Einführung der Biotonne

In Baden-Württemberg stemmen sich mehrere Landkreise gegen die Einführung der Biotonne. Landesumweltminister Franz Untersteller wollte die Kreise überzeugen. Doch ein Gespräch mit den Landräten hat noch immer kein Ergebnis gebracht.

Schonfrist für Biotonnen-Verweigerer geht weiter


Das Jahr 2016 neigt sich bald dem Ende entgegen und immer noch haben einige Landkreise in Baden-Württemberg keine Biotonne aufgestellt. Die verantwortlichen Landräte beanspruchen für sich einen Sonderweg, der sie von der Pflicht ausnimmt, die seit 2015 besteht. Konkret geht es um den Alb-Donau-Kreis, den Neckar-Odenwald-Kreis sowie die Kreise Biberach, Karlsruhe, Sigmaringen und Waldshut.

Für Ende September hatte deshalb Landesumweltminister Franz Untersteller die Landräte zu bilateralen Gesprächen nach Stuttgart eingeladen. Konkrete Ergebnisse sind nach den Einzelgesprächen jedoch nicht herausgekommen. Man sei um einen konstruktiven, sachlichen Informationsaustausch bemüht, erklärte ein Sprecher des Ministeriums.

Frage der Wirtschaftlichkeit

Vermutlich dürfte es bei den Gesprächen einmal mehr um die Wirtschaftlichkeit der Biotonne gegangen sein. Die betreffenden Landräte befürchten, dass die Bioabfallmengen zu gering sind, als das sich die Einführung einer Extratonne wirtschaftlich lohnt.

Der Landkreis Sigmaringen etwa hatte Anfang 2015 in einer Studie vorgerechnet, dass mit Einführung einer Biotonne im besten Fall 21 Kilogramm und im schlechtesten Fall nur 4 Kilogramm Bioabfall pro Einwohner und Jahr zusätzlich erfasst würden. Damals hieß es, die Minimalvariante würde den Landkreis jährlich rund 1,32 Millionen Euro kosten. Im Maximalfall wären es 2,15 Millionen Euro.

Eine Analyse des Rest- und Sperrmülls hatte zudem ergeben, dass jeder Bürger im Kreis Sigmaringen nur 6,6 Kilogramm nativ-organisches Material über den Restmüll entsorgt. Nach Darstellung des Kreises sei dieser Wert Ausdruck einer hohen Eigenkompostierung. „Eine getrennte Sammlung der Bioabfälle im sehr ländlich geprägten Landkreis Sigmaringen würde die Abfallgebühren deutlich erhöhen und wäre unverhältnismäßig“, hieße es damals in einer Beschlussvorlage.

Gespräche gehen 2017 weiter

Der Landkreis ließ daraufhin alles beim Alten. Er verwies auf die Checkliste in der Broschüre „Ökologisch sinnvolle Verwertung von Bioabfällen – Anregungen für kommunale Entscheidungsträger“, die vom Bundesumweltministerium und vom Umweltbundesamt herausgegeben wurde. Demnach besteht kein Bedarf für die Einführung einer Biotonne, wenn:

  • es nachvollziehbare Gründe gibt, die gegen die Einführung eines separaten Erfassungssystems für Bioabfälle sprechen (zum Beispiel die Siedlungsstruktur)
  • mehr als 2/3 der Haushalte eine Eigenkompostierung betreiben
  • eine hohe spezifische Erfassung (von mehr als 100 kg/E/a) von Grünabfällen erfolgt und
  • der Organikanteil im Restmüll laut Hausmüllanalyse unter 1/3 liegt.

Nach Auffassung des Landratsamts in Sigmaringen treffen alle Punkte auf den Kreis zu. Landesumweltminister Untersteller hingegen will das Argument der Wirtschaftlichkeit offenbar nicht gelten lassen. Im Mai 2015 betonte er, dass vor allem das Argument, eine Umstellung des Systems auf eine Biotonne treibe die Kosten unvertretbar in die Höhe, nicht haltbar sei.

Wie der Ministeriumssprecher gegenüber 320° bekräftigte, belegten das inzwischen auch Zahlen aus anderen Kreisen. Es habe sich gezeigt, dass selbst in ländlichen Gebieten die Kosten gesunken seien.

Ob der Minister jedoch die Vertreter der sechs Landkreise überzeugen kann, ist ungewiss. Der Biberacher Landrat Heiko Schmid wird von der Schwäbischen Zeitung mit den Worten zitiert, dass er eine Akzeptanz für den Biberacher Weg für möglich halte. Einen weiteren Austausch zwischen Landkreis und Land soll es laut Schmid im kommenden Jahr geben. So lange solle für Bürger im Landkreis Biberach alles beim Alten bleiben.

Von daher bleibt abzuwarten, wer sich am Ende durchsetzen wird. „Wir werden das genau beobachten und setzen auf Akzeptanz“, heißt es aus dem Ministerium. Für den Fall, dass dies nicht ausreichen sollte, scheint das Umweltministerium auch gewillt, die Biotonnen-Pflicht auchanderweitig durchzusetzen. Zur Not gebe es entsprechende Instrumentarien, um auf die Verweigerer einzuwirken, sagte der Ministeriumssprecher.

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