Thermische Behandlung

Ist das Verbrennen von Abfällen in einer Sonderabfall-Verbrennungsanlage automatisch eine Beseitigung? Keineswegs, meinen Branchenvertreter. Die Anlagen erfüllten vielmehr alle Voraussetzungen, um als Verwertungsanlage zu gelten.

Sonderabfall-Verbrennung: Verwertung oder Beseitigung?


Werden Abfälle in einer Sonderabfallverbrennungsanlage verbrannt, gilt die Behandlung meist automatisch als Beseitigung. Und damit als schlechteste Variante innerhalb der Abfallhierarchie. Diese Einstufung ist falsch, meint der Bundesverband Deutscher Sonderabfallverbrennungs-Anlagen (BDSAV).

Für ihn steht fest, dass eine Sonderabfallverbrennungsanlage als Verwertungsanlage gelten muss. Sein wichtigstes Argument: Die Anlagen nutzen die entstehende Energie und sparen so Brennstoffe ein.

Zur Begründung führen BDSAV-Geschäftsführer Andreas Neuss und BDSAV-Seniorexperte Horst Suchomel gleich mehrere Argumente ins Feld. Ihre erste Feststellung: Die Sonderabfallverbrennung unterscheidet sich im Hinblick auf die Einstufung kaum von der Hausmüllverbrennung. Beide Anlagen seien sich in Bezug auf die Energienutzung vom Grundprinzip her technisch sehr ähnlich.

Zwar seien in einer Sonderabfallverbrennungsanlage Druck und Temperatur in Kesseln niedriger, um beispielsweise eine Chlorkorrosion zu vermeiden. Und auch die Abgasreinigung verbrauche vergleichsweise mehr Energie. Aber diese bedeute keinesfalls, dass die Sonderabfallverbrennungsanlage deshalb nicht als Verwertungsanlage gelten kann.

Wärmenutzung als ein Kriterium für Verwertungsanlage

So werde auch in einer Sonderabfallverbrennungsanlage laufend versucht, die Energieausbeute in den Anlagen zu erhöhen. „Eine technisch schon realisierte Möglichkeit ist es, für die größeren Verbraucher wie z.B. die Saugzüge durch regelbare Antriebe mit Thyristor-Steuerung diese mit einem minimalen Energieaufwand zu betreiben“, erklärten Neuss und Suchomel Ende Januar auf der Berliner Abfallwirtschaftskonferenz.

Weitere Beispiele für eine bessere Energiegewinnung seien die Nutzung der Verbrennungswärme zur Aufheizung der Abgase durch Dampf-Gas-Vorwärmer oder die Einführung von teil-automatisierten Kesselreinigungssystemen. Gemessen an der Energie-Effizienz-Formel R1 würde beispielsweise die Hamburger Sonderabfallverbrennungsanlage der AVG auf Werte im Bereich einer guten Hausmüllverbrennungsanlage kommen.

Insgesamt, so stellen die BDSAV-Vertreter fest, haben beide Anlagentypen ein gemeinsames Merkmal: die Nutzung der Energie als Prozessdampf für Heizzwecke oder zur Stromerzeugung. Das wiederum führe dazu, dass andere Brennmaterialien eingespart werden und somit eine Sonderabfallverbrennungsanlage das Kriterium einer Verwertungsanlage erfülle.

Auch hochbelastete Abfälle lassen sich verwerten

Neuss und Suchomel verweisen auch auf das Kreislaufwirtschaftsgesetz, wonach eine Verwertung jenes Verfahren ist, bei „dessen Hauptergebnis die Abfälle innerhalb der Anlage oder in der weiteren Wirtschaft einem sinnvollen Zweck zugeführt werden, indem sie (…) andere Materialien ersetzen, die sonst zur Erfüllung einer bestimmten Funktion verwendet worden wären (…).“

Die beiden Verbandsvertreter führten ferner ein weiteres Argument an: Bei der Einstufung als Verwertung spiele es keine Rolle, ob der Abfall schädlich ist, oder nicht. „Die vorherrschende Meinung, dass sich hochbelastete Abfälle nicht verwerten lassen, ist mit der geltenden Gesetzlage nicht zu begründen“, betonen sie. „Vielmehr gilt ja die Verwertung (…) unabhängig von der Schädlichkeit eines Abfalls, und kann somit auch bei hochbelasteten gefährlichen Abfällen in einer Sonderabfallverbrennungsanlage stattfinden.“

Darüber hinaus könnten wie bei den Hausmüllverbrennungsanlagen auch bei den Sonderabfallverbrennungsanlagen aus der Schlacke noch Sekundärrohstoffe gezogen werden: Der Metallgehalt in der Schlacke liege bei etwa 10 Prozent, ebenso der biogene Anteil.

Wegfall der Heizwertklausel eröffnet neue Möglichkeit

Zusätzliche Relevanz erhalten die Argumente des BDSAV durch den Wegfall der so genannten Heizwertklausel, die bislang als Kriterium für die Abgrenzung zwischen Beseitigung und Verwertung herangezogen wurde. Wie der Verband hervorhebt, setze das selbstgängige Verbrennen eines Stoffes und damit das Freiwerden von Überschussenergie schon bei niedrigeren Heizwerten ein. „Mit dem Wegfall der Klausel eröffnet sich somit auch für die Sonderabfallverbrennung die Möglichkeit, die Verwertung schon bei niedrigeren Heizwerten als 11 MJ/kg darzustellen“, so die BDSAV-Vertreter.

© 320°/ek | 22.02.2017

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