E-Schrott-Recycling

Die Reverse Logistics Group sucht die Zusammenarbeit mit informellen Sammlern von E-Schrott. Die ersten Erfahrungen in China zeigen, dass davon beide Seiten profitieren können.

RLG testet Zusammenarbeit mit informellen Sammlern


Die Reverse Logistics Group (RLG) hat weltweit 20 Standorte und bietet ihre Rückführungssysteme von Sekundärrohstoffen in mehr als 50 Ländern an. Besonders in Entwicklungsländern steht sie damit häufig in Konkurrenz zum sogenannten „informellen Sektor“. Doch das muss nicht sein, wie RLG-Geschäftsführer Patrick Wiedemann auf der Konferenz Electronis Recycling Asia Ende des vergangenen Jahres in Singapur betonte.

Wie Wiedemann bei seinem Vortrag erklärte, sind in China rund 20 Millionen Menschen im Abfallsektor tätig. Die meisten arbeiten im informellen Sektor – viele von ihnen wohnen in sogenannten „Waste villages“. Besonders beliebt ist bei den Sammlern der Elektro- und Elektronik-Schrott. In Indien beispielweise würden 95 Prozent des E-Schrotts in informellen Strukturen behandelt, so Wiedemann. Auch illegal importiert E-Schrott landet meist im informellen Sektor. Allein nach China würden jedes Jahr rund 8 Millionen Tonnen E-Schrott illegal importiert.

Pro-Kopf-Aufkommen von Elektroschrott nach ausgewählten Ländern weltweit im Jahr 2012 (in Kilogramm) Um möglichst viel Geld zu sparen, werden bei der Zerlegung meist keine Sicherheitsvorkehrungen getroffen. Die Bezahlung erfolge in bar, Standards fehlten völlig, erklärte der RLG-Geschäftsführer. Meist werden dabei nur die lukrativen Teile abgetrennt. Bei falscher Behandlung können E-Schrott-Komponenten aber giftig und gefährlich sein. Wiedemann sprach von einer Prozesskette, bei der am Anfang der Sammler steht. Dann folgen der Spediteur, die erste Behandlungsstufe, die zweite Behandlungsstufe und schließlich die illegale Deponierung sowie der Verkauf der gewinnbringenden Komponenten und Sekundärrohstoffe. Das meiste Geld bleibt bei dem Spediteur beziehungsweise Vermittler hängen: Er hat laut Wiedemann oftmals eine Marge von 50 Prozent.

Feste Anlaufstelle für Sammler

Damit die Zusammenarbeit zwischen formellem und informellem Sektor besser funktioniert, plädierte Wiedemann dafür, an mehreren Stellen der Prozesskette anzusetzen. In einem ersten Schritt sollte die informelle Sammlung integriert werden, statt ein Konkurrenzsystem aufzubauen. Für alle Marktteilnehmer sollten die gleichen Regeln gelten, die Sammler müssten vor allem besser ausgebildet und ihre soziale Situation verbessert werden.

Viele Sammler wollen laut Wiedemann jedoch gar nicht, dass ihre Tätigkeit vollständig institutionalisiert wird. Sie möchten ihren Freiraum behalten. Viele Projekte zur informellen Sammlung würden daran scheitern, dass die Menschen sich vor einer Anstellung scheuen, erklärte Wiedemann. An anderer Stelle würden Projektgelder veruntreut. Abhilfe schaffen könne hier eine offizielle Sammelstelle, die den Sammlern als feste Anlaufstelle gilt, eine bestimmte Abnahme garantiert, wo vor allem fixe Preise gezahlt werden und die Sammler weiter unabhängig bleiben.

In Pilotprojekten bietet RLG inzwischen solche Stellen an. Dabei bleiben die Sammler selbständig, bekommen aber dennoch ein regelmäßiges Einkommen und zahlen Steuern. RLG zahlt seinen Vertragspartnern jeden Monat einen Teil des möglichen Einkommens als Vorschuss. Im Gegenzug müssen die Sammler vorher festgelegte Materialmengen bringen. Was sie darüber hinaus anliefern, wird flexibel vergütet. Anstatt Geld bietet RLG auch die Möglichkeit für Coupons oder Voucher für den Einzelhandel. Außerdem können für ganz bestimmte wertvolle Sekundärrohstoffe Sonderpreise vereinbart werden. Gespräche hätten gezeigt, dass etwa 50 Prozent der Sammler mit der RLG zusammenarbeiten wollen, der Rest fordert vor allem mehr Geld.

Von den Behörden fordert Wiedeman, dass Regeln für die Verarbeitung eingeführt werden, der Markt transparenter gestaltet wird und dieser zusammen mit den Materialströmen deutlich besser überwacht wird. Dabei könne vor allem das Instrument einer erweiterten Produktverantwortung hilfreich sein.

© 320°/ek | 14.01.2015

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