Abfallgesetzgebung

Braucht es konkrete Wiederverwendungsziele für bestimmte Abfallströme? Nein, sagt die Bundesregierung. Auch ein Vermeidungsziel für Siedlungsabfälle lehnt sie ab. Ihre Position zum Kreislaufwirtschaftspaket der EU bekräftigt sie.

Regierung lehnt verbindliche Wiederverwendungs-Ziele ab


Die Bundesregierung hält nichts davon, für bestimmte Abfallströme verbindliche Wiederverwendungsziele festzulegen. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Grünen hervor. In einem Katalog mit 26 Fragen wollten mehrere Bundestagsabgeordnete der Grünen wissen, wie sich die Regierung zum Kreislaufwirtschaftspaket der EU positioniert.

Einige Fragen zielten auch auf die Haltung der Bundesregierung zu verbindlichen Wiederverwendungszielen ab. Die Antworten fielen reserviert aus. Weder bei Alttextilien noch bei Elektrogeräten, Sperrmüll oder Verkaufs-, Transport- und Getränkeverpackungen seien einheitliche Vorgaben zur erneuten Verwendung sinnvoll, meint die Regierung.

So gäbe es beispielsweise im Bereich Alttextilien in Deutschland bereits mit 54 Prozent eine hohe Wiederverwendungsquote. Weitere Zielvorgaben seien daher nicht erforderlich. Bei Elektrogeräten müsste zunächst eine rechtliche Abgrenzung zwischen Wiederverwendung und Vorbereitung zur Wiederverwendung geschaffen werden – dies werde derzeit vom Umweltbundesamt geprüft. Aber auch für Elektroaltgeräte sei die Einführung einer eigenen Quote für die Vorbereitung zur Wiederverwendung nicht sinnvoll.

Keine Veranlassung für Sperrmüll

Im Bereich Verpackungen begründet die Regierung ihre Absage an eine Wiederverwendungsquote damit, dass die Vorgaben sich letztlich an jeden Hersteller richten müssten und daher wenig praktikabel seien.

Auch für Sperrmüll sieht die Regierung keine Veranlassung. Zum einen falle Sperrmüll als Siedlungsabfall bereits unter das diesbezügliche Recyclingziel. Zum anderen sei Sperrmüll ein sehr heterogenes Abfallgemisch, bei dem Art und Zusammensetzung örtlich stark differieren, so dass ein pauschales, verbindliches Wiederverwendungsziel und dessen Monitoring nicht zielführend seien.

In puncto Abfallvermeidungsziele sieht die Regierung ebenfalls wenig Handlungsbedarf. Ein konkretes Vermeidungsziel für Siedlungsabfälle sei zum gegenwärtigen Zeitpunkt weder sachgerecht noch tragfähig, heißt es in der Antwort. Ähnliches gelte für Verpackungsabfälle. Bei Lebensmittelabfällen dagegen befürwortet die Bundesregierung ein Vermeidungsziel. Sie verweist auf die UN-Agenda für nachhaltige Entwicklung, die bis 2030 eine Halbierung der Pro-Kopf-Lebensmittelabfälle vorsieht.

Keine weiteren Berichtspflichten

Mit Blick auf das Kreislaufwirtschaftspaket der Europäischen Union wollten die Grünen auch wissen, wie die Bundesregierung den aktuellen Vorschlag des EU-Parlaments bewertet, die Recyclingquote für Siedlungsabfälle bis 2030 auf 70 Prozent zu erhöhen. Hier unterstreicht die Regierung ihre Haltung, dass sie weiterhin den Vorschlag der EU-Kommission befürwortet, der lediglich eine Erhöhung auf 65 Prozent vorsieht. „Eine weitergehende Quotenerhöhung wird hingegen nicht unterstützt“, heißt es in der Antwort.

Ein anderer Parlamentsvorschlag, der über die Vorstellung der EU-Kommission hinausgeht, findet bei der Regierung jedoch Zustimmung. So befürwortet die Regierung die Erhöhung der Recyclingziele für Verpackungsabfälle auf 80 Prozent bis 2030. Auf Zuspruch der Regierung stößt auch der Vorschlag der EU-Kommission, die Berechnung der Recyclingquote auf den Output der vorbehandelnden Recyclingschritte und damit auf den Input der letzten Verwertungsanlage einzuschränken. In diesem Punkt stimme Deutschland – wie alle anderen EU-Mitgliedsstaaten auch – zu.

Ein klares Nein als Antwort erhalten die Grünen jedoch auf die Frage, ob Deutschland weitere Berichtspflichten für die Dokumentation einzelner Abfallströme einführen wird, um diese entlang der ganzen Recyclingwertschöpfungskette zu verfolgen.


EU-Kreislaufwirtschaftspaket: Das wird derzeit diskutiert

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[su_spoiler title=“Recyclingquoten für Siedlungsabfälle“] Nach den Vorstellungen des EU-Parlaments sollen Siedlungsabfälle ab 2030 zu 70 Prozent recycelt beziehungsweise für die Wiederverwendung vorbereitet werden. Schon 2025 soll eine Mindestquote von 60 Prozent gelten. Im Vorschlag der EU-Kommission liegt die Quotenvorgabe ab Jahr 2030 lediglich bei 65 Prozent.

Es gibt aber Ausnahmen: Mitgliedsstaaten, die bis zum Jahr 2013 weniger als 20 Prozent ihrer Siedlungsabfälle recycelt haben und bis 2025 voraussichtlich nur eine Recyclingquote von 50 Prozent schaffen, kann mehr Zeit eingeräumt werden.
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[su_spoiler title=“Quotenvorgaben für Verpackungen“] Bei Verpackungen sollen nach dem Willen des EU-Parlaments ab Ende 2025 mindestens 70 Gewichtsprozent aller anfallenden Verpackungen recycelt werden – 2030 dann 80 Prozent. Die EU-Kommission hatte mit 65 Gewichtsprozent ab 2025 beziehungsweise 75 Prozent ab 2030 noch eine niedrigere Quote gefordert – allerdings bezog sich diese auf die Vorbereitung zur Wiederverwendung oder zum Recycling.

Für die einzelnen Verpackungsarten legte das Parlament folgende Quoten fest, die ebenfalls über den Wunsch der Kommission hinausgehen:

• 60 Gewichtsprozent bei Kunststoffen, (EU-Kommission: 55 Gewichtsprozent)

• 65 Gewichtsprozent bei Holz, (EU-Kommission: 60 Gewichtsprozent)

• 80 Gewichtsprozent bei Eisenmetallen, (EU-Kommission: 75 Gewichtsprozent)

• 80 Gewichtsprozent bei Aluminium, (EU-Kommission: 75 Gewichtsprozent)

• 80 Gewichtsprozent bei Glas, (EU-Kommission: 75 Gewichtsprozent)

• 90 Gewichtsprozent bei Papier und Karton (EU-Kommission: 75 Gewichtsprozent)

Auch für die Wiederverwendung macht das Parlament Vorgaben: Bis zum 31. Dezember 2025 müssen mindestens 5 Gewichtsprozent aller Verpackungsabfälle und bis 2030 mindestens 10 Gewichtsprozent wiederverwendet werden. Die Kommission hatte dazu keine Angaben gemacht.
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[su_spoiler title=“Begrenzung der Deponierung“] Das EU-Parlament fordert, dass die EU-Mitgliedsländer ab dem Jahr 2030 nur noch 5 Prozent ihrer Siedlungsabfälle auf Deponien ablagern dürfen. Die EU-Kommission sieht eine Quote von 10 Prozent vor.

Auch hier soll es eine Ausnahme geben: „Ein Mitgliedsstaat kann eine Fristverlängerung von fünf Jahre zum Erreichen des Ziels gemäß Absatz 5 beantragen, wenn er 2013 mehr als 65 Prozent seiner Siedlungsabfälle in Deponien abgelagert hat“, so der Parlamentsvorschlag. Die Ablagerung von biologisch abbaubaren Abfällen soll komplett verboten werden. [/su_spoiler]
[su_spoiler title=“Berechnung der Recyclingquote“] In ganz Europa soll die Berechnung der Quote künftig harmonisiert werden. Deshalb soll die Berichterstattung über das Erreichen der Recyclingziele künftig auf Grundlage des Inputs erfolgen, der dem abschließenden Recyclingverfahren zugeführt wird.

Gewichtsverluste durch den Recyclingprozess sollen nicht abgezogen werden. Diese Forderungen unterscheiden sich im Kern nicht von dem Vorschlag der EU-Kommission. [/su_spoiler]
[su_spoiler title=“Getrenntsammlungspflichten“] Nach dem Willen des EU-Parlaments sollen künftig sechs Fraktionen der Siedlungsabfälle getrennt gesammelt werden: Papier, Metall, Kunststoff, Glas, Textilien und Bioabfälle. Im Kommissionsvorschlag gilt diese Pflicht nur für Papier, Metall, Kunststoff und Glas – nicht aber für Textilien und Bioabfälle.

Laut Parlament soll außerdem in der neuen Abfallrahmenrichtlinie verankert werden, dass auch bei nicht getrennt gesammelten Abfällen die Mitgliedsstaaten versuchen müssen, diese anschließend zu separieren. Für gefährliche Haushaltsabfälle soll eine getrennte Sammlung eingeführt werden.
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