Aktion gegen Plastik

Der Widerstand gegen Plastik formiert sich: Eine Petition fordert inzwischen das Komplettverbot für PET-Flaschen. Und auch die Deutsche Umwelthilfe fordert ein stärkeres Durchgreifen: Bundesumweltministerin Hendricks soll ihren „faulen Deal“ mit dem HDE beenden.

Petition fordert Komplettverbot von PET-Flaschen


Vor gut zwei Wochen ist die Petition „Befreit Deutschland und Österreich jetzt von unnötigem Plastikmüll“ ins Leben gerufen worden. Der Initiator ist ein Mitarbeiter des Wassersprudel-Herstellers SoaStream. Nach Angaben des Unternehmens haben in den vergangenen 14 Tagen mehr als 28.000 Personen die Petition unterstützt. Damit die Petition im Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags beraten wird, benötigt sie innerhalb von 4 Wochen mindestens 50.000 Unterstützer.

Mit der Petition soll unter anderem die gesonderte Besteuerung von PET-Getränkeflaschen und Plastiktüten erreicht werden. Darüber hinaus werden das Erreichen einer Einwegquote von 20 Prozent und ein Werbeverbot für Getränke in Plastik-, insbesondere Einwegflaschen gefordert. Am Ende sollen in Deutschland PET-Einwegflaschen bis 2025 komplett verboten sein.

„Manchmal müssen harte Wege gegangen werden, um Grenzen zu überwinden. Deshalb müssen diejenigen, die den Müll produzieren, dafür auch entsprechend zur Kasse gebeten werden und für die Schäden aufkommen, die ihre Produkte verursachen – wie bei der Kernenergie“, sagt Ferdinand Barckhahn, Geschäftsführer SodaStream Deutschland. Im Rahmen einer großen Konferenz für Presse und Blogger hat SodaStream gemeinsam mit Umweltbotschafter Hannes Jaenicke die neue Umweltkampagne „Goodbye Plastic“ in Berlin vorgestellt und dabei den Start der Petition verkündet. Das Gesuch richtet sich an Bundesumweltministerin Barbara Hendricks, Bundeskanzlerin Angela Merkel sowie die aktuelle und künftige Regierung der Bundesrepublik.

Magere Bilanz der Selbstverpflichtung

Unterdessen hat die Deutsche Umwelthilfe (DUH) ihre Kritik an der freiwilligen Selbstverpflichtung des Handelsverbandes Deutschland (HDE) zur kostenpflichtigen Herausgabe von Plastiktüten erneuert. Ein Jahr nach Inkrafttreten der Selbstverpflichtung zieht die DUH ein bescheidenes Fazit. In der Praxis würden viele Tüten immer noch kostenlos oder für nur 10 Cent herausgegeben. Dieser Betrag sei jedoch zu niedrig, um die Nutzung von Plastiktüten auf ein niedrigeres Niveau zu senken.

Aus Sicht des Umweltverbands verhindert die Selbstverpflichtung das schnelle Ende der Plastiktüte, anstatt es kurzfristig herbeizuführen. EU-Staaten wie beispielsweise Irland, Dänemark oder England hätten durch die Einführung wirksamer gesetzlicher Abgaben die Plastiktütenflut eindrucksvoll auf ein Minimum reduziert. Deshalb erneuert die DUH ihre Forderung, eine bundesweite Plastiktütenabgabe in Höhe von mindestens 22 Cent nach dem Vorbild Irlands einzuführen. Dort konnte der Tütenverbrauch durch die Einführung einer Abgabe innerhalb weniger Jahre von 328 Stück pro Kopf und Jahr auf nur noch 16 reduziert werden.

In Deutschland hingegen sei Bundesumweltministerin Hendricks vor den Interessen der Handelskonzerne eingeknickt. Sie habe sich für einen „Deal“ mit dem Handelsverband HDE entschieden. Recherchen der DUH haben jedoch ergeben, dass von der Selbstverpflichtung lediglich Unternehmen umfasst sind, die zusammen 40 Prozent der Plastiktüten in Deutschland in Verkehr bringen.


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Nach Überzeugung der DUH fehlen Sanktionsmaßnahmen für den Fall der Nichtumsetzung der Selbstverpflichtung. Zudem verbleibe das eingenommene Geld aus dem Verkauf der Plastiktüten bei den Händlern, die damit den Neueinkauf von Plastiktüten refinanzieren könnten. Somit blieben Plastiktüten weiterhin ein attraktives Werbemittel.

Nachfragen der DUH zur exakten Entwicklung des Plastiktütenverbrauchs seit dem Start der Selbstverpflichtung am 1. Juni 2016 seien weder vom HDE noch vom Bundesumweltministerium beantwortet worden. Ministerium und Handelsverband verweigerten eine Auskunft, so der Umweltverband.

„Wir sehen einmal mehr, wie sich Deutschland von seiner Vorbildrolle im Umweltschutz verabschiedet und die Vermüllung von Flüssen, Seen und der Meere mit Plastikabfällen akzeptiert. Anstatt Plastiktüten durch eine Umweltabgabe von 22 Cent pro Stück wirkungsvoll zu verringern, knickt die Regierung einmal mehr vor den Interessen der Handelskonzerne ein. Wir fordern Umweltministerin Hendricks auf, ihren faulen Deal mit dem Handelsverband Deutschland zu beenden“, sagt DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch.

„Eine gesetzliche Abgabe wird durch die freiwillige Selbstverpflichtung des Handels nicht überflüssig, weil sie das deutlich wirksamere Instrument ist, um die Plastiktüte zu einem Relikt der Vergangenheit zu machen“, erklärt Thomas Fischer, Leiter der DUH-Kreislaufwirtschaft. „Die eingenommenen Gelder aus dem Verkauf von Plastiktüten würden im Falle einer Abgabe nicht bei den Händlern bleiben, sondern könnten für Projekte zum Umweltschutz und zur Abfallvermeidung durch öffentliche Naturschutzstiftungen verwendet werden. Dadurch würde das Angebot von Plastiktüten für den Handel vollkommen unattraktiv.“

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