Marktprognose

Nach einem guten Jahresstart wird sich die Stahlnachfrage in Europa weiter verbessern, glauben Branchenvertreter. Auch die Prognosen für die Stahlproduktion in Deutschland sind gut. Hinzu kommt ein weiterer Aspekt: die Entwicklung des Eisenerzpreises.

Stahlmarkt: Nachfrage steigt, Produktion auch


In der EU könnte die Stahlnachfrage in diesem Jahr um 1,9 Prozent steigen. Das geht aus der neuesten Prognose hervor, die der Europäische Stahlverband Eurofer veröffentlicht hat. Gleichzeitig warnt der Verband aber davor, dass Protektionismus und Isolation bestimmter Märkte zu „desaströsen Handelsverzerrungen“ führen könnten.

Das voraussichtlich gute Jahresergebnis wird in erster Linie vom robusten Jahresstart getragen, erklärt Eurofer. So verbesserte sich der Stahlverbrauch im ersten Quartal um 3,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Als Grund nennt Eurofer die gute Nachfrage an Endprodukten der Verbraucher.

Auch das dritte Quartal wird nach Einschätzung des Verbands ein starkes Nachfragewachstum in Höhe von 4,1 Prozent bringen. Gegen Jahresende hingegen soll es ein Minus von 0,9 gegenüber dem Vorjahr geben. Für 2018 rechnen die Experten dann mit einem weiteren Nachfrageplus von immerhin noch einem Prozent.

Dass die heimischen Stahlhersteller von dem Nachfrageanstieg profitieren konnten, liegt nach Angaben von Eurofer auch an den Anti-Dumping-Maßnahmen gegenüber Billigstahlimporten. Allerdings seien im April und Mai die Stahleinfuhren aus den Drittländern wieder stark angestiegen.

Bezogen auf die Anwendungsbereiche von Stahl haben vor allem die Stahlrohre zum Jahresbeginn deutlich zugelegt. Hier lag das Plus im ersten Quartal bei zehn Prozent. Überraschend stark gestiegen ist mit 6,4 Prozent die Automobilindustrie und mit 4,6 Prozent der Bausektor.

Deutsche Stahlindustrie im leichten Aufwind

Von der guten Nachfrage profitiert auch die deutsche Stahlindustrie. Schon im vergangenen Jahr waren die Kapazitäten der Stahlwerke nach Angaben des RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung mit durchschnittlich 86 Prozent „im internationalen Vergleich außerordentlich gut ausgelastet“.

Und auch für dieses Jahr sind die Aussichten ordentlich: In den ersten sechs Monaten nahm die Rohstahlerzeugung verglichen mit dem Vorjahreszeitraum um 1,7 Prozent zu. Für das gesamte Jahr erwartet RWI einen Anstieg um 1,5 Prozent auf rund 42,7 Millionen Tonnen. In den kommenden Jahren sollen es dann 43,1 Millionen Tonnen sein.

Für einen steigenden Stahlbedarf in Deutschland werden laut RWI vor allem „lebhafte Investitionstätigkeiten“ verantwortlich sein. „Da die Kapazitäten der deutschen Stahlindustrie bereits gut ausgelastet sind, dürften Einfuhren von Walzstahl beschleunigt zunehmen“, so die Experten. Auch der Stahlexport soll steigen – allerdings wohl langsamer als die Einfuhren.


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Eisenerzpreise könnten in den Keller rutschen

Profitieren könnten manche Stahlwerke auch von der Entwicklung des Eisenerzpreises. Das Ministerium für Industrie, Innovation und Wissenschaft in Australien hat erst kürzlich die Prognose abgegeben, dass der Eisenerzpreis im kommenden Jahr unter 50 US-Dollar pro Tonne rutschen wird. Aktuell liegt der Preis bei rund 64 Dollar.

Grund für den Preisverfall sei ein Überangebot. So soll Australien im nächsten Jahr 885 Millionen Tonnen Eisenerz exportieren. 2016 waren es lediglich 808 Millionen Tonnen. Aber auch in diesem Jahr könnten es schon 851 Millionen Tonnen sein.

Hinzu kommt, dass die Nachfragedynamik in China nachlässt. Die Volksrepublik wird laut Prognose in diesem Jahr 1,04 Milliarden Tonnen Eisenerz importieren. Das wäre nur marginal mehr als im vergangenen Jahr. 2018 sollen die Einfuhren ebenfalls nur geringfügig auf 1,05 Milliarden Tonnen steigen.

Sollte daher der Eisenerzpreis tatsächlich fallen, wäre das auch eine schlechte Nachricht für die Stahlschrottbranche. Denn Eisenerz und Stahlschrott dienen beide als Rohstoff für die Stahlwerke und stehen somit in einem Konkurrenzverhältnis zueinander. Ein fallender Eisenerzpreis ginge folglich mit einer relativen Verteuerung von Stahlschrott einher.

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