Potenzialabschätzung

Welche Mengen würde die Recyclingwirtschaft verlieren, wenn die Wiederverwendung konsequent verfolgt würde? Wissenschaftler haben sich der Frage angenommen. Sie haben ausgewählte Abfallströme untersucht und das Potenzial für die Wiederverwendung abgeschätzt.

So viel ließe sich wiederverwenden


Würde man gezielte Maßnahmen zur Wiederverwendung ergreifen, könnten allein in Bayern pro Jahr 33.000 Tonnen Elektroaltgeräte einer weiteren Verwendung zugeführt werden. Das ist eines der Ergebnisse aus der Studie „Potenzialabschätzung ausgewählter Abfallströme für die Vorbereitung zur Wiederverwendung“, die von Resource Lab der Universität Augsburg erstellt wurde. Vergangene Woche wurden die Studie und ihre Ergebnisse bei einer Fachtagung an der Universität Augsburg präsentiert.

Die Resource Lab-Studie hat über 5.000 Güter in einer Stichprobe aus über 60 Wertstoffhöfen verschiedener Strukturklassen analysiert. Auf dieser Grundlage wurden Potenziale und Szenarien berechnet, aus denen sich Handlungsempfehlungen für die Praxis ableiten lassen.

Die Studie habe gezeigt, dass in Großstädten die Güter beim Einwurf in die Sammelcontainer irreparablen Schaden nähmen, während in Kleinstädten und ländlichen Kommunen in erster Linie die ungeschützte Lagerung das Problem sei. „Wenn diese Probleme des Einwurfs und der Lagerung mit geeigneten Maßnahmen angegangen würden, könnten allein in Bayern rund 30 Prozent des gesamten Aufkommens an Elektroaltgeräten so gut erhalten werden, dass ihre Vorbereitung zur Wiederverwendung möglich wäre“, sagt der Augsburger Professor Axel Tuma, der zusammen mit seinem Kollegen Professor Armin Reller das Resource Lab leitet. „Wir würden uns nicht nur 33.000 Tonnen Elektroschrott und damit den Verlust wertvoller Ressourcen ersparen, sondern auch den Ausstoß von Treibhausgasen und alle damit verbundenen Schäden für Mensch und Umwelt verringern.“

Um Gütern tatsächlich zu einer längeren Lebensdauer und Nutzungsphase zu verhelfen, müsste alles getan werden, um ihre Wiederverwendung zu erhalten und zu gewährleisten. „Dieser Einsicht steht zum Beispiel entgegen, dass etwa im Prinzip gut erhaltene Elektrogeräte, der Witterung ausgesetzt werden, die ihnen dann gewissermaßen ‚den Rest gibt‘; oder dass zum Beispiel Gebrauchtmöbel auf Wertstoffhöfen mit dem Radlader ‚verdichtet‘ und damit tatsächlich zu Abfall vernichtet werden“, so Tuma.

Gut funktionierende Beispiele

Reller und Tuma sind überzeugt, mit den Ergebnissen ihrer Studie eine wichtige Etappe markiert zu haben. „Die Verankerung der Vorbereitung zur Wiederverwendung als zweite Hierarchiestufe der europäischen Abfallrahmenrichtlinie wird für die Realisierung einer nachhaltigen, ressourceneffizienten und damit langfristig wettbewerbsfähigen Wirtschaft ein gewichtiger Impuls sein“, betonen die beiden Professoren.

Gut funktionierende Beispiele für die Wiederverwendung sind aus ihrer Sicht das Projekt „Halle 2„, einem Gebrauchtwarenkaufhaus der Stadt München, oder auch das Konzept „Wertstoffhof 2020„, das die ia GmbH und das Fraunhofer Institut Umsicht in Kooperation mit 96 Städten, Landkreisen und Gemeinden entwickelt haben. „Um auf den hier erfolgreich eingeschlagenen Wegen voranzukommen, ist es von entscheidender Bedeutung zu wissen, wie viel Wiederverwendungspotenzial die unterschiedlichsten Abfallströme bergen – von den Altkleidern über Gebrauchtmöbel und Freizeitgeräte bis hin zum Elektro- und Elektronik-Schrott“, so Reller.

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