Mengenbilanz

Die deutschen Stahlschrotthändler haben im vergangenen Jahr sowohl bei der Nachfrage als auch den Preisen eine Achterbahnfahrt durchgemacht. Unterm Strich aber war 2016 im Vergleich zu 2015 annähernd stabil.

Stahlschrotthändler mit leichtem Minus für 2016


Weniger Absatz im Inland, mehr Exporte, schwierige Rahmenbedingungen und stark schwankende Preise: Für die Stahlschrottbranche war das Jahr 2016 dennoch ein stabiles Jahr – wenn auch mit heftigen Bewegungen. Darin sind sich die privaten Recyclingverbände BDSV (Bundesvereinigung Deutscher Stahlrecycling- und Entsorgungsunternehmen) und bvse (Bundesvereinigung Sekundärrohstoffe und Entsorgung) in ihren jeweiligen Bilanzen weitgehend einig.

Wie die beiden Verbände mitteilen, haben die deutschen Händler 2016 insgesamt rund 25,6 Millionen Tonnen Stahlschrott an Stahlwerke und Gießereien verkauft und exportiert. Im Jahr zuvor war die Versandmenge mit 25,8 Millionen Tonnen noch rund 200.000 Tonnen und damit etwa ein Prozent höher.

Betrachtet man hingegen nur den Absatzmarkt Deutschland, so zeigt sich eine rückläufige Stahlschrottnachfrage. Insgesamt kauften die deutschen Stahlwerke etwa 650.000 Tonnen weniger Schrott als noch 2015. Dabei sank der Bedarf der Werke um 530.000 Tonnen auf 13,8 Millionen (minus 3,7 Prozent), die Gießereien kauften mit 3,3 Millionen Tonnen rund 120.000 Tonnen weniger Strahlschrott (minus 3,6 Prozent).

Mehr Export fängt Nachfragedelle in Deutschland auf

Dass die Marktlage nicht noch schlechter ausfiel, ist vor allem dem sich deutlich belebenden Exportgeschäft zu verdanken, sagt Rainer Cosson, Hauptgeschäftsführer der BDSV. Die Ausfuhr steigerte sich demnach von 8,1 auf 8,5 Millionen Tonnen (plus 5,1 Prozent).

„Die wichtigsten Abnehmer saßen in den Tiefseehäfen der Niederlande und Belgiens“, resümiert bvse-Schrottmarktexpertin Birgit Guschall-Jaik. „Die wichtigsten Direktabnehmer deutscher Schrotte saßen in Italien. Sie nahmen knapp 1,5 Millionen Tonnen beziehungsweise etwa 14 Prozent mehr Schrotte ab als 2015.“ Um 175.000 Tonnen verbesserten sich die direkten Lieferungen an die Türkei.

Gefallen ist in Deutschland hingegen der Schrottimport: um 380.000 Tonnen auf 4,3 Millionen Tonnen (minus 8,1 Prozent). Guschall-Jaik beobachtet hier eine deutliche Mengenverschiebung im Osthandel – vor allem Polen benötigte viele Schrotte selbst und die Einfuhr aus dem Nachbarland sank um 14,2 Prozent.


Stahlschrott-Bilanz 2016

Stahlschrottbilanz 2016; Quelle: BDSV

Ein Grund für den niedrigeren Stahlschrottverbrauch in Deutschland war im vergangenen Jahr die ebenfalls gesunkene Herstellung von Stahl. „Die Rohstahlproduktion blieb mit 42,1 Millionen Tonnen ebenfalls hinter dem Vorjahreswert von 42,7 Millionen Tonnen zurück“, sagt Cosson.

Demnach fiel die Oxygenstahlproduktion um knapp 2 Prozent auf 29,5 Millionen Tonnen, die schrottintensive Elektrostahlproduktion sank nur leicht um 0,2 Prozent auf 12,59 Millionen Tonnen. „Der Schrotteinsatz bei der Rohstahlproduktion liegt insgesamt über beide Erzeugungsrouten bei 42,8 Prozent“, so Cosson – im Jahr zuvor war es mit 43,5 Prozent noch etwas mehr.

Berg- und Talfahrt bei den Preisen

Auf eine Berg-und Talfahrt können die Händler bezüglich der erzielten Preise zurückblicken. Gestartet mit einem Tief von durchschnittlich deutlich unter 150 Euro pro Tonne für Neuschrott stiegen die Preise zur Jahresmitte 2016 auf über 225 Euro und landeten zum Jahresende nach weiterem Auf und Ab bei etwas unter 200 Euro. Insgesamt ist das Durchschnittspreisniveau 2016 laut bvse um knapp 12 Prozent gegenüber 2015 gefallen.

Als Gründe für die Aufwärtsbewegung bei den Preisen im April und Mai nennt der bvse unter anderem teils verstärkte Einkäufe türkischer Händler gepaart mit deutlich höherer Nachfrage im In- und Ausland. Die Blase platzte aber jäh, als sich die Türken aus dem Markt zurückzogen und viele Produzenten einige Schrottlager auflösten. Die vom Handel erhoffte Herbstbelebung glich dann laut bvse eher einem Rohrkrepierer. Im Oktober wurde der Markt jedoch freundlicher, der Schrottbedarf stieg wieder und das Jahr wurde mit einem festen Schrottmarkt abgeschlossen.

Höhere Schrottnachfrage erwartet

Für das laufende Jahr hat Guschall-Jaik positive Erwartungen: „Bei konstanten geopolitischen Rahmenbedingungen ist zumindest für das 1. Halbjahr 2017 mit einer national und international hohen Schrottnachfrage und einem moderaten Schrottaufkommen zu rechnen“, sagt die Schrottexpertin. Chancen für eine höhere Schrottnachfrage sieht sie vor allem im Mittleren Osten und in den USA, wo der Elektroofenanteil steigen soll.

Ausgerechnet die USA sind für Cosson wiederum ein großer Unsicherheitsfaktor. „Eine weitere Abschottung der USA könne zu einer Umlenkung der Handelsströme führen“, so der BDSV-Hauptgeschäftsführer. Weitere Probleme sieht er in der politischen und wirtschaftlichen Entwicklung der Türkei. Und auch das Thema aus den vergangenen Jahren – dass China Stahl zu Dumpingpreisen auf den Weltmarkt wirft – sei noch nicht vollständig bereinigt worden.

© 320°/ek | 20.03.2017

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