Sensorgestützte Sortierverfahren

Recycler sind immer auf der Suche nach leistungsfähigen Messverfahren und Geräten zur Prozesskontrolle und Qualitätsanalyse. Bedienerfreundlich und flexibel einsetzbar sollen diese sein. Darüber hinaus sollen sie berührungslos und zerstörungsfrei arbeiten. All das verspricht die Technologie „Hyperspektral-Imaging“.

Quantensprung in der NIR-Sortierung


Erst seit relativ kurzer Zeit hat die Hyperspektral-Imaging-Technologie (HSI) Einzug in verschiedenen Branchen wie der Recyclingindustrie und im Bergbau gehalten. Als spektroskopische und bildgebende Analysetechnik wird sie zunehmend zur Prozess- und Qualitätskontrolle eingesetzt. Ihre Vorteile liegen in der Kombination höchster örtlicher und spektraler Auflösung. Damit lassen sich auch kleine Objekte sicher erkennen. Die Abbildung des kompletten Spektralbereiches für jeden Ortspunkt, in Verbindung mit ausgereiften schnellen Algorithmen der Spektrometrie, ermöglicht auch die Lösung komplexer Sortieraufgaben und macht diese neue Gerätegeneration flexibel einsetzbar.

Die meisten herkömmlichen Nah-Infrarot (NIR)-Sensoren scannen Punkt für Punkt. „Das bedeutet, dass jeder Punkt sehr schnell gescannt werden muss, da der Scanbereich nur einen sehr kleinen Bereich der gesamten Breite des Förderbands abdeckt. In der Zeit, die nötig ist, um einen bestimmten Bereich des Förderbands zu scannen, wird der Rest nicht beachtet – kleinere Objekte können somit den Scanbereich passieren, ohne vom System erfasst zu werden“, sagte der Geschäftsführer von RTT Steinert, Hendrik Beel, bei der Sensor-Based-Sorting-Konferenz in Aachen.

Die hyperspektrale Bildgebung dagegen arbeitet nach dem Prinzip einer hochauflösenden Zeilenkamera mit einer Auflösung von 320 Pixeln quer zur Bandrichtung. „Alle aufgenommenen spektroskopischen Daten werden gleichzeitig gemessen und in der High-Speed-Kamera verarbeitet“, erläutert Beel. Ein weiterer Vorteil des Systems bestehe in der optimalen Nutzung des eingestrahlten Lichts, da kontinuierlich gemessen und nicht nur ein Scanpunkt erfasst wird. Damit benötigt die HSI-Technologie weniger Lichtleistung und somit weniger Energie.

Breite Palette an Einsatzmöglichkeiten

Der Fortschritt bei der HSI-Technologie ist in hohem Maße der leistungsfähigeren Hardware-Komponenten zu verdanken. Mit der heutigen Computer-Hardware und –Software können die gewaltigen Datenmengen der spektroskopischen Messungen auch schneller verarbeitet werden. „Hierbei werden spektrale Messungen nicht einfach mit bekannten Mustern verglichen. Die speziell entwickelten Algorithmen klassifizieren nicht nur Standardkunststoffe, sondern können auch an schwierige Aufgabenstellungen angepasst werden“, betont der RTT-Steinert-Geschäftsführer.

Die hochauflösende NIR-Kameratechnik bietet laut Hersteller breite Einsatzmöglichkeiten: Eine Sortierung von Verpackungen, von Ersatzbrennstoffen oder von Kunststoffen aus dem Elektro- und Elektronikschrott sei ebenso möglich wie eine Sortierung von biologisch abbaubarer Kunststoffe oder HDPE / LDPE. Es soll damit auch möglich sein, den Mix aus Holz und Plastik in den Shredderrückständen von Fahrzeugen aufzuräumen.

Nach dem Brech- und Siebvorgang, der Separation von Metallen und dem Schwimm-Sink-Prozess liegt eine Mischung von dunklem, nassem Holz und dunklen beziehungsweise schwarzen Kunststoffen vor. Der Holzanteil beträgt üblicherweise zwischen 5 und 20 Prozent. NIR-Standardtechniken stoßen hier an ihre Grenzen, denn sie können schwarze oder dunkle (Plastik-)Teile nicht erkennen. Die Sortenreinheit der separierten Produkte ist daher nur gering. „HSI dagegen ist in der Lage, die schwarzen nassen Holzstücke zu detektieren und von den schwarzen Plastikteilchen zu trennen“, sagt Beel. Dieses System sei bereits bei einigen Shredderanlagen in Europa in Betrieb.

Bessere Kontrolle des Produktionsprozesses

Diese neue Technologie hat aber mehr in petto, als allein komplexe und komplizierte Sortieraufgaben zu lösen. „Dieselben hyperspektralen Daten, die für eine Klassifizierung und Aussortierung von Objekten in einem Materialstrom genutzt werden, können gleichzeitig zu einer quantitativen Messung der stofflichen Bestandteile dieser Objekte in Echtzeit herangezogen werden“, legte Matthias Kerschhaggl vom österreichischen Unternehmen EVK DI Kerschhaggl in seinem Vortrag dar. Er hat bei Anlagenbetreibern einen wachsenden Bedarf festgestellt, nicht nur Fremdmaterialien aus einem Massenstrom herauszufischen, sondern auch quantitative Informationen über das „gute“ Material zu gewinnen, um somit den gesamten Produktionsprozess besser kontrollieren zu können.

Kerschhaggl beschreibt das Potenzial von Inline-HSI-Technogien mit wissenschaftlichem Enthusiasmus: „Das ist in etwa so, als würde man ein rund um die Uhr arbeitendes Hochpräzisionslabor in den Produktionsprozess integrieren. Das Potenzial von derartig präzisen Messmethoden mit ihrer beispiellosen statistischen Aussagekraft ist enorm.“

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