Internationaler Markt

Die Stahlschrottbranche ist in vielen Teilen der Welt mit einem starken ersten Quartal gestartet. Auch die künftige Marktentwicklung erscheint günstig. Vor allem die rückläufigen Stahlexporte aus China haben vielerorts für Aufatmen gesorgt. Ein Länderüberblick.

Stahlschrottbranche zeigt sich zuversichtlich


Die Stahlschrottbranche atmet auf. Zum ersten Mal seit langem blickt die Branche optimistisch in die Zukunft. „Unsere Industrie hat ein bemerkenswertes erstes Quartal erlebt. Die robuste Nachfrage hat die Preise besonders in den Kernmärkten wie China, Europa und den USA nach oben getrieben“, schreibt William Schmiedl, Präsident der Stahlschrottsparte des Weltrecyclingverbands BIR, im aktuellen Quartalsbericht. „Wir haben Grund zu glauben, dass der Ausblick für den globalen Stahlmarkt in weiten Teilen positiv ist.“ So soll in diesem Jahr der weltweite Stahlverbrauch um 1,5 Prozent zulegen.

Einer der Gründe für den guten Marktverlauf sind die Entwicklungen in China. Um die Umweltprobleme des Landes in Griff zu bekommen, sieht die 2+26-Politik vor, dass während der Smog-Saison in mehreren Provinzen die Fabriken nur noch zu 50 Prozent ausgelastet werden dürfen, schreibt George Adams von SA Recycling. Folglich sei die Produktion entsprechend gesunken. Parallel dazu seien in China die Vorgaben für Exporte verschärft worden.

Da obendrein auch noch die Stahlpreise in China anzogen, gingen die chinesischen Stahlexporte, die häufig den Weltmarkt aufmischten, zurück. Seit Jahresbeginn sind die Stahlausfuhren aus China deutlich gefallen: Von rund 9,5 Millionen Tonnen auf etwa 6,9 Millionen Tonnen monatlich.

Besonders in Südostasien seien wieder mehr Elektrolichtbogenöfen im Einsatz gewesen, um den Verlust aus China auszugleichen – entsprechend stieg auch der Schrotteinsatz. Auch die Türkei war auf dem Markt stark aktiv, allerdings mit großen Schwankungen aufgrund der unsicheren geopolitischen Lage. Zwar betont Schmiedl, dass nicht klar sei, ob die guten Bedingungen Bestand haben werden, aber eines stehe fest: „Wir stehen deutlich besser dar, als vor einem Jahr.“

Indiens Schrotteinkäufer sind zurück auf dem Markt

Auch in Indien stehen die Zeichen für den Stahlmarkt mittlerweile gut. Nach dem Demonetarisierungsschock hat sich die Branche mittlerweile erholt. Laut Zain Nathani, Vizepräsident der BIR-Stahlschrottdivision, hat zum einen der Wohnungsbau angezogen und zum anderen hat die Regierung ihre Ausgaben für den Ausbau der Infrastruktur erhöht. Dank der gestiegenen Stahlnachfrage produzierten die indischen Fabriken deutlich größere Mengen, von denen auch Teile in den Export gingen. Auch die Stahlschrotteinkäufer kehrten mittlerweile auf den Markt zurück.

In den USA haben die Schrottpreise seit Jahresbeginn eine Berg- und Talfahrt hingelegt: Nach einem guten Jahresstart fielen die Preise im Februar, zogen dann aber wieder an und wurden im April erneut gedrückt. Für George Adams von SA Recycling war der Markt zuletzt dennoch einigermaßen im Gleichgewicht. Allerdings befürchtet er, dass die schwachen Exportpreise auch die heimischen Stahlschrottpreise kurzzeitig runterziehen könnten. Langfristig geht Adams jedoch weiterhin von einer guten Schrottnachfrage aus, die auch die Preise hoch halten wird.

Auch in Russland und der Ukraine hat der Schrottmarkt seit Jahresbeginn angezogen. Wie Mikhail Moldavskiy von Ukrmet Ldt berichtet, haben alleine die russischen Produzenten ihre Abnehmerpreise für eine Tonne Stahlschrott von 155 US-Dollar zum Jahresbeginn auf 245 US-Dollar im März angehoben. Exporte aus der Ukraine werden allerdings weiterhin mit 30 Euro pro Tonne besteuert – entsprechend wenig wird exportiert. Moldavskiy befürchtet, dass die Steuer noch zwei Jahre beibehalten wird. Im Inland wurden für Stahlschrott zwischen 160 und 215 US-Dollar pro Tonne bezahlt.

Preis-Auf-und-Ab in Europa

Von einem preislichen Auf und Ab in der europäischen Stahlschrottbranche berichtet Tom Bird von Liberty Steel. Nach einem deutlichen Rückgang im Februar stiegen zum Monatsende die Preise schnell wieder und im März zahlten türkische Händler zunächst über 300 US-Dollar pro Tonne HMS. Doch bereits Ende März fielen die Notierungen wieder auf rund 260 US-Dollar. In ganz Europa gingen laut Bird die Stahlschrottpreise im April zunächst um weitere 5 bis 10 Euro zurück, um dann wieder auf 265 US-Dollar pro Tonne HMS zu steigen.

In Spanien haben entgegen dem weltweiten Trend einige Fabriken die Käufe eingestellt, da sie durch den schwächelnden Bausektor ihren Betonstahl und Walzstahl nur noch schwer losbekommen. Preisrückgänge für Stahlschrott von 10 bis 15 Euro pro Tonne waren die Folge, Bird rechnet hier mit einem weiteren Abrutschen.

Im restlichen Europa beobachtete Bird trotz vieler politischer Unwägbarkeiten eine stabile Nachfrage, vor allem bei Schrotten. Auch wenn die Preise wohl weiter volatil bleiben, so glaubt Bird: „Eine weiterhin schlechte Marktlage ist sehr unwahrscheinlich.“

© 320°/ek | 08.05.2017

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