen unter großem Druck, schreibt Shah. Die lokale Währung werde gegenüber dem US-Dollar immer schwächer, hinzu kämen die fallenden Preise an der Londoner Metallbörse.

Die gesunkenen Metallpreise sorgten auch in Japan für einem Rückgang der Schrottpreise um 3 bis 5 Prozent im Vergleich zum Vormonat , berichtet Shigenori Hayashi von Daiki Aluminium Industry. Die Schrottversorgung sei nach wie vor schlecht, die Smelter würden sich vor allem nach Material im eigenen Land umsehen.

© 320°/ek | 24.06.2015

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