Modellprojekt im Neckar-Odenwaldkreis

Im Neckar-Odenwaldkreis wurde getestet, ob eine Abfallsammlung ohne Restmülltonne möglich ist. Die Antwort lautet Ja. Vor allem bei der Kunststoffsammlung wurden hohe Werte erzielt.

Null Restmüll


Immer wieder wird davon geträumt, im Neckar-Odenwaldkreis in Baden-Württemberg wurde es erfolgreich getestet: Die vollständige Abfalltrennung der Bürger ohne Restmüll. In einem Modellversuch wurden dafür die Restmülltonne abgeschafft und zwei neue Tonnen aufgestellt: eine grüne Bioenergietonne (BET) sowie eine gelbe, trockene Wertstofftonne (TWT).

Die Ergebnisse wurden in einer Ökoeffizienz- und einer Sortieranalyse dokumentiert und vergangene Woche auch beim Kasseler Abfallforum präsentiert. Wie Thomas Gambke, Bereichsleiter der Abfallwirtschaftsgesellschaft des Neckar-Odenwald-Kreises (AWN), erläuterte, sind bei dem Modellprojekt Altpapier und Altglas nach wie vor getrennt gesammelt worden. Sperrmüll wurde wie sonst üblich auf Abruf abgeholt; Altholz und Altschrott wurden über eine Straßensammlung erfasst.

In dem Modell „trocken – nass“ durften in der „nassen“ BET neben den klassischen Bioabfällen auch Windeln, Kehricht oder Kleintierstreu entsorgt werden. In der „trockenen“ TWT wurden neben Kunststoffen und Verpackungen auch Holzteile, Gummi und Metalle gesammelt. Die Verpackungssammlung wurde vorab mit den Systembetreibern abgestimmt. Eine klassische Biotonne wie sie das Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) vorsieht, gibt es in diesem Modell nicht.

Vergleich von 3 Szenarien

Um die Ökoeffizienz des neuen Modells zu bestimmen, hat die Forschungsgruppe Kommunal-/Umweltwirtschaft der Fachhochschule Mainz drei Szenarien miteinander verglichen:

1. das derzeitige Abfallwirtschaftskonzept,

2. den Modellversuch „trocken – nass“ und

3. den Vorschlag aus dem KrWG mit Restabfalltonne, Gelbe Tonne plus und Biotonne.

Dabei wurden in Szenario 1 rund 124 Kilogramm Restmüll, 41,6 Kilogramm Verpackungen und 169 Kilogramm Grüngut pro Einwohner und Jahr gesammelt.

Bei dem Modellversuch 2 ergab die Analyse 92,5 Kilogramm trockene Wertstoffe sowie 104,5 Kilogramm in der Bioenergiertonne und 138 Kilogramm Grüngut.

Im dritten Szenario ermittelten die Wissenschaftler eine Restmüllmenge von 50 Kilogramm sowie rund 48 Kilogramm aus der gelben Tonne plus, etwa 100 Kilogramm aus der Biotonne und knapp 112 Kilogramm Grüngut.

„Szenario 2 weist wesentliche ökologische Vorteile gegenüber Status quo und Szenario 3 auf“, fasste Gamke zusammen. Ökonomisch betrachtet erweise sich das Szenario 3 als deutlich schlechtere Variante gegenüber Status quo und Szenario 2.

Wenige Fehlwürfe

Die Sortieranalyse der beiden Tonnen haben Mitarbeiter des Witzenhausen-Instituts für Abfall, Umwelt und Energie an einem Umschlagplatz durchgeführt. Dabei ergab die TWT bei einer jährlichen Erfassung von 78 Kilogramm pro Einwohner und Jahr ein Wertstoffpotenzial von 57 Kilogramm. Das Material in der TWT sei sehr trocken gewesen, es habe wenige Fehlwürfe gegeben, erklärte Gambke. Auch die Metallerfassung sei mit 5,8 Kilogramm FE-Metallen und 1,5 Kilogramm NE-Metallen sehr gut ausgefallen. Als systemfremd – also Stoffe wie Glas, Papier und Textilien – galten bei der Analyse 12,2 Gewichtsprozent. Störstoffe bildeten 23,4 Gewichtsprozente.

Besonders zufrieden zeigt sich Gambke mit der Ausbeute an sortierten Kunststoffe zur stofflichen Verwertung. Diese brachten 18,2 Kilogramm pro Jahr und Einwohner auf die Waage. „Das System TWT stellt, einwohnerbezogen, mehr als dreimal so viele Kunststoffe zur stofflichen Verwertung bereits wie die Dualen Systeme“, betonte Gambke. Deren Ausbeute betrug im Jahr 2010 lediglich 5,0 Kilogramm pro Einwohner und Jahr.

Bei der BET hat die Analyse hat ergeben, dass 83,2 Prozent aller dort gesammelten Stoffe auch tatsächlich in die Tonne gehören – das bedeutet einen Anteil von 16,8 Prozent systemfremder Stoffe. Für eine biologische Verwertung waren 63 Prozent der richtig gesammelten Abfälle geeignet. Auch hier zeigte sich Gambke zufrieden. Das Material, das über die Bioenergietonne gesammelt wurde, zeige „relativ gute Qualitäten“. Derzeit laufe ein Kompostierversuch der aufbereiteten Fraktion. Die Ergebnisse dazu stehen noch aus.

Da in dem Modell die vorgeschriebene Biotonne fehlt, könnte der Gesetzgeber dem AWN möglicherweise einen Strich durch die Rechnung machen. Für diesen Fall kann sich Gamke vorstellen, einen sogenannten Störstoffsack für die Bioenergietonne einzuführen, in dem beispielsweise die Windeln gesammelt werden könnten. Oder aber es werden die Ergebnisse aus der Ökoeffizienzanalyse herangezogen. Denn diese beweisen laut Gambke, dass das Modellprojekt mindestens gleichwertig zu dem Standardmodell aus dem KrWG sei.

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