Entgasungsprozess

Eine Recyclingfirma will in Thüringen das thermo-katalytische Entgasungsverfahren für Altreifen großtechnisch anwenden. Das Ziel ist die Gewinnung von Gas, Öl und Koks. Wie es heißt, eignet sich die Verfahrenstechnik auch für andere Abfälle. [ Video ]

Öl und Koks aus Altreifen


Die Firma Global EnerTec ist mit ihrer Technologie der thermo-katalytischen Entgasung schon vor einigen Jahren in Erscheinung getreten. Damals, 2015, hatte sie der Öffentlichkeit eine Test- und Erprobungsanlage für die Verwertung von Altreifen vorgestellt. Die Anlage steht im brandenburgischen Guben, nahe der polnischen Grenze, zwischen Cottbus und Frankfurt (Oder). Ihr Durchsatz beträgt 4.000 Tonnen und soll in diesem Jahr den Dauerbetrieb aufnehmen.

Eine ganz andere Größenordnung hingegen birgt die Anlage, die Global EnerTec in der Gemeinde Obermehler in Thüringen plant. Die Anlage soll nach Angaben des Betriebsleiters Jürgen Fechner pro Jahr etwa 97.000 Tonnen Altreifen sowie 10.500 Tonnen Shredder-Leichtfraktion verarbeiten. Die geplante Inbetriebnahme sei frühestens im Jahr 2020.

„Für die Anlage in Thüringen haben wir langfristige Liefervereinbarungen für die Altreifen“, erklärt Fechner gegenüber 320°. Weil aktuell das Angebot an Altreifen sehr groß sei, prüfe das Unternehmen auch den Bau weiterer Anlagen, beispielsweise in Brandenburg. Allein für die geplante Anlage in Thüringen veranschlagt das Unternehmen eine Investitionshöhe von 65 Millionen.

Koks für Carbon Black

Bei der thermo-katalytischen Entgasung werden die Altreifen zunächst zerkleinert und in eine Reaktoreinheit aufgegeben, die von außen auf 550 Grad Celsius erhitzt wird. Dabei entstehen Gase. Diese werden dann mit Katalysatoren beziehungsweise Zuschlagstoffen behandelt, um die enthaltenen Schadstoffe zu binden. Über Destillation und Kondensation wird Öl erzeugt. Als Rest entsteht Koks.

Im Ergebnis werden bei der Verwertung von Altreifen hochkalorisches Gas mit einem Brennwert von circa 16 kWh/m³ und hochkalorisches Öl mit einem Brennwert von circa 11 kWh/kg gewonnen, erklärt Fechner. Beides biete sich zur dezentralen Energieversorgung an (Strom und Wärme über BHKW).

Darüber hinaus werde Koks mit einem Kohlenstoffanteil von circa 85 Prozent erzeugt. „Dieser Koks ist hervorragend geeignet für die Herstellung von Aktivkoks – Filtermaterial für Abwasser- und Rauchgasreinigung – oder als Ausgangsstoff für die Produktion von Carbon Black.“ Zudem werde Stahl aus den Altreifen gewonnen.

Wirtschaftlich ab 12 Tonnen täglich

Das Verfahren wurde nach Angaben der Lausitzer Rundschau gemeinsam mit Radwan Matrmawi, Chemiker und Gründer des Cottbuser Umweltanalytiklabors L.U.A. entwickelt. Laut Fechner ist die Anlage schon ab 12 Tonnen Tagesdurchsatz wirtschaftlich. Neben Altreifen eigne sich der Prozess auch für Gummiabfälle, Plastikabfälle inklusive PVC, Fraktionen aus Haus- und Industriemüll und getrocknete, ölhaltige Klärschlämme. Wie Fechner betont, arbeite die Anlage weitgehend emissionsfrei. Der thermische Wirkungsgrad liege zwischen 75 und 78 Prozent.

Die Firma Global Enertec wurde vor fünf Jahren gegründet. Das Unternehmen kann in Finanzierungsfragen nicht nur auf private Geldgeber zurückgreifen, sondern auch auf Fördermittel von der Investitionsbank des Landes Brandenburg aus dem Programm für Forschung und Entwicklung für KMU, wie Betriebsleiter Fechner bestätigt. Geschäftsführerin der Firma ist Elena Weibert.


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© 320°/bs | 20.02.2018

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