Verbrennungsmarkt

Die MVA-Betreiber in der Schweiz müssen sich keine Sorgen um die Auslastung ihrer Anlagen machen. Daran wird auch ein stärkeres Recycling nichts ändern. Ein Überblick über den Abfallverbrennungsmarkt im Nachbarland.

Schweizer MVA können weiter mit hohen Abfallmengen rechnen


Die Müllverbrennungsanlagen (MVA) in der Schweiz werden auch in Zukunft gut ausgelastet sein. Davon geht der Schweizer Bundesrat aus. Dass verstärkte Recyclingaktivitäten zukünftig einen Rückgang der Abfallmengen bewirken, sei unwahrscheinlich, heißt es in einem Bericht der Regierung.

Auch in Zukunft dürften sich das Konsumverhalten und das Bevölkerungswachstum stärker auf das Abfallaufkommen auswirken als alle abfallmindernden Recyclingaktivitäten. Durch mehr Recycling sei bestenfalls eine Stabilisierung, nicht aber ein wesentlicher Rückgang der Abfallmengen in den MVA zu erwarten, heißt es im Bericht „Kapazitätsplanung bei Kehrichtverbrennungsanlagen mit Abwärmenutzung“.

Pro Kopf fallen in der Schweiz jährlich über 700 Kilogramm Abfall an. Mit dieser Pro-Kopf-Gesamtmenge liegt die Schweiz an zweiter Stelle der OECD-Länder. Nur die Dänen erzeugen noch mehr Abfälle.

Die Gesamt-Abfallmenge zur Entsorgung beläuft sich laut Bericht auf rund 77 Millionen Tonnen pro Jahr. Davon werden in den landesweit 30 MVA rund 4 Millionen Tonnen thermisch verwertet. Weitere Details über den Schweizer Abfallverbrennungsmarkt finden Sie in der nachfolgenden Übersicht. Alle Angaben stammen aus dem oben genannten Bericht des Bundesrats.


Abfallverbrennung in der Schweiz

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[su_spoiler title=“Aktuelles Abfallaufkommen“]

  • In der Schweiz fallen jährlich rund 77 Millionen Tonnen Abfall zur Entsorgung an.
  • Davon entfallen rund 50 Millionen Tonnen auf sauberen Aushub und 15,5 Millionen Tonnen auf Bauabfälle. Diese werden zu 80 Prozent recycelt. Lediglich ein kleiner Anteil von rund 460.000 Tonnen gelangen als brennbare Bauabfälle in die MVA.
  • Die zweitgrößte Abfallfraktion bilden mit rund 6 Millionen Tonnen die Siedlungsabfälle. Aktuell werden rund 53 Prozent des Siedlungsabfalls separat gesammelt und recycelt. Die verbleibenden rund 2,9 Millionen Tonnen werden thermisch verwertet. Der Anteil an Siedlungsabfällen beträgt damit knapp drei Viertel der gesamten Menge an brennbaren Abfällen in MVA.
  • Sonderabfälle aus Industrie und Gewerbe sowie aus Haushalten bilden mit rund 2,4 Millionen Tonnen den drittgrößten Teil der Schweizer Abfälle. Der Anteil der in MVA verbrannten Sonderabfälle betrug 2016 rund 104.000 Tonnen.
  • Die Menge des Klärschlamms aus der Abwasserreinigung beträgt knapp 200.000 Tonnen (Trockensubstanz). In den MVA wurden im Jahr 2016 rund 99.000 Tonnen entwässerter Klärschlamm beziehungsweise 27.000 Tonnen Trockensubstanz verbrannt. Diese Menge ist rückläufig und beträgt im Vergleich zu 2010 noch knapp die Hälfte. Aufgrund neuer Regelungen zur Rückgewinnung von Phosphor aus Klärschlamm-Aschen wird die in MVA gelieferte Menge an Klärschlamm in den kommenden Jahren wohl gänzlich zurückgehen.
  • Im Jahr 2016 importierten die Schweizer MVA an die 434.000 Tonnen brennbare Siedlungsabfälle aus dem grenznahen Ausland. Dies entspricht knapp 11 Prozent der gesamten in MVA verbrannten Abfallmenge. Mit 285.000 Tonnen ist Deutschland der Hauptlieferant, gefolgt von Österreich mit rund 96.000 Tonnen. Italien und Frankreich lieferten rund 40.000 Tonnen respektive 13.000 Tonnen.

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Potenziale für zusätzliches Recycling

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  • Derzeit werden 53 Prozent des gesamten Siedlungsabfalls stofflich verwertet. Viele Abfallfraktionen wie zum Beispiel Aludosen und Altglas erreichen laut Bericht bereits hohe Rücklaufquoten von über 90 Prozent. Hier scheint das Recyclingpotenzial weitgehend ausgeschöpft zu sein. Die wesentlichen Potenziale für ein zusätzliches Recycling liegen nach Ansicht des Bundesrats bei zwei Abfallfraktionen:
  • Biogene Abfälle: Der Anteil von Biomasse wie Speisereste oder Grünabfälle in den Haushaltsabfällen beträgt durchschnittlich knapp 33 Gewichtsprozent. Das hat eine Studie des Bundesamts für Umwelt (BAFU) ergeben. Die Hälfte davon sind weggeworfene Lebensmittel. Bezogen auf die Energieproduktion in MVA sei die Verbrennung von Biomasse aber praktisch irrelevant, da der Heizwert der biogenen Abfälle aufgrund ihres Wassergehalts sehr gering sei.
  • Kunststoffe: Der Anteil an Kunststoffen im Abfall beträgt rund 13 Gewichtsprozent. Davon entfallen rund 2 Gewichtsprozent auf Kunststoffflaschen inklusive PET-Flaschen. Daneben kommen Kunststoffe auch in Verbundwaren und -verpackungen vor. Aus energetischer Sicht tragen die Kunststoffe in etwa zur Hälfte des Heizwerts bei. Laut BAFU beträgt das realistische maximale Potenzial bei einer Sammlung von gemischten Kunststoffen rund 112.000 Tonnen pro Jahr. Diese Menge sei aber im Vergleich zur übrigen Mengen von brennbaren Abfällen in MVA von untergeordneter Bedeutung.

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Aktuelle MVA-Kapazitäten

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  • Der Großteil der landesweit 30 Verbrennungsanlagen verfügt über Kapazitäten zwischen 30.000 und 230.000 Jahrestonnen und befindet sich im Mittelland in der Nähe der urbanen Zentren. Weitere Anlagen befinden sich in den Alpenkantonen und im Jurabogen. Alle MVA nutzen die bei der Verbrennung freigesetzte Energie für die Produktion von Strom und Fernwärme.
  • Seit der Inbetriebnahme der beiden jüngsten Anlagen in Giubiasco (2010) und in Perlen (2015) verfügt die Schweiz über eine Gesamtverbrennungskapazität von rund 4 Millionen Tonnen.
  • Bezogen auf die Sicherstellung der Entsorgung der inländischen Abfälle von rund 3,5 Millionen Tonnen besteht somit gesamtschweizerisch eine nicht genutzte Kapazität von rund 0,5 Millionen Tonnen.
  • Durch Abfallimporte von rund 0,4 Millionen Tonnen aus dem Ausland wird diese freie Kapazität zum großen Teil genutzt.
  • Insgesamt weisen die landesweit 30 MVA eine durchschnittliche Auslastung von rund 96 Prozent auf. Die verbleibende Kapazitätsreserve ist laut Bundesrat betriebstechnisch sinnvoll und kann zur Überbrückung von Ausfällen von MVA genutzt werden.
  • Mit mittel- bis langfristig strukturellen Überkapazitäten rechnet der Bundesrat nicht.

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MVA als Energielieferant

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  • Im Jahr 2016 haben die Schweizer MVA insgesamt 3.979 GWh Wärme und 2.339 GWh Strom produziert. Das ist laut Bundesrat eine Rekordmenge an Energie.
  • Sie tragen damit rund 2,5 Prozent zur Deckung des schweizerischen Gesamtenergiebedarfs beziehungsweise knapp 4 Prozent zur schweizerischen Stromproduktion bei.
  • Mit der in MVA produzierten Wärme lassen sich rund 333.000 Tonnen Heizöl substituieren.
  • Im Jahr 2015 hatten die MVA einen Anteil von 38 Prozent an der erneuerbaren Stromproduktion sowie 13 Prozent bei der erneuerbaren Wärme.

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Energieeffizienz der 30 MVA

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  • Laut aktueller Vorschriften müssen MVA mindestens 55 Prozent der Verbrennungsenergie außerhalb der Anlage nutzen. Dieser energetische Nutzungsgrad wird von 24 MVA erreicht oder überschritten.
  • Sechs Anlagen bedürfen laut Bericht einer energetischen Optimierung, um diese Vorgabe zu erreichen. Allerdings fehlt den Anlagen, die fernab von urbanen Gebieten oder industriellen Energieabnehmern angesiedelt sind, die Möglichkeit zur Wärmeabgabe. Für die energetische Sanierung dieser Anlagen ist eine Übergangsfrist bis 2026 vorgesehen.

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