Stoffliche Verwertung

Mit einem Bündel von Maßnahmen will der bvse die Verwertungsprobleme bei Mischkunststoffen lösen. Eine Lösung tut Not, denn die Verwertung wird immer unrentabler.

Rettungsplan für Mischkunststoffe


Die Mischkunststoffe sind das Sorgenkind der Kunststoffrecycler. Mischkunststoffe bestehen vor allem aus Verpackungen aus Polyolefinen (PE und PP) und aus so genannten Kunststoffverbunden. Aus solchen Materialien lassen sich zwar durchaus sortenreine Kunststoffgranulate herstellen, doch der Aufwand hierfür ist groß – und oftmals nicht lohnenswert.

Dafür gibt es einige Gründe. Zum einen reklamieren die dualen Systeme das Eigentum an den Mischkunststoffen für sich. Die Sortieranlagen, die von den dualen Systemen beauftragt werden, haben deshalb keine Möglichkeit, die Mischkunststoffe zu vermarkten. Folglich ist ihr Anreiz für eine qualitativ hochwertige Sortierung gering.

Hinzu kommt der wirtschaftliche Druck, der auf den Sortieranlagen lastet. Die Kosten der dualen Systeme für die Sortierung und Erfassung sind zwar zwischen 2003 und 2011 um 76 Prozent gefallen, was zum einen an der zunehmenden Automatisierung der Sortierung liegt. Es liegt aber auch den gesunkenen Entgelten, die Sortieranlagen von den dualen Systemen erhalten.

Damit bleiben im Wesentlichen nur noch zwei Stellschrauben, um die Erlöse zu steigern beziehungsweise die Kosten zu senken: die Optimierung des Durchsatzes, sprich die Auslastung der Anlage, und – auf der Kostenseite – die Verringerung der Sortierreste, die entsorgt werden müssen.

Doch das hat Konsequenzen, die die Verwertungsanlagen schon seit geraumer Zeit zu spüren bekommen. „Die Verwerter von Mischkunststoffen und Folien stellen zunehmend fest, dass ihre Produktausbeuten bei der Verarbeitung dieser Fraktionen permanent sinken“, beschreibt der bvse die Entwicklung. Dies sei zum einen einer veränderten Struktur und Zusammensetzung der in den Handel gelangenden Verkaufsverpackungen geschuldet, zum anderen aber auch den völlig veralteten Vertragsbeziehungen zwischen den dualen Systemen und den Sortierern.

Darum hat der bvse einen Forderungskatalog sowie neue Spezifikationen für die Erfassung und Sortierung von Mischkunststoffen und Folien zusammengestellt. Damit sollen die noch gültigen Sortier-Spezifikationen aus dem Dezember 1991 dem aktuellen Stand der Technik für die moderne, industrielle Verwertung von Mischkunststoffen und Folien angepasst werden. Die Modernisierung sei auch deswegen nötig, weil in den kommenden Jahren ca. 300.000 Tonnen zusätzliche Verarbeitungskapazität allein für Verpackungen errichtet werden müssten, um der bevorstehenden Erhöhung der Verwertungsquoten in der Verpackungsverordnung Herr zu werden, so der bvse. Investierende Verwerter bräuchten dazu belastbare Vorgaben für die Qualität und Verfügbarkeit ihrer Rohstoffe.

Aber auch die Anforderungen an die Erzeuger von Rohstoffen für die werkstoffliche Verwertung von Verpackungen müssten an den aktuellen Stand der industriellen Qualitätssicherung angepasst werden, erklärt der Verband. Ferner müssten verbindliche Kriterien für Qualitätsvorgaben, Sortierkriterien und Qualitätssicherung in der Kunststoffverwertung erarbeitet werden.

Der Forderungskatalog, den der bvse vorgelegt hat, umfasst folgende Punkte:

Rückweisungsrechte:

a) Die Lagerung von Leichtverpackungen und sortierten Kunststoffen auf unüberdachten und/oder unbefestigten Übergabestationen und Lägern der Erzeuger von Rohstoffen für die werkstoffliche Verwertung ist unzulässig, soweit diese Mengen für die werkstoffliche Verwertung vorgesehen sind. Bei der Lagerung im Freien nehmen die Kunststofffraktionen bei Sammlung und Sortierung große Mengen an Wasser/Schnee/Eis auf, die die weitere Aufbereitung und Verarbeitung der Altkunststoffe erheblich erschweren und verteuern. Sekundärkunststoffe sind ohne weiteren Feuchtigkeitseintrag zu lagern, zu transportieren und anzuliefern.

b) Bei Anlieferung führt der Verwerter eine visuelle Kontrolle auf dem LKW durch. Aus oder auf dem LKW tropfendes Wasser ist ein Zeichen unsachgemäßer Lagerung und Behandlung der Kunststofffraktionen und führt – nach entsprechender Fotodokumentation und Meldung an den Lieferanten und Erzeuger – zur sofortigen Rückweisung der gesamten Lieferung ohne Abladepflicht.

c) Gleiches gilt für folgende, offensichtliche und starke Verunreinigungen/Mängel:

i) Schnee, Eis

ii) loses Papier, Pappe, Kartons, TETRA-Packs

iii) Sand-, Steine, Erde

iv) FE- und NE-Metalle

v) Schädlingsbefall

vi) Gestank, schwarze Verfärbungen durch Mikroorganismen, Schimmel oder biologische Abbauprodukte

vii) Mehr als zwei schon auf dem LKW geplatzten Ballen (aufgrund schlechter Verpressung oder durchgerosteter Bindedrähte).

d) Bei Rückweisungen von Lieferungen durch den Aufbereiter und Verwerter/Recycler sind die Dualen Systeme verpflichtet, innerhalb von 48 Stunden Ersatzlieferungen vorzunehmen.

e) Die Aufbereiter und Verwerter/Recycler von Mischkunststoffen und/oder Folien können die reklamierten Sendungen mit Sprühfarbe kennzeichnen.

f) Der Verwerter hat das Recht, einen auffälligen Erzeuger von Rohstoffen für die werkstoffliche Verwertung nach drei Mängelrügen bis auf weiteres zu sperren und einer einzurichtenden zentralen Stelle zu melden.

Anforderungen an die Sortieranlagen und die Dualen Systeme:

a) Der Erzeuger von Rohstoffen für die werkstoffliche Verwertung muss ausreichende, überdachte und befestigte Lagerflächen vorhalten.

b) Die Sortieranlagen haben sich einer jährlichen Eignungszertifizierung durch unabhängige Sachverständige zu unterziehen und müssen über jeweils gültiges in DIN-EN-ISO-Zertifikat sowie einen QS-Mitarbeiter verfügen.

c) Der Erzeuger von Rohstoffen für die werkstoffliche Verwertung hat jeder ausgehenden 6. LKW-Ladung (ca. 140 to) Sortierfraktion ein Werkprüfungszeugnis der Ware beizulegen mit dem er erklärt, dass die Vorgaben der werkstofflichen Sortierkriterien erfüllt sind.

d) Mischkunststoffe und Folien dürfen nur positiv sortiert werden.

e) Die Dualen Systeme müssen belastbare und im Tagesgeschäft praktikable Prüfvorschriften für die Bestimmung des Feuchtigkeitsgehalts von Ballenware durch Oberflächenmessungen erarbeiten und diese zum Vertragsgegenstand mit den Sortierern machen.

f) Auf Wunsch eines Verwerters wird eine Sortieranlage für eine oder mehrere, bestimmte Fraktion(en) fest an diesen angebunden.

Spezifikationen:

Die Sortiervorgaben für die Erzeuger von Mischkunststoffen und Folien für die werkstoffliche Verwertung müssen konkretisiert und angepasst werden. Dazu müssen gegebenenfalls die o.g. Kriterien aufgenommen werden. Ferner sind folgende Konkretisierungen erforderlich:

1. Die angelieferten Kunststofffraktionen sind frei von:

a) Steinen von einer Masse größer 100 g.

b) Metallen von einer Masse größer 100 g.

c) Losem PPK von mehr als 0,5 Gewichtsprozenten.

2. Feinanteil < 40 mm darf 0,5 % Gewichtsprozent nicht übersteigen

3. PVC-Gehalt < 1 Gewichtsprozent sein.

4. PET-Gehalt < 5 Gewichtsprozent sein.

5. Oberflächenfeuchtigkeit < 5 Gewichtsprozent (gem. Prüfvorschrift)

6. PO-Gehalt bei Mischkunststoffen > 85 Gewichtsprozent

7. Max. Störstoffgehalt bei Folien: 6 Gewichtsprozent

8. Max. Störstoffgehalt bei Mischkunststoffen: 8 Gewichtsprozent

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