Insolvenzverfahren

Die Zukunft der insolventen Papierfabrik Scheufelen ist nach wie vor ungewiss. Ein Investor ist noch nicht gefunden worden. Viel Zeit für eine Lösung bleibt nicht mehr.

Papierfabrik Scheufelen stellt Produktion ein


Die Situation bei der traditionsreichen Papierfabrik Scheufelen in Oberlenningen (Baden-Württemberg) spitzt sich zu. Am 1. April wird die Insolvenz eröffnet, wie der vorläufige Insolvenzverwalter, der Stuttgarter Rechtsanwalt Tibor Braun, mitteilt. Im Zuge dessen wird die Produktion vorübergehend eingestellt und die Zahl der Mitarbeiter zunächst freigestellt. Derzeit beschäftigt Scheufelen 340 Mitarbeiter.

Die Papierfabrik musste den Insolvenzantrag Ende Januar 2018 stellen. Grund waren massiv gestiegene Rohstoffpreise und ein gleichzeitiger Margenverfall bei gestrichenen Papieren. Scheufelen hatte schon Ende 2016 versucht, dem negativen Trend entgegenzuwirken und die Entwicklung von bedruckbarem Graspapier vorangetrieben, um sich insbesondere dem Preisdruck bei der Zellstoffversorgung entziehen zu können.

„Auf der Zielgeraden ist uns das Geld ausgegangen“, so der Geschäftsführer des Unternehmens, Stefan Radlmayr. „Das ist angesichts des riesigen Kundeninteresses schon sehr schade. Scheufelen ist derzeit der einzige Hersteller, der das zu 50 Prozent aus Gras und 50 Prozent aus Zellstoff hergestellte Papier in industriellem Maßstab offsetdruckfähig herstellen kann und damit den hohen Anforderungen der Verpackungsindustrie gerecht wird.“

„Es ist zum Haare raufen“

Die Hoffnung, dass namhafte Wettbewerber den Entwicklungsvorsprung für sich nutzen könnten und Scheufelen übernehmen werden, hat sich bislang noch nicht erfüllt. „Man gewinnt den Eindruck, dass die Branche und die Zellstoffindustrie dieser nachhaltigen und disruptiven Technologie nicht zum Erfolg verhelfen wollen“ so Insolvenzverwalter Braun. Auch die politischen Bemühungen im Bund und insbesondere im Land, bei der Investorensuche zu unterstützen, blieben bislang erfolglos. „Geldtöpfe lassen sich erst öffnen, wenn der Investor an Bord ist“, so Braun weiter.

„In der jetzigen Situation hilft den Mitarbeitern und dem Unternehmen aber niemand. Wir sind leider keine Fluglinie“, fügt Braun hinzu. Mithilfe eines Massedarlehens in Höhe von 3 Millionen Euro und weil die Löhne und Gehälter der Mitarbeiter über Insolvenzgeld von der Agentur für Arbeit bezahlt wurden, war es zunächst gelungen, die Produktion wieder aufzunehmen und bis heute fortzuführen. Gestützt wurden die Bemühungen von Kundenseite. Insbesondere der wichtige Vertriebspartner IGEPA-Group, für den das gestrichene hochweiße Feinstpapier heaven 42 gefertigt wird, hat das Unternehmen nennenswert mit Aufträgen ausgelastet.

„Im eröffneten Insolvenzverfahren dürfen aber keine Verluste zu Lasten der Gläubiger erwirtschaftet werden,“ so der Insolvenzverwalter. „Wir waren deshalb gezwungen, eine Entscheidung zu treffen und zumindest vorübergehend die Papierproduktion bei Scheufelen einzustellen“.

Hoffnung auf einen Investor gibt es aber immer noch. „Noch gibt es Verhandlungspartner und so lange Gespräche geführt werden, geben wir nicht auf, deshalb werden die Mitarbeiter auch nur freigestellt und nicht gekündigt“, sagt Geschäftsführer Stefan Radlmayr. „Es ist zum Haare raufen: Namhafte Kunden für Graspapier insbesondere aus der Lebensmittelbranche stehen Schlange, erwarten aber vor der Umstellung der Verpackungen die Investorenlösung“, meint Insolvenzverwalter Braun. „25.000 bis 30.000 Tonnen Graspapier im ersten Jahr könnten aus dem Stand heraus abgesetzt werden und auf der Investorenseite wird gezögert.“ Zeitlich unbegrenzt kann allerdings nicht verhandelt werden. „Bis Ende April brauchen wir die Lösung“, so Braun.

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