Markt für Edelmetalle

Steigen die Zinsen, leidet der Goldpreis, lautet die Standardregel. Vergangene Woche jedoch kam sie nicht zum Tragen. Nach der US-Zinserhöhung zogen die Edelmetallpreise an. Bei Rhodium und Iridium hat sich der Aufwärtstrend verstärkt.

Rhodiumpreis klettert weiter, Iridium geht mit


Von Volker Skowski, Heraeus Metals Germany GmbH & Co. KG.

Gold reagiert ungewöhnlich auf US-Leitzinserhöhung

Die Zinsen steigen und Gold steigt mit: Auf den ersten Blick ist die Reaktion des Edelmetalls auf die US-Leitzinserhöhung ungewöhnlich, wirken doch steigende Zinsen normalerweise eher belastend auf den Goldpreis.

Auslöser für diese Reaktion waren die Kommentare der US-Notenbank zu der Zinsentscheidung: Die Vorsitzende Janeth Yellen signalisierte für das laufende Jahr zwar zwei weitere Zinsschritte. Sie gab jedoch keine Hinweise, dass die Fed die Leitzinsen künftig schneller oder aggressiver erhöhen wird. Hiervon waren Marktteilnehmer nach entsprechenden Wirtschaftsdaten aber ausgegangen.

So lag die US-Inflationsrate im Februar bei 2,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Einmal ganz abgesehen davon, dass Gold grundsätzlich von steigenden Inflationserwartungen profitiert, hält diese Inflationsrate den Realzins – also den Nominalzins bereinigt um die Inflation – im negativen Bereich. Anleger reagierten entsprechend: Der US-Dollar gab nach, genauso wie die Renditen langlaufender US-Staatsanleihen, Aktien, Öl und eben Gold verzeichneten Gewinne.

Das Edelmetall kletterte am Donnerstag bis auf 1.234 US-Dollar/oz, bevor es die Handelswoche bei 1.228,40 US-Dollar/oz beendete. Charttechnisch hat sich das Bild somit wieder aufgehellt. Ein Anstieg bis auf 1.238 US-Dollar/oz und dann 1.249 US-Dollar/oz scheint vorstellbar. Deutsche Investoren reagieren derzeit mit Käufen auf den Preisanstieg. Sowohl das Interesse an ETFs, aber auch an der direkten physischen Anlage ist deutlich gestiegen.

Silber im Gleichschritt mit Gold

Nach dem Fed-Zinsentscheid und dem damit einhergehenden Ausblick eines gemäßigten Zinspfads gelang Silber am Donnerstag der nachhaltige Sprung über die 17 US-Dollar/oz und eine positive Gesamtperformance von +1,7 Prozent über die Woche. Auch die ETF Investoren kehrten zurück und erhöhten die Bestände vom diesjährigen Tiefpunkt vergangene Woche um über 50 Tonnen.

Bei unverändertem Gold-Silber Ratio knapp über 70 bewegte sich Silber jedoch im Tandem mit Gold und konnte keine positive Eigendynamik entwickeln. Fundamental dürften die Aussichten für Silber jedoch besser sein als für Gold, da sich das Angebot minenseitig verknappt und die industrielle Nachfrage insbesondere im Photovoltaik-Sektor und der Ethylen Oxid Industrie (bspw. für Kunststoff, Kleidung und Katalysatoren) stetig wächst.

Charttechnisch bewegt sich Silber zwischen dem 100-Tage und 200-Tage Durchschnitt bei 17,14 US-Dollar/oz (Unterstützung) und 18,02 US-Dollar/oz (Widerstand).

Platin erreicht 11-Wochen-low

Nach den starken Verlusten der letzten Wochen konnte sich das Platin bei 940 US-Dollar/oz zunächst einpendeln, bis dann doch das Wochentief und das 11-Wochen-low bei 932 US-Dollar/oz erreicht wurde. Alle Augen waren dann auch auf die Zinsentscheidung der FED am Mittwoch ausgerichtet.

Die erwartete Zinserhöhung von 0,25 Prozent, die damit verbundene Bewegung der anderen Metalle und der fallende US-Dollar waren dann auch ausschlaggebend für den Anstieg des Platins auf ein Niveau von 971 US-Dollar/oz. Ein weiterer Kursanstieg blieb bisher jedoch aus, 985 US-Dollar/oz müsste zunächst durchbrochen werden, um erneut die 1,000 US-Dollar/oz anzuvisieren.

Des Weiteren befinden sich die (NYMEX) Gross-Short-Positionen bei „nur“ 19 Prozent des all-time high, die Gefahr von weiteren Shortpositionen und somit ein Fallen des Preises könnte gegeben sein. Der letzte Woche veröffentlichte Quartalsreport von World Platinum Investment Council (WPIC) und SFA Oxford bekräftigt, dass weiterhin ein Angebotsüberhang bei Platin besteht. Bezieht man jedoch die Investmentnachfrage von 505 koz ein, wäre durchaus von einem Defizit die Rede.

Die PGM-Produktion in Südafrika konnte im Jahresvergleich um 3 Prozent zulegen (auf das höchste Niveau seit Januar 2014), ein weiterer Preisanstieg könnte den Produzenten jedoch weiterhin helfen, die Ausbringung voranzutreiben und vor allem wieder etwas profitabler zu wirtschaften.

Erholung bei Palladium

Nachdem Palladium bei der Marke um 740 US-Dollar/oz Unterstützung gefunden hatte, pendelte sich das Metall in der Range zwischen 740 US-Dollar/oz und 750 US-Dollar/oz ein, um dann nach Bekanntgabe der Zinsentscheidung binnen kürzester Zeit 20 US-Dollar/oz gut zu machen. Zum Wochenende handelte es auf Höchstkursen der Berichtswoche von 780 US-Dollar/oz.

Zusätzlichen Aufwind bekam Palladium dadurch, dass die Long-Positionen an der NYMEX weiter wachsen, wohingegen die ETF-Investoren nach den Preisverlusten unsicher wurden und ihre Bestände nach unten korrigierten. Palladium hat dennoch gute Voraussetzungen, um wieder an alte Höhen anzuknüpfen. Deshalb bleibt die Markterwartung weiterhin optimistisch und mittelfristig ist immer noch die Marke von 800 US-Dollar/oz das nächste große Ziel.

Palladium-Schwamm als Einsatz für die Autokatalysator-Produktion ist weiterhin gesucht und durch den tiefen Preis ist die Nachfrage und dementsprechend die Prämie gestiegen. Die Liquidität ist insbesondere in den kurzen Laufzeiten etwas eingeschränkt und daher haben die Zinsen auch schon deutlich reagiert.

Rhodium-Situation hält an; Ruthenium gesucht und Iridium klettert weiter

Die bereits in unserem Bericht der Vorwoche beschriebene Situation bei Rhodium hat weiter angehalten. Der Preis hat noch einmal weitere 30 US-Dollar/oz gutgemacht und ist auf dem Weg die 1.000 US-Dollar/oz Marke zu knacken. Ebenfalls war interessant zu beobachten, dass Rhodium nun – wenn auch nur leicht – über Platin handelt. Das Kaufinteresse von nahezu allen Rhodium Verbrauchern und Anwendern hat nach wie vor Bestand. Auch wenn potentielle Verkäufer den hohen Preis zum Anlass nehmen, Positionen zu verkaufen, reicht dies aktuell nicht, um die Rallye aufzuhalten. Die Tendenz für den Rhodiumpreis sieht nach wie vor positiv aus.

Bei Ruthenium sind seit einigen Tagen nervöse Aktivitäten zu beobachten. Die Umsätze sind auf einem schon lange nicht mehr gekannten Niveau. Allerdings ist eher festzustellen, dass Händler und kleinere Investoren versuchen, sich zu positionieren. Industrielle Aktivitäten sind bisher wenig zu beobachten. Es gibt aber sicher noch keine Knappheit auf dem Markt, auch wenn sich der Preis schon marginal nach oben bewegt hat als Reaktion auf das Kaufinteresse. Es bleibt abzuwarten, ob diese Situation anhält und sich vielleicht nach langer Zeit doch einmal der Preis etwas deutlicher bewegen könnte.

Iridium klettert, genau wie Rhodium, Woche für Woche nach oben und ein Ende ist momentan nicht in Sicht. Durch das gleichmäßig verteilte Interesse aller Industrien ist dies eine sehr nachhaltige Bewegung, die unseres Erachtens weiterhin Bestand haben wird. Die gute Konjunktur wird weiterhin für Nachfrage bei den Iridium-Käufern sorgen. Es gibt aber hier durch die geringe Liquidität kaum spekulatives Interesse, da es auch extrem schwierig ist Positionen auf- bzw. wieder abzubauen.

Mehr zum Thema
Mehr Rezyklate, weniger Plastik: Was Apple bislang erreicht hat
Wird die Energie- und Antriebswende ausgebremst?
Batteriepaket der Raumstation ISS schlägt in Wohnhaus ein
Neue Marke: Heraeus bietet Produkte aus recycelten Edelmetallen an
Alternative Papiersorten: Wie gut sind die Top Ten wirklich?
Der längste Streik in der Geschichte der IG Metall
Thyssenkrupp kündigt Abbau von Stahlkapazitäten an
Rohstoffimporte: „Höchste Zeit für einen Kurswechsel“
Gute Nachfrage lässt Altpapierpreise steigen
Deutsche Industrie weiter im Plus